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Eulenspiegel

Eulenspiegel

Titel: Eulenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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gehen Sie nicht auch und wärmen sich ein bißchen auf?«
    Toppe rieb sich die Arme. Seine Augen waren trocken wie Sandpapier, und die Kehle wurde ihm eng, als er das Mitgefühl des anderen spürte. Sie kannten sich seit Jahren.
    »Ihre Familie ist drüben bei den Nachbarn.«
    »Ich weiß.« Toppe schlugen die Zähne aufeinander. »Haben Sie schon eine Ahnung, wie das Feuer entstanden ist?«
    »Noch nicht. Aber gehen Sie jetzt zu Ihrer Familie. Ich komme, sobald ich etwas weiß. Versprochen.«
    Toppe kannte die Nachbarn nur vom Sehen; manchmal, wenn er im Garten gewesen war, hatten sie sich über die Hecke hinweg einen guten Tag gewünscht. Das Ehepaar Brock war noch jung, höchstens Dreißig; sie hatten drei kleine Töchter, die jüngste gerade mal zwei, aber die Frau war schon wieder hochschwanger.
    Sie öffnete ihm die Tür. »Ich habe mir schon gedacht, daß Sie das sind. Sie müssen ja blau gefroren sein. Kommen Sie schnell durch ins Wohnzimmer«, sagte sie, die Stimme schwer vor Mitleid. »Dort rechts. Ich hole nur eben den Kaffee aus der Küche. Sie wollen doch welchen?«
    »Danke, ja«, antwortete Toppe heiser.
    Das schmucke, neue Haus war blankgewienert, und die ganze Einrichtung sah aus, als sei sie erst gestern geliefert worden, komplett mit Dekoration, von einem der Möbelmärkte, deren Broschüren man jede Woche als Beilage in der Tageszeitung fand.
    Toppe drückte die Messingklinke und trat ins Wohnzimmer. Helle Eiche, wohin man schaute, die Eßecke, die lange Schrankwand, die Tische, die Lampen und die Blumensäulen. Bausparvertrag, Verlobung, zweiter Sparvertrag, Haus bauen, Möbel aussuchen, Heiraten, Kinder kriegen.
    Auf dem Sofa vor dem offenen Kamin saßen Astrid und Gabi und sahen ihm gespannt entgegen. Der junge Herr Brock sprang sofort aus seinem Sessel hoch und hielt ihm linkisch die Hand hin. »Schlimm, daß man sich deswegen kennenlernen muß.«
    »Ja, schlimm«, verstand Toppe ihn richtig. »Der Brand ist jetzt unter Kontrolle. Unser Wohnhaus hat nichts abgekriegt.«
    »Gott sei Dank«, flüsterte Gabi, und Astrid nickte. »Ich habe es vom Fenster aus gesehen. Gut, daß kein Wind ist.«
    Hinten am Eßtisch saß Stefanie und starrte Toppe an wie ein verschrecktes Kaninchen. Sie trug jetzt einen roten Trainingsanzug, und er fragte sich flüchtig, was Brocks wohl gedacht haben mußten. Oliver saß zwei Stühle weiter und schaute stur zu Boden.
    »Setzen Sie sich doch!« Frau Brock drückte ihm einen Becher Kaffee in die Hand. »Zucker und Milch stehen auf dem Tisch. Horst, leg Holz nach. Herr Toppe ist ganz durchgefroren.«
    Der Mann schien froh, daß er was zu tun hatte.
    Schwerfällig ließ sich Frau Brock auf der Sesselkante nieder und spreizte die Beine.
    »Wollen Sie nicht lieber wieder ins Bett gehen?« faßte Astrid ihre Hand.
    »Ach nein, ich könnte sowieso nicht schlafen, bin viel zu aufgeregt. Mir geht es gut.« Sie klopfte leicht auf ihren Bauch. »Ist nur lästig. Aber mein Mann will so gern noch einen Jungen.«
    Herr Brock fand am Kamin nichts mehr zu tun. Er setzte sich wieder auf seinen Platz und räusperte sich. »Ich hab schon zu Ihrer Frau gesagt: Da wohnt man bald schon Jahre nebeneinander und weiß gar nicht, was man für berühmte Nachbarn hat. Ich hab Sie nämlich in der Zeitung gesehen.«
    Toppe probierte zu lächeln. »Ich bin doch nicht berühmt.«
    Dann trank er den Becher Kaffee in kleinen Schlucken leer. So langsam kriegte er wieder Gefühl in den Zehen, und seine Hände fingen an zu kribbeln.
    »Weiß man schon was?« fragte Gabi.
    Er schüttelte den Kopf. »Sie sagen uns Bescheid.«
    »Das kann dauern«, bemerkte Brock finster und knetete seine Finger.
    »Wollt ihr Kinder nicht doch einen Kakao oder eine heiße Milch?« fragte die Frau.
    Kinder! Toppe schnaubte innerlich und spürte, daß Gabi ihn ansah.
    »Nein, danke«, kam es einmütig und sehr höflich vom Eßtisch.
    »Jaa …« Brock verschränkte die Arme. »Und Sie sind die Schwägerin vom Kommissar?«
    Gabi runzelte die Stirn. »Ich? Nein! Wie kommen Sie denn darauf?«
    Brock warf seiner Frau einen vorwurfsvollen Blick zu. »Das wird so erzählt. Sie wären die Witwe von seinem Bruder.«
    Toppe hörte Oliver hinter sich grunzen, schaute aber nicht hin. »Nein«, sagte er. »Sie war meine Frau. Wir sind geschieden.«
    »Ach so, natürlich, ja.«
    »Und wer sind Sie dann?« konnte Frau Brock sich nicht mehr bremsen.
    »Ich bin seine Geliebte«, erklärte Astrid besonders schlicht.
    »Ich wollte nicht …

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