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Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht

Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht

Titel: Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Kay
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Februar 1945.« Unsicher wartete er einen Moment. Mit einem halbwegs selbstsicheren Lächeln signalisierte ich ihm weiterzureden, wobei innerlich jede Faser meines Körpers auf das Äußerste angespannt war. Der 14. Februar sagte mir etwas, aber was war es nochmal?
    »Wir haben uns in unserer Schule getroffen. Dort wurden wir von einem Luftangriff der Alliierten überrascht, der Dresden zu einem großen Teil zerstörte.«
    Ich hielt die Luft an. Natürlich. Daher kannte ich dieses Datum.Und deswegen war Sam optimal für unser Geschichtsreferat vorbereitet gewesen. Nun verstand ich seinen Zorn wegen der Aussage unseres Lehrers. Sam war ein Zeitzeuge, er hatte die Tiefflieger gesehen. Und auch ich hatte sie in meinen Visionen klar und deutlich gesehen. Aber der 14. Februar hatte noch eine andere Bedeutung. So sehr ich in meinem Gedächtnis auch kramte, mir wollte es partout nicht einfallen.
    »Wir waren zu dem Zeitpunkt der Bombardierung mit einem Lehrer in der Schule. Du bist dort Schülerin gewesen und ich habe den Unterricht als Stipendiat unterstützt.«
    »Wie alt war ich?«
    »Sechzehn.«
    »Wann wurde ich genau geboren?«
    »Dein Geburtsdatum war der dritte Januar 1929.«
    Der dritte Januar 1929. Mein Geburtsdatum. »Wow.«
    Blitzschnell errechnete ich, dass ich, wenn ich nicht gestorben wäre, heute eine Frau von 79 Jahren wäre. Das war viel älter, als es meine Großmütter waren. »An das Datum muss ich mich erst einmal gewöhnen.
    Und wie alt warst du?«
    »Ich war neunzehn. Und seitdem bin ich nicht gealtert. Ich werde für immer neunzehn bleiben.«
    Wie schwiegen. Ich blickte zur Seite in den Garten. Sams letzter Satz hallte in meinem Kopf nach.
Ich werde für immer neunzehn bleiben
. Wie das wohl war? Für immer ein Teenager zu sein? Dann drehte ich mich wieder zu ihm. »Wie ging es dann weiter?«
    »Als wir die Bomber hörten, versuchten wir mit unserem Lehrer ein unterkellertes Gebäude zu erreichen. Doch die Flugzeuge waren schon zu nah, wir mussten zurück in die Schule laufen. Neben der Schule detonierte eine Bombe und wir wurden durch die Druckwelle zu Boden geschleudert. Ich sah dich blutverschmiert auf dem Flur liegen. Du hattest eine Platzwunde am Kopf.. Ich wollte dir zu Hilfe eilen, aber da wurde das Schulgebäude von einer Bombe getroffen.« Sam schluckte. »Die Decke ist eingestürzt und hat dich unter ihr begraben. Ich konnte nichts mehr für dich tun. Es tut mir so leid, Mae. Ich habe es nicht geschafft, mein Versprechen zu halten.«
    Ich hatte das Gefühl, innerlich in Millionen kleiner Teile zuzerbrechen. Ich rieb mir die Augen und fühlte, dass mein Gesicht tränenbenetzt war.
    Wenige Zentimeter vor ihm, kniete ich mich hin und nahm seine linke Hand in meine. »Nein Sam. so was darfst du nicht sagen, du konntest nichts tun.«
    »Aber ich habe es versprochen.« Seine Stimme war nun ganz leise, nicht mehr als ein feiner Hauch. Fast hätte ich ihn nicht verstanden.
    »Ich habe gelobt immer für dich da zu sein, dich nie wieder alleine zu lassen. Dich zu beschützen. Das habe ich nicht gehalten, Mae.«
    »Aber es war nicht deine Schuld. Du hättest es nicht verhindern können«, warf ich ein. »Du hättest die Bombardierung nicht stoppen können.«
    Sam schaute an mir vorbei, vorbei ins Nirgendwo. »Wir hatten so viele Pläne. Du wolltest Musik studieren und ich Malerei. Und dann ist dieses Flugzeug über uns geflogen und hat uns und unser Leben einfach wegbombardiert. Einfach so.« Er schnippte mit den Fingern. »Das Lied, was du gerade gespielt hast, war übrigens unser Lieblingslied. Dazu haben wir immer in einem Tanzlokal getanzt. Es heißt »Die Melodie der zwei Herzen«.«
    »Wow.« Meine Atmung entkrampfte sich. »Und was passierte dann weiter?«
    Sams zog die Augenbrauen zusammen. »Bei dem Versuch dir zu helfen, wurde ich von herumfliegenden Trümmersplittern am Hals getroffen. Eine Scherbe durchtrennte die Halsschlagader und blieb schließlich stecken. Ich bin dann auch gestürzt und lag in einer Blutlache.
    «Oh Gott«, keuchte ich und schlug mir die Hand vor den Mund. »Das tut mir so leid.«
    »Normalerweise wäre ich dort gestorben…«
    »Aber du wurdest verwandelt? Wodurch? Ich meine wie? Von wem?«
    »Von Friedrich. Er war unser Lehrer. Und er war ein Vampir.«
    »Was?«
    »Er hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich war durch die Verletzung zu geschwächt, als dass ich mich daran bewusst erinnern könnte. Friedrich wollte mich nicht sterben lassen. Er hattenicht viel Zeit

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