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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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Pfarrer schien noch fernzusehen. In diesem Moment sahen sie den Mond. Hell stieg er hinter dem Wald auf und warf seinen silbernen Strahl auf den Weg. Nele, die zum Leichenschmaus noch mehr Rotwein als die anderen getrunken hatte, begann unvermittelt leise zu heulen. Sie klang wie ein Wolf, der zur Jagd rief.
    Â» Spinnst du? Halt den Mund, Nele « , flüsterte Eva über die Schulter.
    Auch die anderen zischten sie empört an. Nele verstummte erschrocken, doch es war zu spät. Im Pfarrhaus ging das Licht an, und hinter dem erleuchteten Fenster erschien die rundliche Figur des Dorfpfarrers. Wie erstarrt schauten sie hoch.
    Loh fing sich als Erster.
    Â» Geht! « , raunte er. » Schnell, macht, dass ihr auf den Friedhof kommt! Ich lenke Lobetal ab. «
    Sie hasteten los, den Weg entlang auf eine Baumgruppe zu. Nur Loh blieb stehen. Er musste nicht lange warten. Das Fenster des Pfarrhauses wurde aufstoßen.
    Â» Hallo? Ist da wer? « , rief Pfarrer Lobetal in die Stille.
    Loh gab sich einen Ruck und trat näher heran, sodass Lobetal ihn von oben sehen konnte und gar nicht erst versucht war, den Weg hoch- und wieder herunterzuspähen.
    Â» Pfarrer Lobetal? Ich bin’s, Simon Lohmüller « , rief er nach oben. » Entschuldigen Sie die späte Störung. Aber ich habe da eine Frage. «
    Â» Um halb elf abends? Hat das nicht Zeit bis morgen, Simon? « , fragte Pfarrer Lobetal ungläubig.
    Â» Nein, hat es nicht « , antwortete Loh. Aus den Augenwinkeln sah er, wie die anderen in Richtung Buchenfriedhof huschten.
    Â» Na gut. Warte. Ich lass dich rein. «
    Der Pfarrer schlug das Fenster zu, und Loh atmete tief durch. Jetzt musste ihm nur noch einfallen, was er den Pfarrer fragen konnte. Etwas Wichtiges. Etwas Dringendes. Etwas Überzeugendes. Los, mach, denk nach, beschwor er sich, während er hörte, wie Lobetal die Treppe herunterkam. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, und dann stand der kleine rosige Pfarrer vor ihm, in Jogginganzug und Pantoffeln und mit Krümeln um den Mund, die verrieten, dass er beim Fernsehen genascht hatte.
    Â» Wäre es nicht der fromme Simeon gewesen, der Jesus Christus als unseren Messias erkannte– wer weiß, ob ich den Sonntagabendkrimi für dich unterbrochen hätte! Was gibt es denn, mein Sohn, dass du dich zu so später Stunde auf christliche Nähe besinnst? « , fragte er. Er musste den Kopf ein bisschen in den Nacken legen, um Loh anzuschauen.
    Â» Ich… ich wollte wissen, wie ich es anstellen muss, um kirchlich zu heiraten. Um Ihren Segen zu bekommen. Welche Papiere brauchen wir dazu? « , stotterte Loh. Es war das Allererste, was ihm gerade einfiel.
    Der Pfarrer starrte ihn entgeistert an. Dann sagte er langsam: » Niemals hätte ich von dir diese Frage erwartet, Simon. Komm rein! Wer ist denn die Glückliche? Und wann soll es so weit sein? «

20. Kapitel
    Im Moment des Zusammenkommens
beginnt die Trennung.
    Singhalesisches Sprichwort
    Â» Wir müssen den Boden so abheben, dass wir ihn hinterher wieder aufsetzen können. Damit nicht auffällt, dass wir hier gegraben haben « , sagte Eva.
    Sie hatten sich für einen Baum entschieden, der am hinteren Ende des Buchenfriedhofs stand und an dem noch kein Namensschildchen hing. Eva hatte Sergio den Spaten in die Hand gedrückt. Als Neffe konnte er seinem Onkel ruhig diesen letzten Dienst erweisen, fand sie. Die Urne stand auf dem Boden. Sanft schimmerte sie im Mondlicht.
    Â» Si « , sagte er, stach vorsichtig ein Rechteck bemooste Walderde ab und legte es zur Seite. Dann begann er zu graben. Sein Jackett hatte er an einen Buchenzweig gehängt, seine Hemdsärmel hochgekrempelt.
    Schweigend standen sie um ihn herum und beobachteten, wie das Loch allmählich tiefer wurde. Gelegentlich schrammte das Spatenblatt knirschend an einer Wurzel entlang, aber es dauerte nicht lange, und Sergio hatte ein gut ein Meter tiefes Loch gegraben. Er lehnte den Spaten gegen den Stamm und schaute in die Runde. » Finito « , sagte er. » Julika? «
    Julika nickte. Sie nahm die Urne, kniete sich hin und ließ sie vorsichtig hinunter. Dann rappelte sie sich wieder auf und klopfte sich die Blätter von den Knien. Sergio begann, das Loch zuzuschippen. Als die Erde auf die Urne traf, hörte man ein dumpfes Geräusch– und einen Schluchzer. Alle schauten alarmiert zu Julika.
    Aber es war nicht sie, die weinte, sondern Mimi.
    Â»

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