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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
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doch ich, ich spiele nicht, denn ich bin k. o.«, sagt Keegan.
    »Wales hat ’n neues Trikot, doch ich, ich spiele nicht, denn ich bin k. o.«, wiederhole ich.
    »Oh. Zauberhaft. Diese kindliche Direktheit.«
    »Wir kommen grad aus Barcelona. Und jetzt geht es in die Sauna«, fährt Keegan fort.
    Ich wiederhole es ebenfalls.
    »Es ist sehr schwer, zu so einer Einfachheit des Ausdrucks zu kommen. Es scheint, als hätte er – der Dichter Toshack – die Lyrikgeschichte in all ihrer Komplexität durchlaufen, um dann zu einem unverfälschten Stil kindlicher Heiterkeit zu finden.«
    »Freut mich, dass Ihnen das aufgefallen ist.«
    »Kev, ich dachte …«
    Gut, wir sind wieder bei Kev, Mr. King ist passé.
    »Ich dachte, es war gelogen, als sie meinten, dass Sie Gedichte mögen.«
    »So was würd ich nie tun.«
    DANKE, KEVIN KEEGAN.
    Wir steigen aus dem Zug.
    Vor uns ein klappriges Bahnhofsgebäude, vermodert und baufällig. Dahinter ein westernmäßiges Dorf. Eine einzelne Straße mit Holzhäusern wie in Zwölf Uhr mittags . Nur heruntergekommener. Die Prinzessin klopft mit einem ihrer zierlichen Finger an eine Tür, die mit Farbflecken übersät ist. Doch niemand öffnet.
    »Ich weiß, wo er steckt«, sagt sie.
    Wir laufen ans Ende der Straße und starren auf die windgepeitschte Steppe hinaus, die sich dahinter erstreckt. Ein paar Bengel mit spindeldürren Beinen bolzen darauf herum. Schön. Das gefällt mir. Aber Scheiße, einer der Jungs trägt ein Trikot-Imitat von Rooney. Selbst hier werde ich von der Premier League verfolgt. Am Rand steht regungslos eine schlaksige Gestalt, die sich leicht in den Wind neigt. Schweigend. Unbeweglich.
    »Das ist Hagop«, sagt Ika mit so etwas wie Ehrfurcht in der Stimme. Das macht mich wütend.
    Wir treten näher. Einer der Bengel schlägt unbedrängt einen langen, unpräzise gespielten Ball, er landet im Aus und hüpft zu mir und Ika. Hagop dreht sich um und schaut ihm hinterher. Dann sieht er, wie wir näher kommen. Doch er zeigt keinerlei Reaktion, er zuckt nicht mal, sondern starrt uns bloß an. Na ja, eigentlich nur die Prinzessin.
    Ich nehme den Ball, lupfe ihn an und dresche ihn zu Hagop: präzise und punktgenau auf Brusthöhe, wie beabsichtigt. Ich warte darauf, dass er ihn abtropfen lässt und stoppt, ihn zu mir zurückschlägt.
    Doch das passiert nicht.
    Als der Ball ihn fast erreicht hat, dreht er sich mit einer anmutigen Matrix -mäßigen Bewegung langsam zur Seite. Und die Kugel fliegt ganz knapp – zwei, drei Zentimeter – an seiner Brust vorbei auf den Bolzplatz. Dann richtet er den Blick wieder aufs Spiel.
    »Hagop hat sich geschworen, nie wieder einen Fußball zu berühren«, sagt die Prinzessin.
    »Oh! Damit passt er perfekt ins Team. Das ist eine völlig neuartige Spielauffassung. Ihr wollt nicht, dass eure offensiven Mittelfeldspieler gegen den Ball treten, oder? Auf diese Weise habt ihr viele Spiele verloren.«
    »Mr. King«, weist sie mich zurecht. »Die Situation ist vertrackt, und wir sind hier, um das Ruder rumzureißen.«
    Mann. Es nervt, doch ich halte mich zurück. Denn Ika hat das, was ich will. Soll heißen sie ist das, was ich will.
    Wir stehen jetzt neben ihm und schauen ihm dabei zu, wie er sich das Spiel anschaut.
    »Hagop«, sagt sie.
    »Prinzessin«, antwortet er, ohne sich umzudrehen, und winkelt sein Knie mit einer altertümlichen Geste der Ehrerbietung leicht an, die ihm vielleicht gar nicht bewusst ist.
    »Ich habe jemanden mitgebracht, der dich kennenlernen möchte.«
    Er dreht sich um, ohne uns jedoch direkt anzusehen, den Blick auf den gewaltigen, wolkenlosen Himmel gerichtet. Trotz seines zaghaften Lächelns kann er nicht verbergen, dass er nervös ist. Aber weswegen? Weil man ihn in seinem beschissenen Dorf aufsucht? Weil Ika hier ist? Oder ich? Er hat die blassgelben Augen eines Alkoholikers. Sein Mantel wirkt, als könnte ein Lagotto Romagnolo acht Kilo Trüffel daraus ans Tageslicht befördern. Er wendet uns erneut den Rücken zu.
    Was für ein beschissener Sportler, dieser Bursche. Der käme bei der Qualifikation für die Snooker-Masters allein schon vom Zuschauen ins Schwitzen.
    »Was wollt ihr?«, sagt er mit einer Stimme, die leiser ist, als sein Äußeres vermuten lässt. Ja, sie klingt kultiviert. Sanft.
    »Dich davon überzeugen, zurückzukehren.«
    Mit einem kurzen Schnauben gibt er uns zu verstehen, dass wir nur unsere Zeit verschwenden.
    »Wie geht es dir, Hagop?«, fragt Ika.
    Er schnauft erneut. Keine Antwort. Doch dann:

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