Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
Vom Netzwerk:
Regeln und Statuten der UEFA nicht gedeckt.
    Vik zieht eine Art Schmuckflasche hervor. Ist es das Blut, der Kinder-Wein, den dieses Team vor jedem Spiel trinkt? Nein. Er öffnet die Flasche und gießt … Wasser heraus. Bevor ich mich versehe, haben sich alle Spieler um die Schüssel aufgestellt, holen ihren kleinen Freund raus und lassen ihn ins Wasser baumeln.
    Was zum …?
    Der Hohepriester Vik Dink dreht sich zu mir um und erklärt im Tonfall eines Fremdenführers: »Das Wasser stammt aus der Quelle in der Königskapelle. Unser erster König, der Gründervater unserer Nation, ein Held zur See, bekannt bei allen Bewohnern des Landes als Der Skipper , wurde im 16. Jahrhundert in dieser Quelle getauft. Wir reinigen uns in diesem Wasser, indem wir unsere – wie sagt man bei euch – Eichel damit einreiben.«
    Vik nickt ernst. »Komm«, sagt er. »Es funktioniert nur, wenn alle mitmachen.«
    Darauf könnte ich wirklich verzichten. Eine kollektive Peniswaschung. Ungläubig trotte ich zu der Schüssel, entrolle mein Prachtstück, so dass es neben den anderen Jungs im Quellwasser baumelt. Während ich noch zusammenzucke und das Gesicht verziehe, schließen alle die Augen und versuchen, ihren Gefühlen – was auch immer das für seltsame Gefühle sind – freien Lauf zu lassen.
    Und dann, was soll ich sagen?
    Ich verspüre ein leichtes Prickeln. Eine Art belebendes Kribbeln wandert meinen kleinen Freund hinauf Richtung Sack. Was ist das? Ist es die Energie der alten couscousischen Monarchie, die meine Harnröhre hinaufschießt? Gut möglich. Ich lasse meinen Blick zu den anderen Jungs wandern, sie haben immer noch die Augen geschlossen, außer Vik Dink, der mich mit einem schadenfrohen »Hab ich doch gesagt«-Ausdruck auf dem Gesicht anstarrt.
    Er hat recht. Ich fühle mich erfrischt, wie neugeboren. Kampfbereit.
    Die rituelle Peniswaschung mit dem Team hat meine Batterien aufgeladen.
    »Auf geht’s!«, brüllt Vik, reißt sich das Priestergewand herunter und verstaut seinen Schwanz. Die anderen Jungs folgen seinem Beispiel. Wir laufen aus dem Container auf den zerfurchten Platz, zu unserer Linken die Zuschauer, zu unserer Rechten Kühe und Schafe. Es gießt in Strömen. Die andere Mannschaft – von einem Verein, der auf oz endet oder auf ow oder usian – ist bereits auf dem Rasen und wartet. Ich fühle mich wohl, fühle mich gut, denn das hier ist mein Comeback.
    Am anderen Ende des Spielfelds entdecke ich Eisenfaust, er hockt rittlings auf einem großen beigefarbenen Pferd. Er reitet um eine der Eckfahnen, hinter dem Tor entlang und dann um die andere Eckfahne. Idiotisch grinsend passiert er in anmutiger Pose die einzige Tribüne und winkt in die Menschenmenge. Dann steigt er ab, bindet sein Ross an der Spielerbank fest und nimmt Platz, wo sein melonenförmiger Bauch zwischen seinen Männerbrüsten wabbelnd zum Stillstand kommt.
    »Was zum …?«, frage ich Vik Dink, der die Kapitänsbinde um seinen muskulösen Oberarm wickelt.
    »Keine Ahnung. Das weiß keiner. Er macht das bei jedem Spiel.«
    Verwirrend und seltsam. Aber egal.
    Wir stoßen an. Nino Nazmi und der launische Zatik Vogel, unsere beiden Sturmspitzen, schieben sich den Ball zu und passen zu mir zurück. Als ich den Ball stoppe, rechne ich damit, dass ein Spieler aus der Oz -oder- Usian -Mannschaft im Mordstempo auf mich zugestürzt kommt. Doch nichts passiert. Sie halten sich zurück und lassen mir Raum. Schon komme ich in den Genuss meines zweiten Ballkontakts, dabei höre ich, wie jemand aus dem Publikum »Kingy vor« skandiert. Es ist Craggsio, der mich da anfeuert.
    Ich lege auf Murman Abbasow ab, den Spieler mit dem strähnigen, wehenden Haar, und laufe in Erwartung eines Doppelpasses nach vorne. Aber nein. Nichts. Er spielt nicht weiter. Ich bleibe stehen, drehe mich um. Wo ist der Ball? Ich spähe durch den Nieselregen. Murman hat das Leder zurück in die Abwehr gespielt, wo die erdbeerblonden BeJoshis es sich gemächlich zuschieben, während unser Torwart Arnan Varnan ihnen mit einem Zahnstocher im Mund zusieht.
    Aber warum? Die Oz -oder- Usian -Mannschaft – die in der Liga mit drei Punkten Vorsprung zwei Plätze vor uns auf Platz dreizehn liegt – hat uns nicht wirklich in die eigene Hälfte gedrängt oder ist mit vollem Einsatz auf den Ball gegangen. Warum spielen wir nicht nach vorne? Warum schieben sich die BeJoshis den Ball zu und beziehen Lado Borodin hin und wieder in ihr sinnloses Passspiel mit ein?
    Und was ist das

Weitere Kostenlose Bücher