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Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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reicht jetzt langsam.«
    Sie goß den Wein in sich hinein.
    »Und die Rechnung?«
    »Tausend Ecken, plus minus. Erst das Geld, dann die Ware. Ich liege still, mache die Augen zu und lächele freundlich, und ich lasse nicht das geringste kleine Grunzen hören. Kein Küssen oder Knutschen, ich hab’ keinen Bock, sie wie Babys zu behandeln. Runter mit den Klamotten und drauf mit dem Kondom. Das ist wie bei einem einarmigen Banditen, die Kohle strömt nur so.«
    »Tausend Kronen? Und wie viele kommen so an einem Tag?«
    »Vier bis fünf, manchmal auch mehr. Fünfmal die Woche. Das kannst du ja selber ausrechnen.«
    »Und alles bei dir in der Wohnung?«
    »Ja.«
    Ein Kellner stellte Krabbencocktails und neuen Weißwein auf den Tisch.
    »Wo wohnst du denn eigentlich?«
    »In der Tordenskioldsgate, in dem Wohnblock.«
    »Und deine Nachbarn haben keinen Verdacht?«
    »Sie haben keinen Verdacht, sie wissen das. Mehrere von ihnen sind feste Kunden.«
    Eva seufzte erschöpft und kaute andächtig auf einer Krabbe herum. Die Krabben waren groß wie Krebsschwänze.
    »Ich habe noch ein zusätzliches Schlafzimmer«, sagte Maja plötzlich.
    Eva prustete los.
    »Ich seh’ mich schon! Verängstigt wie eine Jungfrau von zwölf Jahren.«
    »Nur in der ersten Woche, dann ist es ein Job wie jeder andere. Du könntest ein paar Stunden arbeiten, während Emma im Kindergarten ist. Denk an das viele gute Essen, das du für sie mit nach Hause bringen könntest!«
    »Die ist schon viel zu fett.«
    »Dann eben frisches Obst, Brathähnchen und Salat«, sagte Maja.
    »Es hört sich vielleicht unglaublich an, aber es ist wirklich verlockend«, gab Eva zu. »Ich bin nur zu feige. Ich bin einfach nicht dafür geschaffen.«
    Für einen kurzen Moment ärgerte sie das.
    »Wir werden ja sehen.«
    Der Kellner räumte den Tisch ab und brachte gleich darauf Filetsteaks, Prinzeßmöhrchen, Brockoli und überbackene Kartoffeln. Danach schenkte er Rotwein ein.
    »Aber heute abend arbeitest du nicht?«
    »Ich habe heute frei, morgen muß ich wieder etwas tun. Prost!« Eva spürte, wie ihr das zarte Fleisch auf der Zunge zerging. Der Rotwein war temperiert und hatte nicht viel Ähnlichkeit mit dem Canepa ihres Vaters. Die erste Flasche war bald leer, und Maja bestellte eine weitere.
    »Aber ich komme eigentlich doch nicht darüber hinweg«, sagte Eva verwundert, »daß du deinen Körper verkaufst.«
    »Das ist besser als die Seele«, antwortete Maja trocken. »Verkauft ihr Künstler nicht eure Seele? Wenn ich etwas für mich behalten und vor anderen verstecken will, dann ist das doch wohl meine Seele. Der Körper ist doch nur eine Hülse, die wir mit uns herumschleppen, ich kann daran nichts Heiliges sehen. Warum sollte ich ihn nicht teilen und großzügig sein, wenn jemand daran Freude hat? Aber die Seele – die eigenen Träume und Sehnsüchte, die eigene Angst und Verzweiflung vor, Gott und der Welt in einer Galerie aufhängen – und dafür auch noch Geld nehmen – das nenne ich nun wieder Prostitution.«
    Eva erstarrte. Eine Möhre lugte zwischen ihren Lippen hervor.
    »Ganz so ist das doch wohl nicht!«
    »Nicht? Behaupten das denn nicht alle Künstler? Daß man es wagen muß, sich ganz nackt auszuziehen?«
    »Wie kommst du denn bloß auf diese Idee?«
    »Ich bin keine Idiotin, bloß weil ich Nutte bin. Das ist ein sehr verbreitetes Mißverständnis.«
    Maja wischte sich mit der Serviette den Mundwinkel.
    »Es ist auch ein Mißverständnis, daß alle Nutten unglückliche Frauen sind, die alle Selbstachtung verloren haben, die am Straßenrand in ihren dünnen Strümpfen frieren, und die für die ganze Mühe nur Prügel von irgendeinem brutalen Zuhälter beziehen, der fast den ganzen Tag in irgendeinem Rausch vor sich hinbrabbelt. Das«, sagte sie und kaute ihr Filetsteak, »gilt nur für einen kleinen Teil der Szene. Die Nutten, die ich kenne, sind hart arbeitende, intellektuelle Frauen, die wissen, was sie wollen. Weißt du«, sagte sie aufrichtig, »ich finde Nutten richtig gut. Das sind die redlichsten Frauen, die es gibt.«
    Sie gab dem Kellner ein Zeichen, ihre Gläser wieder zu füllen. Eva war beschwipst.
    »Ich bin bestimmt sowieso nicht geeignet«, murmelte sie. »Du sagst doch, daß ich zu dünn bin.«
    »Ha! Du bist doch spitze! Ein bißchen anders, vielleicht, fast ein bißchen selten. Aber das, was du zwischen den Beinen hast, Eva, das ist eine Goldgrube. Und dahin wollen sie. In der Hinsicht sind Männer reell, jedenfalls die, die zu mir

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