Eva und die Apfelfrauen
Karoppkeâs fürs Mittagessen einzukaufen. Als würde sie jede Sekunde zurückkommen, ihre Einkaufstüte abstellen, ihre Hausschuhe, die vor der Couch auf dem fadenscheinigen Teppich standen, anziehen und sich in den abgenutzten Dreisitzer fallen lassen. In der Zeitung weiterlesen, die ordentlich zusammengefaltet darauflag. Oder nach der Fernbedienung greifen, die auf einem Tischchen mit einem Brokatläufer lag, den alten, riesigen Fernseher anmachen, der auf einem furnierten Sideboard stand.
Aber das war es nicht, was die fünf Freundinnen in solches Erstaunen versetzte. Sondern der Blick in den Garten. Die vergilbten Stores waren zurückgezogen, als hätte Anna Staudenroos nicht gewollt, dass irgendetwas den Ausblick beeinträchtigte. Eine gepflasterte Terrasse zog sich über die gesamte Breite des Hauses. Sie war gesäumt von Beeten, in denen erste Frühlingsblumen und Stauden wuchsen. Rechts, am Rand des Grundstücks, stand ein groÃer Holzschuppen. Dann kam ein windschiefer Gartenzaunâ und dahinter schloss sich eine Apfelbaumwiese an mit einem nicht enden wollenden Traum in Rosa, Weià und Pink: Anna Staudenroosâ Obstgarten. Jeder der Bäume, einst sorgfältig in langen Reihen angepflanzt, stand in voller Blüte.
» O Gott, ist das schön « , sagte Marion ehrfurchtsvoll.
» O Gott, ist das ein groÃer Garten « , meinte Dorothee überwältigt.
» Wer soll denn so viele Ãpfel essen? « , fragte Julika.
Nele zückte ihr Handy, um ein Foto zu machen.
» Kommt, wir gehen raus « , sagte Eva.
Ohne auf die anderen zu warten, öffnete sie die Terrassentür, überquerte die Terrasse und ging auf einem schmalen Steinpfad zwischen den Beeten hindurch am Schuppen vorbei bis zur Gartenpforte. Beherzt stieà sie sie auf.
» Verdammt, ich wusste doch, dass man Gummistiefel braucht « , fluchte Julika hinter ihr, als die Absätze ihrer dunkelblauen Wildlederpumps tief in den weichen Untergrund sanken.
Eva nahm kaum wahr, dass die anderen ihr folgten. Die Bäume im Obstgarten waren unterschiedlich groÃ, die in den hinteren Reihen kaum höher als zwei Meter. Aber der erste war deutlich gröÃer. Eva legte den Kopf in den Nacken, während sie an den rauen Stamm griff. Die weiÃrosafarbenen Blüten saÃen dicht an dicht an den Zweigen, das Holz konnte man kaum sehen. Zwischen den dicken Ãsten leuchtete der Himmel blau hindurch. Während Eva noch nach oben blickte, fuhr ein Windstoà durch den Obstgarten. RosaweiÃer Schnee rieselte herunter auf das Gras. Eva schaute den zarten tanzenden Blütenblättern nach, und in diesem Moment wusste sie, wie sie entscheiden würde. Wenn es irgendwie möglich war, würde sie versuchen, Annas Erbe anzutreten.
» Mädels, ist das nicht fantastisch? « , rief sie den vier anderen, die schweigend näher kamen, zu.
Dann drang in die Stille ein Geräusch an ihr Ohr. Eva spähte zu dem Acker hinüber, der an Anna Staudenroosâ Grundstück grenzte. Dort fuhr ein Traktor, der das Land umpflügte. Sie beobachtete, wie er eine Furche schnurgerade der Länge nach übers Feld zog, dann wendete und in die andere Richtung zurückfuhr. Dort, wo das Feld noch nicht gepflügt war, sah die Erde fest und grau aus, dort wo es gepflügt war, aufgeworfen und schwarzbraun. Ein FuÃweg mit groÃen Pfützen schlängelte sich am Rand des Ackers entlang, er mündete in einem Wäldchen, in dem vornehmlich sparrige Nadelbäume zu wachsen schienen. Rechenberger hatte von » reizvoller Landschaft « gesprochenâ Eva fand die Umgebung eher unwirtlich.
Nele, die neben sie getreten war, verfolgte den grünen Traktor mit Blicken. » Das ist der Nachbar « , sagte sie dann bestimmt und wies mit dem Finger in Richtung Acker.
» Jaja, der Schweinebauer Friedrich sehnt sich nach ein bisschen Zärtlichkeit und nach jemandem, der ihm Gulasch kochtâ wer weiÃ, vielleicht wird das dein groÃer Bauer-sucht-Frau-Auftritt! « , meinte Eva vergnügt.
Nele schlug den Kragen ihrer roten Strickjacke hoch. Ein kühler Wind pfiff über das kahle Feld. » Wenn wir Titus irgendwie überzeugen könnten, würde ich es glatt machen « , wisperte sie Eva zu. » Hier ist es richtig schön. «
» Ich könnte hier wunderbar BogenschieÃen lernen « , meinte Marion nachdenklich. » Platz ist genug. Ruhe
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