Eulen
Locken zu werfen und sich in ihren Brillengläsern zu spiegeln.
»Wie bist du denn hier reingekommen?« Roy bemühte sich leise zu sprechen, aber er war zu aufgeregt. »Wie lange bist du schon hier?«
»Den ganzen Nachmittag«, antwortete Beatrice. »Solange du mit deinen Leuten weg warst.«
»Du bist bei uns eingebrochen!«
»Ganz ruhig, Cowgirl. Ich hab kein Fenster eingeschmissen oder so, wenn du das meinst. Die Schiebetür zu eurer Terrasse lässt sich ganz leicht aus den Schienen heben – das geht überall«, sagte Beatrice ganz locker.
Roy sprang aus dem Bett, verschloss die Tür und knipste die Schreibtischlampe an.
»Sag mal, bist du total übergeschnappt?«, blaffte er sie an. »Hast du beim Fußballtraining einen Schlag auf den Hinterkopf gekriegt oder was?«
»Tut mir Leid, echt«, sagte Beatrice, »es ist bloß – zu Hause ist ziemlich dicke Luft, und ich wusste nicht, wo ich hingehen sollte.«
»Oh.« Sofort tat es Roy Leid, dass er sie so angefahren hatte. »Ist es wegen Lonna?«
Beatrice nickte düster. »Vermutlich ist die alte Hexe von ihrem Besen gefallen oder so. Jedenfalls hat sie eine Mordslaune. Mein Dad und sie hatten Krach. Aber wie! Sie hat ihm den Radiowecker an den Kopf geknallt und er hat sich mit einer Mango gerächt.«
Roy hatte immer gedacht, dass Beatrice Leep vor nichts Angst hätte, aber jetzt schien ihr doch ziemlich mulmig zu sein. Sie tat ihm so Leid – er konnte sich nur schwer vorstellen, wie das war, wenn man mit Erwachsenen zusammenleben musste, die sich so idiotisch aufführten.
»Du kannst heute Nacht hier bleiben«, bot er ihr an.
»Ehrlich?«
»Solange meine Eltern nichts mitkriegen.«
»Roy, du bist ganz schön cool«, sagte Beatrice.
Er grinste. »Danke, dass du mich Roy genannt hast.«
»Danke, dass ich hier pennen darf.«
»Leg dich ins Bett«, sagte er. »Ich schlaf auf dem Boden.«
»Kommt nicht in Frage«, sagte sie.
Roy versuchte erst gar nicht, mit ihr zu diskutieren. Er gab Beatrice ein Kissen und eine Decke und sie streckte sich zufrieden auf dem Teppich aus.
Er knipste das Licht aus und sagte gute Nacht. Dann fiel ihm noch was ein. »He – hast du Fischfinger heute gesehen?«
»Kann sein.«
»Er hatte was geplant für gestern Abend, hat er gesagt.«
»Irgendwas hat der immer vor.«
»Schon, aber das kann doch nicht ewig so weitergehen«, sagte Roy. »Früher oder später schnappen sie ihn.«
»Das dürfte ihm auch klar sein.«
»Aber das heißt, wir müssen was tun.«
»Und was?«, fragte Beatrice matt. Sie war schon fast hinüber. »Den kannst du nicht aufhalten, Roy. Der hat so einen verdammten Dickkopf.«
»Dann müssen wir eben mitmachen.«
»Was hast du gesagt?«
»Nacht, Beatrice.«
17
Curly starrte das Telefon an, als ob es davon aufhören würde zu läuten. Endlich nahm er seinen ganzen Mut zusammen und hob den Hörer ab.
Am anderen Ende war Chuck Muckle – wer sonst.
»Kann ich die Bulldozer hören, Mr. Branitt?«
»Nein, Sir.«
»Warum nicht? Hier im schönen Memphis im Staate Tennessee ist es Montagmorgen. Ist es in Florida nicht auch Montagmorgen?«
»Ich hab eine gute Neuigkeit für Sie«, sagte Curly, »und eine schlechte.«
»Die gute ist, dass Sie einen neuen Job gefunden haben, richtig?«
»Bitte, Mr. Muckle, lassen Sie mich doch ausreden.«
»Sprechen Sie ruhig weiter«, sagte Mr. Muckle, »aber räumen Sie dabei Ihren Schreibtisch leer.«
Curly erzählte rasch seine Version von dem, was Samstagabend geschehen war. Die Sache mit den fehlenden Bulldozersitzen nahm der Geschichte am Ende allerdings einiges von ihrem Glanz. Um die Dinge nicht noch schlimmer zu machen, als sie ohnehin schon waren, erwähnte Curly nichts davon, dass seine Pistole aus irgendeinem Grund in einem Mobilklo aufgetaucht war.
Am anderen Ende der Leitung blieb es merkwürdig still. Curly fragte sich, ob der Stellvertretende Direktor von Mama Paula vielleicht einfach aufgelegt hatte.
»Hallo?«, rief er in den Hörer. »Sind Sie noch dran?«
»Und ob ich das bin«, antwortete Chuck Muckle mit schneidender Stimme. »Also, damit wir uns richtig verstanden haben: Ein junger Mann ist festgenommen worden wegen versuchten Einbruchs auf unserem Gelände –«
»Genau. Und wegen tätlichen Übergriffs auf eine Person und unerlaubten Betretens des Grundstücks!«
»– aber genau am selben Abend werden die Sitze der Bulldozer und Bagger oder was auch immer von einer weiteren Person, eventuell auch mehreren Personen,
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