Eva und die 40 Maenner - Roman
du anrufst! Ich hocke hier schon zwanzig Minuten mit einer Maske auf dem Gesicht und langweile mich zu Tode.«
Eva stutzte.
»Na, bei der Kosmetikerin! Wie wär’s, wollen wir uns nachher im KaDeWe treffen, hast du Lust? Ich muss für Sonntag einkaufen, und du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn du mir hilfst.«
»Natürlich, gerne. Aber ich brauche mindestens anderthalb Stunden, bis ich da bin.« Sie berichtete kurz von ihrer Fahrt in die alte Heimat und verschwieg auch ihren Ausrutscher mit der Droge nicht.
Irmela lachte aus vollem Hals. »Du liebe Güte, Haschplätzchen! Das ist ja wie eine Zeitreise in die Siebziger, jedenfalls für mich altes Schrapnell! Wie süß. Du hast es wohl gebraucht, was? Bist du denn jetzt wieder nüchtern?«
Eva bestätigte das.
»Wunderbar. Dann fahr vorsichtig, und wir treffen uns in zwei Stunden im KaDeWe, in der Lebensmittelabteilung, ja?«
Sie fanden sich bei Lenoître in der Nähe der Rolltreppen. Eva war noch nie im 6. Stock des Kaufhauses gewesen und folgte Irmela ungläubig durch die schimmernden, duftenden Labyrinthe des Genusses, vorbei an Hummerbecken, Pralinengebirgen und endlosen, bunten Landschaften aus auf Hochglanz poliertem Obst. Unterwegs packte Irmela das eine oder andere ein, machte jedoch hauptsächlich Notizen, aus denen sie dann an der Servicetheke eine lange Bestellung fabrizierte.
Ausgerechnet »Frühstück mit Mann« hatte Irmela die Veranstaltung getauft, für die sie einkaufte. Sie gab regelmäßig solche Partys, hatte sie erklärt, immer unter einem anderen Motto. Der Kreis der Gäste bestehe meist aus ihrerFreundinnenrunde sowie wechselnder Zusätze, die dem Ganzen Pep verleihen sollten. An diesem Sonntag sollten alle ein männliches Wesen mitbringen, egal ob Ehemann, Vater oder Kumpel. Eva hatte den vagen Plan, einen der Kontaktanzeigen-Männer dazu einzuladen, irgendeiner würde schon Zeit haben, hoffte sie.
»So, und jetzt trinken wir einen Kaffee«, stöhnte Irmela irgendwann. »Ich bin fix und fertig, es ist viel zu unübersichtlich hier. Trotzdem komme ich immer wieder her. Blöd, was? Aber es ist halt immer das Gleiche: Wir tun Dinge, obwohl wir es eigentlich besser wissen. Auch bei Männern.«
Sie gingen zu einer Kaffee-Bar, bestellten Cappuccino und – Irmelas Idee – petit fours . Dann erzählte Eva noch einmal ausführlich von ihrem Besuch in der alten Heimat. Irmela hörte aufmerksam zu, lachte über den Lippenstift und schüttelte anschließend bedächtig den Kopf.
»Ein schwerer Gang, meine Liebe, das kann ich mir vorstellen. Plötzlich wieder im alten Leben zu stehen, im alten Zuhause. Und alles ist so fremd geworden. Da kommt man garantiert wieder ins Grübeln, richtig? Hast du denn das Gefühl, dass du ihn wieder zurück willst, deinen Marcel?«
Eva stockte. »Ich … Nein! Auf keinen Fall!«
»Auch nicht ohne Geliebte? Wenn du wieder in dein altes Leben zurück könntest, ohne diesen Bruch, würdest du es denn wollen?«
Eva betrachtete unschlüssig den perfekten, cremefarbenen Schaum in ihrer Tasse. Würde sie ihr altes Leben genauso zurückhaben wollen, wie es gewesen war?
Irmela seufzte. »Eine schwere Frage? Lass mich raten: Du würdest es wollen, aber nicht genauso, wie es vorher war. Ein bisschen anders, ein bisschen aufregender, ein bisschen abwechslungsreicher. Du würdest deine neue Frisur haben wollen und nicht den alten Trott.«
Sie grinsten sich an.
»Du hast recht. Ich hab die Luft der Freiheit geschnuppert und kann mir nicht vorstellen zurückzugehen. Trotzdem war ich irgendwie niedergeschmettert nach diesem Besuch im Haus. Ich hätte vielleicht nicht alleine hinfahren sollen.«
Irmela schüttelte den Kopf und begutachtete das winzige lindgrüne Törtchen vor sich auf dem Teller.
»Manchmal muss man seinen Impulsen nachgeben.« Wie zur Bekräftigung ließ sie das petit four in ihrem Mund verschwinden. Eva musste lachen, und Irmela grinste mit genießerischer Miene.
»Nein, im Ernst«, schmatzte sie. »Ich halte nichts davon, jeder Gefahr aus dem Weg zu gehen. Manchmal muss man etwas riskieren und die Täler auch durchwandern, die sich auftun. Du bist erwachsen, du kannst mit den Konsequenzen leben. Marcel ist Geschichte. Triff dich lieber mit den Männern von deiner Anzeige. Das ist wie mit einem Schlangenbiss. Da musst du Gift auch mit einem Gegengift bekämpfen.«
Eva lachte leise. »Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben?«
»Genau. Es gibt immer die Hoffnung, dass du auf einen triffst,
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