Eva und die Apfelfrauen
Tränen ausbrach, als sie ihr am Nachmittag erzählten, dass Julika weg war, machte es nicht besser.
Abends hatte niemand Lust auf Pasta oder Rotwein. Selbst Dorothee, die sonst beim Abendessen immer am lebhaftesten war, weil sie sich freute, alle an einem Tisch zu haben, war schweigsam. Nur Mimi und Lennart unterhielten sich, als sei nie etwas gewesen. Es ist einfach nicht richtig, dass die beiden hier wie im schönsten Sommerurlaub sitzen und sich von Dorothee bedienen lassen, während Julika weg ist, dachte Eva. SchlieÃlich reichte es ihr.
» Wie geht es eigentlich mit euch weiter? « , fragte sie Mimiâ schärfer als beabsichtigt.
Die stocherte mit ihren Krallen in der blonden Mähne herum, den warnenden Blick ihrer Mutter vollkommen ignorierend. » Es ist totaaal klasse hier « , sagte sie im Plauderton, und Lennart nickte. » Wir würden gern noch ein paar Tage bleiben. Es ist richtig toll auf dem Land, finden wir. Und ihr habt ja jetzt genug Platz, wo eure Freundin und der Italiener weg sind. «
Eure Freundin und der Italiener? Hatte sie sich nicht am Tag zuvor noch schluchzend an Sergio geschmiegt und war mit ihm Hand in Hand durch nächtliche Wannseer StraÃen geschlendert?
» Gern könnt ihr bleiben « , sagte Marion zuckersüÃ. » Wir brauchen jetzt jede Hand bei der Apfelernte, wo unsere Freundin und der Italiener weg sind. Das ist doch was für dich, Mimi. Du machst dich ja gern nützlich. Und du, Lennartâ kannst du eigentlich Rasen mähen? Sicher kannst du das. Das müsste nämlich dringend mal wieder gemacht werden! Im Schuppen steht ein Rasenmäher. Wenn du dich beeilst, schaffst du jetzt noch ein gutes Stück, bevor es dunkel wird. Du bist stark. Das hast du uns ja gestern allen bewiesen. «
21. Kapitel
Nicht jeder, der danach aussieht,
ist ein Gammler.
Vielleicht hat er vier Töchter
und nur ein Badezimmer.
Markus M. Ronner *
Während Lennart lustlos den rostigen Rasenmäher aus dem Schuppen holte und Bahn für Bahn unter den Apfelbäumen entlangratterte und Mimi ebenso lustlos den Tisch abräumte, saÃen die Freundinnen im Wohnzimmer und schauten Nachrichten.
» Sorry, dass ich nicht sehr nett zu Mimi war « , sagte Marion entschuldigend an Dorothee gewandt. » Sie ist deine Tochter, ich weiÃ, ich weiÃ, aber ganz ehrlichâ sie und ihr Freund gehen mir auf die Nerven. «
» Das weià ich selbst. Aber die Situation ist im Moment nicht leicht. Irgendetwas muss passieren « , gab Dorothee geknickt zurück.
In diesem Moment klapperte der Briefkastenschlitz an der Haustür. Dorothee stand auf, um nachzusehen, wer ihnen um diese Uhrzeit noch Post brachte.
» Es ist ein Brief von der Dorfverwaltung « , erklärte sie, als sie zurückkam.
Die anderen drei seufzten im Chor.
» Was will Sauert denn diesmal? « , fragte Marion.
Nele studierte die Wetterkarte. » Egal was. Morgen sollâs noch mal 24Grad werden. Da lass ich mir von dem nicht die Laune verderben! «
Dorothee riss den Umschlag auf. Ungehalten las sie, was in dem Schreiben stand. » Es sind drei neue Anzeigen « , sagte sie. » Zwei wegen Falschparkens. Hier, das sind Mimis und Lennarts Kennzeichen. Und eine wegen Ruhestörung gestern Abend! Als Zeuge ist Hans Hartel angegeben. Habt ihr den dicken Dorfbullen irgendwo gesehen? «
Marion und Nele schüttelten die Köpfe, aber Eva wusste mehr. » Ich glaube, seinen Eltern gehört die Schweinezucht auf der anderen StraÃenseite. Da ist doch gestern Abend das Licht angegangen. «
» Das passt ja « , sagte Marion verächtlich. » Wahrscheinlich stand er hinter der Gardine und hat ein Protokoll geschrieben. «
» Was machen wir jetzt mit dieser Anzeige? « , fragte Dorothee und drehte das offizielle Schriftstück in den Händen.
» Wir sammeln sie « , gab Nele unbesorgt zurück. » Leg sie auf den Fernseher, da liegen schon die anderen. Dieses Papier ist bestimmt prima dafür geeignet, den Ofen anzuheizen, dünn und holzhaltig wie es ist. Wir ignorieren den Inhalt einfach. «
Sauert hatte in den letzten Wochen keine Gelegenheit ausgelassen, ihnen Anzeigen und Mahnbescheide zu schicken. Er schien einen privaten Rachefeldzug gegen sie gestartet zu haben, der umso heftiger wurde, je mehr sie ihn ignorierten und je freundlicher sie im Dorf dank der Apfelgaben behandelt wurden.
Aber Eva war ganz und
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