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Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Titel: Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Petery
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geändert hat zwischen uns. Dass du mich immer noch liebst. Dass ich nicht schuld daran bin. Dass alles gut ist. Bitte. Bitte!
    »Dass es normal ist, jetzt etwas traurig zu sein. Man muss seinen Schmerz verarbeiten. Verstehst du das? Und es ist auch normal, dass so etwas dauert.«
    Fick dich! Scheißverdammte Mutter, fick dich doch mit deinen Sätzen aus irgendeinem Ratgeberbuch deiner Freundinnen!

    »Deshalb habe ich mit deinem Schulleiter gesprochen, er wird deinen Lehrern erzählen, was passiert ist. Er sagt, dass es so kurz vor den Sommerferien nicht schlimm ist, wenn du einfach zu Hause bleibst und dich erholst.«
    Bitte bleib bei mir. Bitte bleib bei mir. Ich muss mich erholen. Wir waren beide lange krank und müssen uns unbedingt erholen.
    »Ich muss jetzt natürlich mehr arbeiten, damit wir genug Geld haben. Aber wir schaffen das schon, was, Anni?«
    »Anita, Mama.«
    Es macht mir nichts aus. Ich bin gerne allein, ich bin Anita, die einsame Wolfskämpferin, die Göttin auf dem Olymp, allein. Ich werde nie wieder in die Schule gehen, wo alle wissen, dass mein Vater mich verlassen hat, weil ich nicht gut genug war.
    »Es war schön, mit dir zu schlafen«, sage ich zu Tobias’ Bein unter der Decke. Er schnauft zufrieden zurück. Es scheint zu stimmen. Es war schön.
    Es ist zu hell, zu grell, ich bin zerbrechlich, muss eine Hand an die Stirn heben, als ich hinaus auf den Gehsteig trete. Heute Morgen kann ich das Licht nicht ertragen. Gestern ist die dunkle Vergangenheit. Sie kam mir schon nach dem Aufwachen nur noch wie ein Traum vor, auch wenn der Gegenbeweis neben mir schlief, in seiner Grube. Tobias schnarchte nicht, aber ich konnte sehen, wie sein Brustkorb sich bei jedem Atemzug weitete, wie sich die Haut über den Knochen spannte, so rhythmisch und ewig gleich.
    Als ich ganz leise, sacht wie die Kinderfrau an der Wiege ihres Schützlings, unter der roten Decke — ihre Farbe fiel mir erst jetzt auf, in der Nacht war sie grau gewesen, grau wie
alles, was ich erkennen konnte, grau wie das Geräusch meines Stöhnens — hervor und in mein schwarzes Kleid schlüpfte, den Reißverschluss hochzog und mit den Zehen das kühle Parkett nach meinen High Heels abtastete, fühlte ich fast so etwas wie Zuneigung zu diesem Koloss aus brauner Haut. Beinahe Liebe. Er hatte so perfekt in mein Farbschema gepasst.

7
SOZIALISMUS
    »Hey.«
    Endlich Teil des Ganzen, nicht des Uhrwerks, des künstlichen Ablaufs, wie ich ihn von meinen Schultagen her kenne, sondern der natürlichen Vorgänge, der Freundschaft an sich, pur und ganz aus mir heraus, ungezwungen. Endlich dabei sein. Endlich aufatmen. Tief durchatmen.
    Melanie hat bereits im Café Factory 17 auf mich gewartet. Ich bin froh, dass sie hergefunden hat zu diesem Café, das tagsüber Miniaturespressi und abends minimalistische Drinks serviert, ich hätte nicht gedacht, dass sie in diesen Gefilden, den coolen, den angesagten, den meinigen, klarkommen würde. Vielleicht hatte ich aber auch ein wenig gehofft, dass sie es nicht finden würde, dass sie gezwungen wäre, mir einen verzweifelten Handynotruf entgegenzuschicken. Ich hätte sie gerne in halbdunklen Straßen gesucht und sie an der Hand in das Licht des Cafés geführt. Es wäre eine Gelegenheit gewesen, mich als die Stärkere zu etablieren, als ihre Herrin. Gott sei Dank nur eine Gelegenheit unter vielen. Ich werde die anderen, die mir noch bleiben, nutzen. Natürlich, ich habe mir schon eine Blöße gegeben, als ich sie angerufen habe. Sie könnte denken, dass ich sie brauche. Dass ich Sehnsucht habe. Oder einsam bin. Dass ich mir
nicht Tausende von ihrer Sorte in einer Nacht sammeln könnte, um mich mit ihnen zu treffen. Sie könnte denken, ich käme ohne sie nicht zurecht. Das stimmt nicht. Sie ist auch nur ein Accessoire, ein Schmuckstück, das zwölfte Glas Wein, der fünfte Pelzkragen. Sie ist zwar kein Kropf, aber auch kein Rettungsring. Und das weiß sie auch. Sie hat sich so gefreut, meine Stimme am Telefon zu erkennen. Hat meinen Namen gerufen und gelacht wie ein kleines Kind, das mit den Eltern reden darf, die verreist sind. Ganz warm ist der Hörer an meiner Wange geworden. Jonas hat immer nur gegrunzt. Ich fühle nichts, wenn ich jetzt an ihn denke. Werde weder wütend noch traurig noch froh. Da bleibe ich kalt. Am Ende des Gesprächs mit Melanie jedoch habe ich gespürt, wie mein ganzer Körper glühte. Es hat gefunkt zwischen uns Mädels. Wir zwei funktionieren einfach zusammen. Miteinander. Es ist

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