Euro Psycho
gejagt und sind nach Spanien geflohen. Erst nach der Gladiolen-Revolution sind wir wieder zurückkehrt.«
Er kann nie mit Ja oder Nein antworten.
»Also. Sind Sie der König oder nicht?«
»Meine Familie wurde formal nicht wieder inthronisiert. Einige meiner Landsleute dachten, mein Vater wäre immer noch der König, andere wiederum nicht. Und jetzt, nach seinem Tod, halten einige mich für den König, obwohl …«
»Und was glauben Sie?«
»Na ja, Kev«, er schürzt die Lippen. »Ich bin noch zu keinem Schluss gekommen. In gewisser Weise spielt es keine Rolle. Unser Land befindet sich im Wandel. Der Wohlstand nimmt ständig zu. Wir haben große Gasreserven entdeckt, und einige Leute – wenn auch nur wenige – verdienen sehr viel Geld.«
Klasse!
»Ich bin mir nicht sicher, ob wir überhaupt einen König brauchen. Was wir brauchen, ist eine Opposition. Wenn einen die Leute für den König halten, hat man als Opposition allerdings mehr Gewicht. Also, von mir aus.«
»Hätten Sie etwas zu essen da?«
El Presidente scheint verwirrt, als hätte ich ihm nicht zugehört. Doch das habe ich. Manchmal ist es nur nützlich, sich dumm zu stellen. Er greift zum Telefon, gibt irgendeinem Lakaien Anweisungen und legt wieder auf.
»Ihr Debüt, Kev.«
»Mein Debüt.«
»Was denken Sie?«
»Ich habe einen rabenschwarzen Tag erwischt.«
»Das war zu erwarten, Kev, es gibt keinen …«
»… Ersatz für Spielpraxis, ich weiß.«
»Sie kommen wieder in die Erfolgsspur, Kev. Die Form …«
»… ist Schwankungen unterworfen. Klasse hat man oder nicht. Ich weiß.«
»Hat es Spaß gemacht, auf dem Platz zu stehen?«
»Abgesehen davon, dass ich beschissen gespielt habe, abgesehen von der ständigen Dribbelei, dem mangelnden Zweikampfverhalten, dem ewigen Herumgeschiebe …«
»Okay.«
»Abgesehen von dem Schaf auf dem Feld, einem Trainer auf einem Pferd, der Peniswaschung des Teams …«
»Ich habe mich gefragt, was Sie davon halten.«
»Abgesehen davon, dass die Fans Premier-League-Trikots tragen, Radio hören und – aus irgendeinem Grund – Craggsio verehren, war es das reinste Vergnügen. Ein Riesenspaß.«
»Schön.«
»Natürlich nicht. Denn unser Team war gekauft, der Gegner ebenfalls, und der Schiri war wahrscheinlich auch gekauft … Ein echtes Traumdebüt.«
»Sie haben gemerkt, dass es eine Absprache gab?«
Ich springe von meinem Stuhl. »Eine was!? «
»Es wurde vereinbart, dass das Spiel 0 : 0 endet.«
»Was? Von Ihnen?« Ich balle meine Fäuste und spüre, wie mein Herz einen Stepptanz vollführt. »Sie unterhalten ein korruptes Team?«
»Ganz im Gegenteil, Kev«, sagt er, ohne die Fassung zu verlieren. »Ich versuche, im Team aufzuräumen, um die vielleicht einzige saubere Mannschaft in der Liga zu haben.«
Hmm, ich setze mich wieder. »Wer ist für die Manipulation verantwortlich? Der Wichser?«
»Wer?«
»Der Maskentyp mit der Mordskinnlade.«
»Ich bin mir nicht sicher, wer dahintersteckt, Kev. Obwohl es natürlich auf der Hand liegt, wer davon profitiert, wenn ein paar Partien unentschieden ausgehen.«
Schön, okay. Er weiß also wirklich nicht, wer die Spiele manipuliert? Ich meine, wirklich? Da wir schon so hübsch über das Thema Spielmanipulation plaudern, frage ich ihn erneut. »Woher wissen Sie, dass ich im Champions-League-Finale nicht gekauft war?«
Mein Tonfall macht ihm unmissverständlich klar, dass er mir jetzt antworten sollte. Er hält inne, schluckt, wählt sorgfältig seine Worte: »Ein Spieler wie Sie, mit Ihrem Bedürfnis … Dominanz auszuüben , würde nie absichtlich ein Spiel verlieren. Sie sind psychisch dazu nicht in der Lage …«
Ist das eine Erklärung? Häh? Irgendwie wusste er, wie ich ticke. Weiß er dann auch, wie ich tacke? Hoffentlich nicht. Aber er hat recht, ich könnte nie absichtlich ein Spiel verlieren. Seine Erklärung ist allerdings etwas vage und ausweichend. Was hat er zu verbergen? Ich könnte es innerhalb weniger Sekunden herausfinden. Aber Craggsio meint immer »langsam, langsam«, denn nur so kommt man in diesem verrückten kleinen Land weiter, also sage ich bloß: »Righto. Was ist mit den Snacks?«
»Sind unterwegs, Kev.«
»Und wie wollen Sie in Ihrer Mannschaft aufräumen?«
»Mit Ihrer Hilfe, Kev. Das ist einer der Gründe, warum Sie hier sind.«
»Was?«
»Abgesehen von Ihren fußballerischen Fähigkeiten natürlich.«
»Meinen überragenden Fähigkeiten.«
»Richtig.«
»Sie haben mich also auch als eine Art Privatdetektiv
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