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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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torkelten die Treppe hoch und fielen völlig erschöpft in ihre Betten.
    Als Lady D’Arbanville vom Wald über die Felder zu ihrem bevorzugten Jagdgebiet schwebte und im Apfelgarten mit messerscharfen Krallen nach einer Maus griff, schliefen die fünf Frauen schon tief und fest.
    Eva wachte früh am nächsten Morgen auf. Außer einem leichten Kopfschmerz war von der Schnapsverkostung– um es vorsichtig auszudrücken– nichts zurückgeblieben. Der bittere Nachgeschmack kam entweder von den zwei Aspirin, die sie schlauerweise vor dem Schlafen geschluckt hatte, oder von Sauerts unmöglichem Auftritt.
    Kann es uns schaden, den Bürgermeister zum Feind zu haben?, überlegte Eva unter der Dusche. Nein, entschied sie, während sie in ein mohnrotes Sommerkleid schlüpfte und sich die feuchten Locken bürstete. Was sollte schon passieren? In gut zwei Monaten würden sie wegziehen und den Dorftyrannen nie wiedersehen. Sie waren nicht so alt geworden, um sich von so einem ins Bockshorn jagen zu lassen. Über so einen lachte man am besten.
    Auf keinen Fall sollten sie Sauert ernst nehmen! Sie waren zu fünft und er allein, sah man mal von seiner scheuen Tochter ab. Sie waren gestandene Frauen, Freundinnen, die sich aufeinander verlassen konnten. Und er? Ein unsympathischer Bürohengst, den niemand im Dorf ausstehen konnte und der sich mit abstrusen Behauptungen wichtigmachte.
    Eva ließ die Bürste sinken.
    Die Zeit flog. In zwei Monaten würde der Sommer in Wannsee vorbei sein und sie wieder in Berlin. Denn dass sie das Haus behielten, war ausgeschlossen. Es passte einfach nicht dauerhaft in ihre Leben. Wenn sie es erst mal verkauft hatten, konnten sie in der Stadt den ersten Schritt zu ihrem Plan tun, zu fünft gemeinsam durchzustarten, in Richtung… bestes Alter.
    Eva schaute aus dem Fenster und versuchte sich vorzustellen, wie es in Wannsee später im Jahr aussah. Wo jetzt Singvögel zwitscherten und Schwalben durch die Luft schossen, war vielleicht der raue Schrei der Kraniche zu hören, die in den Süden flogen. Wo jetzt betörender Sommerduft von wilden Blumen und reifem Getreide, von warmem Sand und trockenem Heu in der Luft lag, würde man vielleicht den herben Geruch von Holz wahrnehmen, wenn die Wannseer ihre Kamine heizten. Wo die Galloways jetzt mit ihren Kälbern über die Weide zogen und gemütlich wiederkäuten, würden sie vielleicht im Raureif stehen, ihr Atem eine frostige Wolke in der kalten Luft, ihr lockiges Winterfell ein wärmender Schutz gegen die Kälte. Und der Wannsee, in dem man jetzt baden konnte, wäre im Dezember bestimmt zugefroren, hervorragend zum Schlittschuhlaufen. Mal davon abgesehen, dass sie nicht mehr gelaufen war, seit sie ein Kind war, und keine Schlittschuhe mehr besaß… Plötzlich tat ihr der Gedanke, Annas Haus zu verkaufen, regelrecht weh.
    Eva startete die Kaffeemaschine, und während der Kaffee durchlief, checkte sie ihre E-Mails. Seit sie und Nele das Home Office betrieben, waren Titus’ Kommentare ausnahmslos positiv. Es war, als würde sich die Leichtigkeit, die das Leben auf dem Land mit sich brachte, in ihrer Arbeit widerspiegeln. Die Ideen flogen Eva nur so zu, und Nele wusste immer sofort, wie man sie grafisch umsetzen konnte.
    Sie überflog die Änderungsvorschläge, die der Boss geschickt hatte, grübelte einen Moment darüber nach und machte sich dann an die Arbeit. Es war Samstag, vor Montag würde er ihre Mail nicht erwarten. Auch das hatte etwas mit Entspannung zu tun: arbeiten zu können, wann immer es einem passte.
    Als Eva fertig war, herrschte im Haus immer noch Stille. Also nahm sie sich einen Kaffee und ging hinaus auf die Terrasse. Zuerst lief sie zu den beiden Beeten. Inzwischen verstand sie, wie Anna sie angelegt hatte. Links die Kräuter– Minze, Thymian, Lavendel, Oregano, Wein- und Eberraute hatte Eva inzwischen identifiziert–, rechts hatte Anna Blumenstauden gesetzt. Dazwischen wuchsen die Dahlien, die sich inzwischen zu respektablen Büschen entwickelt hatten.
    Orangefarbene Tagetes, hellblaue Jungfern im Grünen und gelb blühende Kapuzinerkresse hatten sich überall wild ausgesät. Nach dem Regen hatte sich besonders die Kapuzinerkresse ordentlich vermehrt. Ihre Ranken wanden sich auf dem Weg, durch die Beete und quer durchs Gras in Richtung Obstgarten. Selbst die untersten Sprossen der Holzleiter, die am

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