Eva und die 40 Maenner - Roman
Anwalt sei Dank.«
Während der kurzen Fahrt zu dem kleinen indischen Restaurant klärte sie Eva über sämtliche Vorgänge rund um ihre zwei Jahre zurückliegende Scheidung auf: die ständigen Meinungsverschiedenheiten mit Andreas, ihrem Ex, die gegenseitigen Affären, die glückliche Tatsache, dass sie ihm auf seine draufgekommen war, er aber nicht auf ihre, ihr richtig scharfer Hund von Anwalt, dessen eigene Ehe ebenfalls unglücklich war, wie sie herausgefunden hatte. Sie hätte diesen Anwalt zu gern ein bisschen glücklicher gemacht, lachte Irmela. Aber er blieb kühl, wenn auch sehr effizient. Er hatte ihr einen satten monatlichen Unterhalt verschafft – bis zur Rente, man stelle sich mal vor! Andreas hatte es aber auch dicke, er war Unternehmer. Er wohnte schon längst mit seiner neuen Gattin in der alten Villa und merkte den Unterhalt kaum. Wieso sollte Irmela da ein schlechtes Gewissen haben?
Das konnte ihr Eva auch nicht sagen. Irmelas gute Laune wirkte ansteckend, und sie bestellte ein Chicken Marsala.
Irmela orderte ein Lammcurry und lehnte sich dann aufseufzend in den gepolsterten Stuhl zurück. »Oh Mann, diese Massage macht einen hungrig, was? Ich könnte danach immer ein ganzes Pferd verdrücken. Vielleicht liegt es daran,dass Samuel so lecker aussieht!« Sie kicherte so heftig, dass ihr Busen wogte.
Samuel war Irmelas Masseur beim Lomi Lomi, ein sehr hübscher Mensch mit kaffeebrauner Haut und breiten Schultern. Eva vermutete, dass Samuel der Hauptgrund war, warum Irmela jeden zweiten Montag im Monat 60 Euro in den Prenzlauer Berg trug.
»Also«, kam es unvermittelt von Silkes Freundin, »willst du mal über deine Ehe reden? Manchmal ist Reden so eine Art innerer Massage, finde ich wenigstens. Vermutlich quatsche ich deswegen so viel.« Sie grinste entwaffnend. »Aber ernsthaft: Überleg dir, ob es dir nicht auch gut tun könnte. Du kennst mich kaum, du kannst also ganz ungeniert loslegen. Hm? Wie war er denn so, dein Ehemann?«
Eva war leicht aus der Fassung gebracht, doch Irmelas offener Blick löste die Blockade. Warum zum Henker sollte sie nicht darüber reden?
»Marcel ist … war meine große Liebe. Auf jeden Fall vor neunzehn Jahren, als wir uns kennengelernt haben. Ich hatte eigentlich gedacht, das würde ewig halten.« Sie nahm einen raschen Schluck aus ihrem Wasserglas. »Na ja, man irrt sich halt manchmal.«
»Wieso denn? Sie war es jedenfalls lange Zeit. Nur bei ihm ist wohl irgendwas dazwischengekommen.« Irmelas Blick war mitfühlend, sie hatte jedes Chichi abgelegt.
Eva zuckte die Achseln. »Nun hat er eben eine Neue. Zuerst wollte ich kämpfen, aber dann – war ich mir zu schade dafür, so einfach ist das. Ich bin abgehauen. Soll er doch sehen, wie er mit so einer jungen Pute mit festem Arsch und Stroh in der Birne klarkommt. Diese Nullnummer, dieser blöde Sack.«
Irmela machte ein Pokerface, und Eva musste plötzlich lachen. »Das Schimpfen hat vor drei Wochen auch noch mehr Spaß gemacht«, sagte sie.
Sie grinsten sich an, und dann meinte Irmela: »Die Schimpfwörter hat er sicher auch alle verdient. Aber er ist auch mehr als eine Nullnummer, zumindest gewesen .«
Eva zögerte. »Klar, er war mal anders. Frisch und enthusiastisch, auch in unserer Beziehung. Ich fand das immer toll. Es war spannend mit ihm, und trotzdem konnte man sich auf ihn verlassen.«
»Wann hat sich das geändert?«, fragte Irmela aufmerksam.
»Ich weiß nicht, im Laufe der Jahre eben. Als es beruflich nicht mehr so lief und er als Fahrlehrer arbeiten musste, wurde er immer unglücklicher …«
»Und wenn sie unglücklich werden, kommen die Geliebten.«
Eva erwiderte nichts. So war das wohl.
Dass in diesem Augenblick das Essen serviert wurde, war ihr eine willkommene Ablenkung. Doch Irmela kam nach den ersten Bissen auf das Thema zurück.
»Glaub mir«, sagte sie seufzend, »ich kenne das. Nicht nur von mir. Von uns allen . Paare über zehn Jahre Haftung sind die absolute Minderheit. Zumindest hier in der Großstadt.«
»Ich begreife das nicht«, sagte Eva kopfschüttelnd. »Gibt sich denn niemand mehr Mühe? Ist denn niemand mehr bereit, ein bisschen Arbeit in eine Beziehung zu investieren?«
Wieder zögerte Irmela einen Moment. »Wie viel Mühe hast du dir gegeben?«
Es kam ganz offen – und wirkte daher umso entwaffnender. Eva überlegte tatsächlich. Hatte sie sich Mühe gegeben? Hatte sie irgendetwas geleistet, um die Beziehung zwischen ihr und Marcel zu beleben, immer wieder neu
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