Evas Auge
meine, ich verlasse mich auf Sie. Autokauf ist doch auch eine Vertrauensfrage.«
»Ich finde aber, Sie sollten sich ein bißchen umsehen. Sie müssen sehen, wie gut er in Schuß ist, nicht alle basteln soviel an ihren Autos herum wie ich. Und ich bin erst der zweite Besitzer. Auch sonst hat niemand ihn gefahren, meine Frau hat keinen Führerschein. Ich sage Ihnen also, machen Sie lieber ein gutes Angebot. Und wenn wir den Vertrag gemacht haben, dann müssen Sie alles noch einmal überprüfen, ich will nicht, daß Sie sich nachher über irgendwas beklagen.«
»Ich bin ja auch nicht blöd«, sagte sie mürrisch. »Und was dieses Auto angeht, kann ich mich auf Sie verlassen glaube ich.«
»Darauf können Sie Gift nehmen. Aber Frauen sind nicht immer ganz klar in der Birne, deshalb habe ich das erwähnt. Manchmal haben die noch unangenehme Dinge in der Hinterhand, um das mal so zu sagen.«
Ein Messer, dachte sie.
Er zog die Nase hoch und und fügte hinzu:
»Ich muß nur sicher sein, daß man mit Ihnen Geschäfte machen kann.«
Sie zitterte. Hob die Taschenlampe und leuchtete ihm ins Gesicht.
»Das können Sie. Ich bezahle, und ich erhalte die Ware, um die ich gebeten habe. Ist es nicht seltsam, daß sich alles für Geld kaufen läßt?«
»Ich habe noch kein Angebot gehört.«
»Das kommt, wenn wir beim Prüfdienst waren.«
»Ich dachte, Sie verlassen sich auf mich?«
»Nur in Bezug auf diesen Wagen.«
Er schnaufte.
»Was zum Teufel wollen Sie damit sagen?«
»Das können Sie sich ja mal überlegen.«
Der Fluß schäumte auf, rauschte laut und sank wieder in sich zusammen.
Der Mann schüttelte ungläubig den Kopf und beugte sich wieder über den Motor.
»Verdammte alte Kuh«, murmelte er. »Kommt her und zerrt einen unschuldigen Wicht aus der warmen Garage und hinaus in diesen verdammten Sturm und redet dann nur Scheiß!«
»Unschuldig?«
Eva glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Sie verlor ihren Mut, fühlte sich kraftlos und schlaff, sie mußte sich auf den Wagen stützen, sie stand auf der linken Seite, neben der Stange, die die Motorhaube offenhielt.
»Ich meine nur«, brummte er aus der Tiefe des Motors, »Sie wollten doch das Auto haben. Und ich gebe mir alle Mühe, um mich mit Ihnen zu einigen. Deshalb weiß ich wirklich nicht, warum Sie so verdammt sauer sind.«
»Sauer?« fauchte sie. »Das nennen Sie sauer? Ich habe schon Schlimmeres erlebt, ich habe gesehen, wie Leute wegen einer blöden Kleinigkeit komplett ausgerastet sind.«
Er drehte sich um und starrte sie mißtrauisch an.
»Himmel, sind Sie vielleicht schizophren?«
Er beugte sich wieder über den Motor.
Eva keuchte auf und spürte, wie die Wut sie überwältigte, sie empfand das als Erleichterung, die Wut stieg in wildem Tempo in ihr auf, glühendheiß wie ein Lavastrom, wälzte sich durch ihren Bauch, erreichte die Brust und die Arme, und Eva gestikulierte wütend in der Dunkelheit, und dann stieß sie gegen irgend etwas und hörte ein Scharren. Die Stange, die die Motorhaube gestützt hatte, rutschte ab. Der schwere Metalldeckel schloß sich mit einem Dröhnen, Hintern und Beine des Mannes hingen heraus, der Rest war verschwunden.
Eva wich schreiend zurück. Aus der Tiefe hörte sie Gegurgel und einzelne wilde Flüche. Entsetzt starrte Eva die Motorhaube an, die war bestimmt schwer, jetzt hob sie sich ein wenig, dann senkte sie sich und hob sich dann wieder. Evas Herz hämmerte dermaßen, daß er es hören mußte. Jetzt hatte sie seinen Zorn entfacht, genau wie Maja, seine blinde Wut richtete sich jetzt auf Eva, und in wenigen Sekunden würde er sich befreit haben und sich mit seiner ganzen Kraft auf sie stürzen, und deshalb sprang sie vor, tastete nach der Tasche auf ihrem Oberschenkel, steckte die Hand hinein und fand das Messer. Sie riß es aus der Scheide.
»Ja, verdammt!«
Er wollte hoch, wollte sich umdrehen, aber Eva sprang neben das Auto und legte sich mit ihrem ganzen Gewicht über die Motorhaube. Er schrie hohl, wie aus einer Dose heraus: »Was zum Teufel soll das denn nun wieder?«
»Ich kann nicht mehr«, schrie sie. Ihre Stimme brach.
»Sie sind doch total verrückt!«
»Sie sind hier verrückt.«
»Was wollen Sie eigentlich von mir, zum Henker?«
Eva holte Luft und schrie:
»Ich will wissen, warum Maja sterben mußte!«
Schweigen. Er versuchte, sich zu bewegen, konnte sich aber nicht um einen Zentimeter rühren. Sie hörte seinen keuchenden Atem.
»Woher zum Teufel weißt du …«
»Das
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