Euro Psycho
verlieren.«
Plötzlich steht alles still. Ich kann hören, wie das Blut in meinen Augen pulsiert.
Ich bin entsetzt. Mir fehlen die Worte.
Das Champions-League-Finale absichtlich verlieren! Absichtlich! Alles um mich herum dreht sich, die Wirklichkeit hat sich gerade verabschiedet. Ich kann meinen Schwanz nicht mehr von meinen Eiern unterscheiden. Inzwischen bin ich aufgestanden, habe mich ganz umgedreht und mustere den korrupten Hutträger. Aber ich kann ihn immer noch nicht richtig erkennen. »Was labern Sie da?«, frage ich. Was sonst?
»Drei Millionen, wenn Sie das Finale verlieren«, sagt er, ohne mit der Wimper zu zucken.
Nebel steigt auf. Roter Nebel.
Ich mache einen Sprung über das Sofa. »Das Champions-League-Finale verlieren? Das Champions-League-Finale?«, brülle ich.
Diese Arschgeige bedroht die Integrität des Fußballs. Er pisst in den Champions-League-Pokal, entweiht den heiligen Gral des Sports. Das ist so, als würde man mit Excalibur sein Essen zerteilen. Nein, schlimmer.
»Drei Millionen sind eine Menge Geld, Mr. King«, sagt er bloß.
Ich hebe die Hände und umklammere die Schultern dieses Scheißkerls, damit er nicht weglaufen kann. Doch er macht keine Anstalten, sich zu bewegen. Er zuckt nicht mal, steht einfach nur da und glotzt unter Hutkrempe und Maske zu mir hinüber. Er macht einen teilnahmslosen Eindruck.
Ich starre ihn unverwandt an und kann unter seiner kleinen Maske die Umrisse seines Kinns ausmachen. Ein mürrisches, unbarmherziges Kinn. Die Art von Kinn, die man aus Spaghetti-Western kennt. Dessen Besitzer von der Spitze eines schlichten ländlichen Glockenturms mit einem Gewehr das Feuer auf eine mexikanische Bardame eröffnet. Ich schaue durch die Augenlöcher in die Maske, um seine Äuglein zu begutachten: Sie starren mich bloß an.
Mich fröstelt.
Ein ungewöhnlicher Gegenspieler. Für wen arbeitet er, bei was für einer lichtscheuen Bruderschaft von Sportsaboteuren steht er auf der Gehaltsliste? Ich muss es herausfinden, Jagd auf diese Leute machen und sie zur Rede stellen.
»Wer sind Ihre Partner?«, brülle ich. »Für wen zum Henker arbeiten Sie?«
Doch er steht nur stumm da und mustert mich. Und ich raste aus.
Ich wirble ihn herum, so dass er mit dem Rücken zum Sofa steht, und werfe ihn unsanft nach hinten, worauf er über die Lehne stürzt und auf den Boden des Green Rooms knallt. Dann hechte ich übers Sofa und werfe mich auf ihn, meine Knie auf seinem Brustkorb, meine Hände an seinem Hals.
Die Aufmerksamen unter meinen Fans wissen, dass das Strangulieren nie zu meinen Stärken zählte, aber heute Abend habe ich mächtig Wut im Bauch. Ich bin nicht ganz ich selbst.
»Null Punkte«, brülle ich ihm ins Gesicht und drücke fester zu. »Du kriegst null Punkte.«
In diesem Moment höre ich hinter mir ein Geräusch. Als ich mich umdrehe, starre ich direkt in das Kameraobjektiv, das die gloriose King-Lifestyle-Großaufnahme macht. In der Optik spiegelt sich eine konvexe Ausgabe meiner selbst, die KKC -Hose zerknittert, das Haar wirr vom Kampf, die Wangen fleckig vor Wut. Außerdem zeigt mich die Einstellung mit den Händen am Hals einer anderen Person. Meine Sponsoren werden bestimmt nicht begeistert sein. Ich gebe keine besonders gute Figur ab.
Ich lasse von dem maskierten Mittelsmann ab, und er macht sich aus dem Staub, während ich wie versteinert zum Kameraobjektiv hinaufstarre. In diesem Moment kommt Ash Hughes zu sich, er blinzelt mich vom Sofa aus an und gähnt.
»Alles in Ordnung, Kev?«, fragt er. »Du siehst ein bisschen blass aus, Kumpel.«
Werbevertrag mit einem Chips-Hersteller
Allein in der absolut schwelgerischen Opulenz der Master-Suite.
Was hab ich bloß getan?
Ich werfe und wälze mich in dem ausladenden Doppelbett herum. Die ägyptische Baumwolle, die sich normalerweise dermaßen kühl anfühlt, ist jetzt klebrig wie der Schritt eines Schamanen. Ich steige aus dem Bett und stelle mich vor den angeschrägten Verre-Sorocco-Spiegel. Starre auf meinen Schwanz und meinen Sack, der – zumindest im schwachen Licht, das durch die Vorhänge fällt – auf unheimliche Weise an Mark Knopfler erinnert.
Es steht wirklich schlecht um meinen Sack.
Und um den Rest von mir. Was hab ich bloß getan?
Ich trete stöhnend an den Nachttisch, nehme das Handy und checke meine Anrufe.
Eine Nachricht vom Rechtsverteidiger Ilias Pappas, Europameister von 2004. Er singt Waterloo . Es nervt, doch eigentlich ist das echt witzig, denn ABBA haben 1974 mit
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