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Eulenspiegel

Eulenspiegel

Titel: Eulenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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sein.«
    »Irrtum! Dann kommt noch eine Ehrung.«
    »Ehrung? Was denn für eine Ehrung?«
    »Jetzt steh endlich still«, zischte Schuster. »Wie sieht das denn aus, wenn du so rumhampelst?«
    Schumacher nahm die Hacken zusammen.
    »Da kriegt einer einen Umweltpreis verliehen«, erklärte Schuster leise. »Birkenhauer heißt der, meine ich. Das ist der Fette da vorne, der jetzt noch mal für kleine Männer geht. Der macht sich sonst vor lauter Aufregung in die Hosen.«
    Schumacher unterdrückte ein Lachen. »Der hat seinen Kommunionsanzug an.«
    Der Hüne, der sich gerade so auffallend unauffällig zum Klo schlich, war tatsächlich ein wenig zu massig für seinen Anzug.
    Schumacher und Schuster langweilten sich weiter. In den ersten fünf Minuten waren sie damit vielleicht noch alleine, aber dann befanden sie sich in durchaus respektabler Gesellschaft: der Stadtdirektor, der Ministerialratstellvertreter, der Bürgermeister nebst Gattin – sie alle drehten Däumchen.
    Wo blieb der Ehrengast?
    Nur einer langweilte sich nicht. Dem Kulturdezernenten, oder was immer der verantwortliche Herr am Pult sein mochte, lief der Schweiß übers wächserne Gesicht.
    Was für eine peinliche Panne! Dabei war doch alles so gut gelaufen bisher. Noch einmal sortierte er seine Zettel und schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Das aber bereute er schon einen Augenblick später.
    Mit lautem Krachen schlug die Klotür gegen die Wand, und johlend torkelte ein Randalierer in den Saal. Sein Schädel war bis auf einen leuchtrosa Irokesenbürzel kahlgeschoren, um die Kehle war wie ein Hundehalsband ein brauner Klebestreifen gewickelt, an den Füßen schlackerte die feine blaue Hose und am schrumpeligen Penis prangte feuerrot eine dicke Seidenschleife. Die Augen trieften blutunterlaufen.
    Lähmende Stille stand im Saal, keiner rührte sich.
    Birkenhauer taumelte, verfing sich in seiner Hose und landete klatschend auf dem nackten Hintern. »Ihr Säcke!« brüllte er und fuchtelte wild mit den Armen. »Verdammte Sausäcke!«
    Jetzt kam Leben in die Bude. Blitzlichter zuckten, Frauen kreischten, Männer stießen Befehle aus, ein Stuhl kippte um. Der Stadtdirektor stürmte vor und winkte wütend den beiden Polizisten, aber die hatten sich längst in Bewegung gesetzt. Sie packten den Hilflosen bei den Armen und zogen ihn mit einem geschmeidigen, oft geübten Schwung auf die Füße.
    »Igitt«, knurrte Schumacher, »der stinkt ja wie ein ganzer Schnapsladen.«
    »Ziehen Sie dem Mann endlich die Hose hoch«, flüsterte der Stadtdirektor streng.
    Birkenhauer wehrte sich, versuchte Tritte zu landen, doch die Polizisten drehten ihm die Arme nach hinten. Nur ein kleines bißchen, aber das reichte schon.
    »Na, dann wollen wir mal«, meinte Schuster munter. »Bißchen viel getankt, Junge, ne? Macht nichts, wir haben ein schönes Bett für dich.«
    Birkenhauer glotzte.
    »Ich weiß nicht«, betrachtete Schumacher ihn besorgt.
    »Soll nicht lieber erst mal ein Arzt draufgucken? Sonst nippelt der uns nachher noch ab.«
    »Da könntest du recht haben. Aber los, bringen wir den erst mal nach draußen.«

    Toppe entdeckte den kleinen Artikel auf der dritten Seite nur, weil heute Samstag war, der einzige Tag in der Woche, an dem er dazu kam, die Zeitung gründlich zu lesen.
    Peinlicher Zwischenfall bei Eröffnung, das Portraitfoto eines augenscheinlich betrunkenen Mannes mit verrückter Frisur.
    »Guck mal, Astrid«, reichte er die Seite über den Frühstückstisch. »Ist das nicht einer von unseren Schwarzarbeiterbossen?«
    Astrid leckte sich die Marmelade von Daumen und Zeigefinger und las.
    »Klein ist die Welt«, lachte sie. »Hans Birkenhauer, doch, der steht auf unserer Liste. Sind die vom Kreis noch ganz gescheit? Wie können die so einem den Umweltpreis geben? Die müßten doch auch wissen, daß der ganze Kiesund Sandabbau unseren Grundwasserspiegel absinken läßt.«
    »Das auch«, stimmte Toppe zu. »Aber wie kann man überhaupt einen Preis für die Rekultivierung einer Kiesgrube verleihen? So weit ich weiß, müssen die Unternehmer sich sowieso dazu verpflichten, sonst erteilen die Gemeinden überhaupt keine Genehmigung zum Abbau.«
    »Wer weiß, was da wieder für eine Kungelei im Gange ist. Aber nach dem Skandal hier kann der gute Herr Birkenhauer seine schöne Ehrung wohl vergessen.«
    Nicht alle Zeitungen waren so diskret wie das Lokalblatt. Am Montag morgen machte immer noch die Samstagsausgabe der Bild die Runde im Präsidium. Birkenhauers Entgleisung

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