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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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frisch geduscht, das dunkle Haar noch feucht. In seinem weißen Hemd und der Designerjeans sah er aus wie einem italienischen Modemagazin entsprungen. Abgesehen von dem Veilchen rund ums Auge, das in allen Pink- und Lilatönen schimmerte.
    Auch Julika war fix und fertig angezogen, doch ganz anders als sonst frühmorgens in Wannsee: keine Spur von Schlabbershirt und Jogginghose. Sie trug eine weiße Hose, eine hellblaue Bluse, eine Perlenkette und eine dunkle Kostümjacke. Außerdem war sie geschminkt, was ihre regelmäßigen Gesichtszüge zwar betonte, sie aber zugleich etwas älter aussehen ließ. Nele fand das höchst unpraktisch. Denn schließlich musste Julika gleich im Apfelgarten herumstapfen und Äpfel aufsammeln.
    Â» Kannst du mal kommen? « , fragte Julika.
    Nele sah sie neugierig an. » Warum? « Aber da waren sie und Sergio bereits im Wohnzimmer verschwunden.
    Nele folgte ihnen. Das Bettzeug auf der Couch war ordentlich zusammengelegt. Eva saß im Fernsehsessel und warf Nele einen Blick zu, der verriet, dass sie ebenso wenig verstand wie sie, was hier vorging. Jetzt kamen auch Dorothee, eine überraschend sanft lächelnde Mimi und Lennart. Wenigstens Dorothee sah in ihrem rosa Morgenmantel genauso aus wie jeden Morgen, Lennart trug zu seiner Pyjamahose nur nackte Haut und ein Sixpack. Er und Sergio vermieden es sorgfältig, sich anzusehen. Lennarts Entschuldigung mochte einen Waffenstillstand hergestellt haben, aber Freundlichkeit sah anders aus.
    Â» Also, passt auf, Mädels « , sagte Julika und schaute von einer Freundin zur anderen. Mimi und Lennart ignorierte sie völlig. » Sergio und ich haben gestern Abend noch eine Weile zusammengesessen und etwas besprochen. Er fährt heute zurück nach Florenz. Und… « , sie holte tief Luft, » …ich werde ihn begleiten. «
    Das Schweigen, das auf Julikas Worte folgte, wurde nur von einem weit entfernten Rufen der Wildgänse unterbrochen. Eva bezweifelte, dass die anderen es überhaupt hörten.
    Nele fing sich als Erste. » Wie, du fährst mit? Du kannst doch erst ab Oktober hier weg! «
    Julika sah nervös, aber entschlossen aus. » Nein, das geht auch jetzt schon. Sergio will mir Lollis palazzo zeigen, und es gibt da noch einiges zu regeln. Ich brauche seine Hilfe. Eigentlich hat er mehr Zeit für Deutschland eingeplant. Aber nach gestern Abend… « Sie warf Lennart einen schrägen Blick zu. » Jedenfalls fahren wir schon heute. Jetzt gleich. Ich habe alles gepackt. «
    Â» Wie lange bleibst du? « , wollte Eva wissen.
    Julika zuckte mit den Achseln. » Keine Ahnung. Drei, vier Wochen vielleicht. « Sie rieb sich die Hände. » Mit einem bisschen Glück ist der September in Florenz richtig warm. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich nach Hitze sehne! Von Regen hab ich die Nase erst mal voll. « Sie schien an diesem Morgen noch nicht aus dem Fenster geschaut zu haben. Oder vielleicht sah sie auch nur das, was sie sehen wollte.
    Â» Drei, vier Wochen! Aber Julika, das ist unmöglich! Wenn Rechenberger kommt, müssen wir alle hier sein! « , warf Dorothee ein. » Sonst verlieren wir das Haus. Das weißt du doch! «
    Julika warf die rote Mähne zurück. » Ganz ehrlich, ich glaube, der taucht nicht mehr auf. Und wenn, dann müsst ihr euch eben was ausdenken. Dann bin ich für einen Tag beim Arzt in Berlin. Mit deinen Kontakten kannst du mir sicher ein Attest besorgen, Dorothee. «
    Dorothee sah die Freundin mit verschränkten Armen ungehalten an. » Das finde ich nicht okay von dir, dass ich dir den Rücken freihalten soll, weil du dich einfach so vom Acker machen willst. «
    Â» Nun tu mal nicht so empört « , erwiderte Julika gelassen. » Letztendlich muss jede von uns für sich entscheiden, was sie will, oder? Und so eine Chance bekomme ich nicht ein zweites Mal. «
    Â» Aber wir fünf auch nicht! Wir wollten doch herausfinden, wie es ist, zusammenzuleben! Und mit dem Erlös des Hauses eine WG in der Stadt gründen! Du lässt uns im Stich! « , sagte Nele heftig.
    Julikas Temperament geriet in Wallung. » Weißt du, Nele, ich dachte, du würdest mich verstehen. Ich entscheide mich gerade für die Gegenwart und nicht für die Zukunft. Für das, was mir von meinen besten Jahren bleibt, und nicht für das Alter. Mit fünfzig muss ich nicht schon alles darauf ausrichten,

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