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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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Schuppen lehnte, hatte die Kapuzinerkresse für sich entdeckt und kletterte munter an ihnen hoch.
    Eva beobachtete zwei Bläulinge, die aufgeregt um den Lavendel flatterten. Sie dachte an ihre eigene Ungeduld, an ihre hektischen Versuche, den Beeten über Nacht ein Blütenmeer abzuringen, und musste über sich lächeln. Wo doch das Geheimnis eines Gartens die Zeit war und jeder Tag eine Momentaufnahme. Jetzt wusste sie es– damals noch nicht.
    Sie schlenderte weiter zum Apfelgarten. Nach dem Sommerfest und kürzlich noch ein zweites Mal war Loh mit dem Traktor samt Mähwerk durch die hintere Pforte auf ihr Land gekommen. Er hatte lächelnd gegrüßt, dann war er zwischen den Bäumen hin- und hergefahren, wortlos, rasch und effizient.
    Mittlerweile kannte Eva sein schräges Lächeln gut. Immer wenn sie sich sahen, warf er es ihr zu. Er lächelte nur, wenn sie es war, die er jenseits des Zaunes entdeckte. Wenn er mit ihr sprach. Wie damals, als er mit ihr getanzt hatte. Er lächelte, als ob er eigentlich nicht lächeln wollte, aber nicht anders konnte.
    Heute war auf dem Nachbarhof nichts außer Hühnergackern zu hören, und den Bauern konnte sie nirgends entdecken. Hatte Loh nichts zu tun? Schlief er am Samstag aus? Und überhaupt– mit wem? Der Gedanke, dass Loh vielleicht nicht allein im Bett lag, versetzte Eva einen kleinen Stich, den sie jedoch ignorierte. Er konnte ja nun wirklich machen, was er wollte. Sie war schließlich nicht Nele, die sich kopfüber in ein Abenteuer stürzte, das zu nichts führte. Und sie war sich sicher, dass Loh das genauso sah.
    Eva wandte den Blick vom Nachbarhof ab und ging zu ihrem Lieblingsbaum, dem großen knorrigen in der ersten Reihe– und auf einmal machte ihr Herz einen Satz.
    Denn unter dem Baum lagen drei hellgelbe Äpfel im Gras. Vorsichtig näherte Eva sich und hob den größten von ihnen auf. Makellos lag er in ihrer Hand, noch feucht vom Tau. Sie wischte ihn an ihrem Kleid trocken und hielt ihn unter die Nase. Mit geschlossenen Augen atmete sie tief das zarte Aroma ein, das mehr an Blüten als an Apfel erinnerte, ein bisschen an Zitrone, an Honig, an Vanille.
    Dann biss sie hinein. Es knackte, und der Saft lief ihr übers Kinn. Der Apfel schmeckte süßsäuerlich, einfach himmlisch. Während Eva kaute, sah sie sich das Fruchtfleisch an. Es war schneeweiß, uneben und glitzernd zugleich in seiner Struktur, glatt und dunkel leuchteten die Kerne im Gehäuse. Immer noch kauend schaute sie nach oben. Überall strahlten die hellen Äpfel, wie kleine Sterne am dunklen Blätterhimmel.
    Es war der Klarapfel, von dem Loh beim Tanzen gesprochen hatte. Sommerscheibe, Jacobiapfel, Kornapfel, Klaras Apfel: Poetisch klangen die Namen, die Eva im Internet gefunden hatte– neben dem Hinweis, dass er außergewöhnlich war. Als letzter Apfelbaum blühte er, und als erster trug er. Aber sie hatte auch gelesen, dass die reifen Äpfel nicht lange hielten und rasch mehlig wurden. Was hieß, dass man sie am besten abpflückte, wenn man sie verarbeiten wollte.
    Was wiederum hieß, dass es an der Zeit war, die Freundinnen aus dem Bett zu werfen.
    Eva hob die anderen beiden Äpfel auf und lief zum Haus zurück. Den abgeknabberten Kriebsch warf sie auf den Kompost.
    Â» Huhuhhhh, ihr da oben « , rief sie hoch. » Jetzt geht es los! Die Ernte beginnt! Wer hilft mit? «
    Als Antwort hörte sie ein leises Stöhnen auf der Treppe. Dort saß Nele, fix und fertig angezogen. Aber ihr schien es nicht gutzugehen, sie hatte den Kopf in die Hände gestützt.
    Â» Sag bloß nicht, dass du was Alkoholisches aus den Äpfeln machen willst. Dann schreie ich « , warnte sie.
    Â» Oh, bitte, mach das « , ermunterte Eva sie. » Dann sind die anderen auch gleich wach. «
    Nele schrie nicht, sie schlich stattdessen in die Küche und nahm sich einen Kaffee. Kurz darauf stolperten die anderen die Treppen herunter.
    Â» Wie geht’s euch? « , fragte Eva.
    Â» Pssst, nicht so laut « , erwiderte Julika matt. Ihre Augen, sonst immer hellblau strahlend, waren trüb, aber sie sah immer noch bedeutend besser aus als Dorothee, die stark an ein Angorakaninchen erinnerte.
    Â» Und das passiert mir, die ich mich immer für Suchtprävention stark gemacht habe. Gesunde Schule 2000… « , murmelte Marion und schüttelte über sich selbst betrübt den

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