Eulen
vielleicht versuchen, Roy die Schuld für den gescheiterten Einbruch in die Schuhe zu schieben. Die Polizei hatte keinen Grund, dem Jungen irgendetwas zu glauben, aber Roy wollte kein Risiko eingehen.
Gleich nach dem Läuten zum Ende der ersten Stunde nahm Garrett ihn beiseite und teilte ihm eine erstaunliche Neuigkeit mit.
»Rattenfallen«, sagte er hinter vorgehaltener Hand.
»Wovon redest du eigentlich?«, fragte Roy.
»Als sie ihn geschnappt haben, hatte er Rattenfallen an seinen Schuhen. Deshalb konnte er auch nicht wegrennen.«
»Das glaubst du doch selber nicht!«
»Im Ernst, Mensch. Die Polizei hat meiner Mutter erzählt, dass er in die Fallen getreten ist, als er um den Bauwagen rumschlich.«
So, wie er Dana kannte, konnte Roy sich das lebhaft vorstellen.
»Drei Zehen hat er gebrochen«, sagte Garrett.
»Übertreib mal nicht!«
»Doch! Im Ernst! Das waren Fallen für Riesenratten.« Garrett hielt seine Hände weit auseinander, um Roy die Größe der Tiere zu zeigen.
»Meinetwegen.« Roy wusste, dass Garrett gern übertrieb. »Hat die Polizei deiner Mom sonst noch was erzählt?«
»Was soll sie denn erzählt haben?«
»Na ja, zum Beispiel, was Dana eigentlich klauen wollte.«
»Kippen, hat er gesagt. Aber die Polizei glaubt ihm nichts.«
»Wer würde dem auch glauben?«, sagte Roy und schwang sich den Ranzen über die Schulter.
Den ganzen Morgen über hielt er zwischen den Stunden immer Ausschau nach Beatrice Leep, sah sie aber nirgends. Beim Mittagessen saßen die Fußballmädchen zusammen in der Cafeteria, doch Beatrice war nicht dabei. Roy ging zu ihrem Tisch hinüber und fragte nach ihr.
»Die ist beim Zahnarzt«, sagte eine ihrer Mannschaftskameradinnen, ein schlaksiges Mädchen aus Kuba. »Sie ist bei sich zu Hause die Treppe runtergefallen und hat sich einen Zahn abgebrochen. Aber zum Spiel heute Abend ist sie wieder da.«
»Gut«, sagte Roy, obwohl er das, was er gerade gehört hatte, alles andere als gut fand.
Beatrice war so supersportlich, dass er sich einfach nicht vorstellen konnte, dass sie wie irgendein Trampel so einfach die Treppe hinunterfiel. Und nachdem er gesehen hatte, was sie mit seinem Fahrradreifen gemacht hatte, war ihm auch schleierhaft, wie ihr ein Zahn abbrechen sollte.
Als die Geschichtsstunde anfing, waren Roys Gedanken noch immer bei Beatrice. Er hatte Mühe, sich auf den Test zu konzentrieren, obwohl er wirklich nicht schwierig war.
Die letzte Frage war genau die, die Mr. Ryan ihm am Freitag auf dem Flur gestellt hatte: Wer gewann die Schlacht am Eriesee? Ohne zu zögern, schrieb Roy: »Kommodore Oliver Perry.«
Es war die einzige Frage, die er mit Sicherheit richtig beantwortet hatte.
Auf der Rückfahrt im Bus behielt Roy Dana Mathersons stämmige Freunde wachsam im Auge, aber sie warfen keinen einzigen Blick in seine Richtung. Entweder hatte Dana ihnen nichts davon sagen können, was Roy getan hatte, oder Roy war Danas Kumpeln einfach gleichgültig.
Auf der Polizeiwache las der Captain gerade den Bericht über Dana Mathersons Festnahme, als Officer Delinko zusammen mit seinem Sergeant hereinkam. Der Captain machte den Männern ein Zeichen, dass sie sich setzen sollten.
»Gute Arbeit«, sagte er zu Officer Delinko. »Sie haben mir das Leben spürbar leichter gemacht. Eben hatte ich unseren Abgeordneten in der Leitung, und ich kann Ihnen sagen, der Mann ist rundum zufrieden.«
»Das freut mich, Sir«, sagte Officer Delinko.
»Wie denken Sie über diesen Dana Matherson? Was hat er Ihnen gesagt?«
»Nicht viel.«
Das Verhör war nicht so glatt gelaufen, wie Officer Delinko es sich erhofft hatte. In den Ausbildungsfilmen hatten die Festgenommenen immer irgendwann klein beigegeben und gestanden. Dana jedoch hatte sich stur gezeigt und war nicht zur Zusammenarbeit bereit gewesen. Seine Aussagen waren verworren.
Zuerst hatte er gesagt, er sei auf dem Grundstück von Mama Paula herumgeschlichen, um eine Ladung Zigaretten zu klauen. Nachdem er allerdings mit einem Anwalt gesprochen hatte, änderte er seine Geschichte. Nun behauptete er, er sei bloß zu dem Bauwagen gegangen, um eine Kippe zu schnorren, aber der Wachmann habe ihn für einen Einbrecher gehalten und sei ihm mit der Waffe hinterhergerannt.
»Dieser Matherson ist eine harte Nuss«, sagte Officer Delinko zum Captain.
»Kann man wohl sagen«, meinte der Sergeant, »der hat schon so einiges auf dem Kerbholz.«
Der Captain nickte. »Ich hab sein Vorstrafenregister gesehen. Aber was mir
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