Euro Psycho
engagiert?«
»Sie sind unbestechlich.«
»Das stimmt.«
»Außerdem kriegen Sie mit, was in der Umkleidekabine passiert«, sagt El Presidente. »Und die Dinge auf dem Platz, die ich von meiner VIP -Loge unmöglich sehen kann.«
Das stimmt. Ich habe den Rundumblick. Aber ist es wirklich so einfach? Ich meine, netter Vereinspräsident engagiert unbestechlichen Spieler, um in der Liga aufzuräumen? Ist es wirklich das, was hier gerade passiert? Klingt irgendwie seltsam. Während ich El Presidente anstarre, versuche ich, schlau aus ihm zu werden. Ich habe keine Ahnung, ob er nur blufft.
»Was glauben Sie, Kev, wer hat sich kaufen lassen?«
Ich werde dieser Frage nicht ausweichen, oder? »Murman Abbasow. Keine Frage.«
»Das haben wir alle vermutet. Doch es ist nicht meine Art, jemanden zu beschuldigen, bevor ich sicher bin. Sind Sie sich hundertprozentig sicher, Kev?«
»Hundertzehnprozentig, El Presidente. Scheiße, hundertelfprozentig.«
»Okay.«
El Presidente greift zum Telefon, schaltet den Lautsprecher ein und wählt eine Nummer.
»Murman?«
»Präsident!«, höre ich Murman sagen.
»Sie sind gefeuert. Wir glauben, dass Sie an Spielmanipulationen beteiligt sind. Sie brauchen nicht mehr zum Stadion zu fahren. Ich lasse Ihnen Ihre Sachen nach Hause schicken. Morgen werden wir Klage gegen Sie einreichen.«
Das war’s. Er legt auf. Schön. Er fackelt nicht lange.
Als Nächstes ruft er einen Anwalt an und weist ihn an, sich um die Sache mit Abbasow zu kümmern. Er telefoniert mit ein paar Schreiberlingen von der Presse und gibt eine Erklärung ab, dann lehnt er sich zurück und lächelt mich an. Eine wahrhaft königliche Maßnahme war das. Vielleicht ist er jemand ganz nach meinem Geschmack. Fürs Erste spiele ich sein Spielchen mit.
»Sie geben mir also freie Hand, um in Ihrem Verein aufzuräumen?«
»Absolut. Sie haben mein Vertrauen, zu hundertelf Prozent, wie Sie sagen.«
»Also gut.«
Schön, egal was El Presidente im Schilde führt, wenn ich so die Möglichkeit kriege, die Zecken im Fell des Fußballsports auszumerzen, kann’s ja loslegen. Wo muss ich unterschreiben? Diese Stadt hat einen neuen Sheriff.
In diesem Moment werden die Snacks von einem betagten Bediensteten gebracht, der mit knarzenden Schritten den Raum durchquert, sie auf einem georgischen Tisch aus gemasertem Mahagoni abstellt und diesen anschließend neben meinen Stuhl rollt.
Eine indische Knabbermischung in einer silbernen Terrine aus der Zeit Wilhelms IV .
Ein zeitgenössischer Snack in klassischer Umgebung.
»Wir haben jetzt einen Spieler weniger«, sage ich. »Dieser Murman konnte ganz gut dribbeln. Wir brauchen einen neuen Rechtsaußen.«
»Ich weiß.«
»An wen haben Sie gedacht? Sie wollen doch die Kohle aus dem Gemäldeverkauf dafür verbraten? An Ashley Young? Oder Arjen Robben?«
»Hagop Fanusian.«
»Hört sich wie ein Nonsensgedicht an.«
»Mögen Sie Gedichte?«
Nein. »Ja.«
»Gut … Ich weiß, Hagop Fanusian ist ein ungewöhnlicher Name, aber ich kann Ihnen versichern, es ist ein klangvoller Name.«
»Wer ist das?«
»Ein Mann wie Sie, mit unbedingtem Siegeswillen.«
»Schön.«
»Er ist wahrscheinlich der größte Spieler in der Geschichte dieses Landes … jedenfalls in der unseres Vereins.«
»… bis jetzt.«
»Sicher, Kev, Entschuldigung, bis zu Ihrem ersten Spiel.«
Er denkt, er schmiert mir Honig ums Maul und redet mir nach dem Mund, doch in seinen Worten liegt eine tiefe Wahrheit. Ich werde der größte Spieler in der Geschichte dieses Vereins werden. So viel steht fest.
»Werden Sie ihm einen Besuch abstatten?«
»Wem?«
»Hagop. Er hat die Fußballschuhe an den Nagel gehängt und sich aufs Land zurückgezogen. Aber vielleicht kann ein Spieler von Ihrem Format ihn überreden.«
Was? Dieser Präsidenten-Bubi erwartet, das euer Kev in die mit Scheiße überzogene Wildnis hinauszuckelt, um irgendeinem mürrischen Burschen die Ehre zu erweisen? Das stand eigentlich nicht in der Stellenbeschreibung. Das ist nicht gerade ein Alleingang in den Sechzehner, oder? Präsident hin oder her, was das betrifft, kann er mich definitiv am Arsch lecken.
»Meine Schwester Ika wird Sie hinbringen.«
»Gerne. Wenn’s der Mannschaft hilft.«
Errol Flynns Yacht
»Das hier ist das Herz unseres Landes«, sagt sie. »Die Seele.«
Wir hocken in einem verdreckten Zug, Prinzessin Ika und ich. Während ich sie verstohlen betrachte, starrt sie verzückt aus dem verschmierten Fenster.
»Fällt Ihnen was
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