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Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Bauch im Dreck gesteckt. »Naja, gewissermaßen. Frag bitte nicht weiter.« Sie versuchte, die Geheimnisvolle zu spielen, nahm ihn in den Arm und ging hinein. Der Eimer stand im Kofferraum, sie konnte ihn später holen und in den Keller hinunterschmuggeln.
    »Hattest du etwas Besonderes auf dem Herzen?«
    »Mein Feuermelder hat geheult wie blöd, und ich konnte ihn nicht abstellen.« »Ach«, sagte sie. »Und was hast du gemacht?« »Ich habe bei der Feuerwehr angerufen, und die sind sofort gekommen. Nette Leute. Jetzt setz dich, wie lange kannst du bleiben, bleibst du ein bißchen? Und wie lange soll Emma noch bei Jostein sein, du willst sie doch wohl nicht weggeben?«
    »Sei nicht so blöd, auf die Idee würde ich nie kommen. Und heute habe ich Zeit, ich kann uns etwas Gutes kochen.«
    »Ich glaube, ich habe nichts im Haus.«
    »Dann fahre ich einkaufen.«
    »Nein, du hast nicht genug Geld, um mich zu füttern, ich kann gut einen Teller Brei essen.« »Wie wär’s mit Filetsteak?« Sie lächelte. »Benutz nicht so unanständige Wörter«, sagte er mürrisch. »Ich habe heute mein Stipendium bekommen, und mit wem soll ich denn feiern, wenn nicht mit dir?«
    Er gab nach. Eva pusselte im Haus herum, und sein Herz beruhigte sich nach und nach. Vor allem fehlten ihm die Geräusche, die Geräusche eines anderen Menschen, der atmete und herumlief, Radio und Fernseher waren da kein großer Trost.
    »Hast du die Zeitung gelesen?« brummte er etwas später. »Da ist ein armes Mädel in seinem eigenen Bett umgebracht worden. Dem Typen sollte man ein Stück Holz in den Nacken knallen. Das arme arme Geschöpf. Eine Frau so zu behandeln, wenn sie sich auf diese Weise mit Bett und allem zur Verfügung stellt, das ist unerhört! Ihr Name kommt mir so bekannt vor, aber ich kann ihn nicht einordnen, hast du über den Fall gelesen, Eva? War das eine, die wir gekannt haben?«
    »Nein!« rief Eva aus der Küche.
    Ihr Vater runzelte die Stirn.
    »Nein, nein. Wie gut. Wenn das eine Bekannte gewesen wäre, dann hätte ich den Kerl ausfindig gemacht und ihm ein Stück Holz in den Nacken geknallt. Die einzige Strafe, die der kriegt, ist doch Fernseher auf dem Zimmer und drei Mahlzeiten pro Tag. Ich meine, fragt denn überhaupt jemand danach, ob die bereuen?«
    »Das ist bestimmt der Fall.«
    Eva band den Müllsack zu und ging zur Tür. Sie mußte jetzt auf der Hut sein.
    »Bei der Urteilsbemessung ist es wichtig, ob jemand bereut oder nicht.«
    »Ha! Dann könnten die doch wie wild bereuen und billig davonkommen!«
    »So leicht ist das sicher nicht. Dafür gibt es doch Fachleute. Die sehen, ob jemand lügt.«
    Ihre eigenen Worte ließen sie erschauern.
    Dann ging sie aus dem Haus, und er hörte, daß sie sich am Deckel der Mülltonne zu schaffen machte. Er wartete noch eine Weile, aber sie kam nicht wieder ins Haus. Die Kleine hat irgendwas, überlegte er, irgend etwas läuft da ab, was ich nicht wissen soll, ich kenne sie gut genug, um zu wissen, daß sie mir etwas verheimlicht, das ist wie damals, als Frau Skollenborg gestorben ist, da war sie total hysterisch, ganz unnormal, die Alte war doch fast neunzig, und die Kinder konnten sie alle nicht leiden, aber sie war ja auch eine fiese Kuh. Irgendwas hat damals auch nicht gestimmt. Und jetzt treibt sie sich zum Beispiel im Keller herum, was zum Kranich macht sie bloß da unten?
    Dachte er, während er sich mit einem Wegwerffeuerzeug abmühte, das nicht anspringen wollte, er rieb es mit seinen trockenen Händen so lange, bis sich das Gas genügend erweitert hatte, daß er endlich Feuer bekam. Er schaffte es bis zu zehnmal, einem im Grunde leeren Feuerzeug Feuer zu entlocken. Als Rentner lernt man wirklich das Sparen, dachte er.
    »Was willst du zum Filet haben«, fragte Eva, die endlich mit einer feuerfesten Form in der Hand aus dem Keller kam.
    »Was willst du damit?«
    »Die hab’ ich im Keller gefunden«, antwortete sie schnell. »Ich will Gemüse darin backen.«
    »Wird Gemüse denn nicht gekocht?«
    »Doch, in so einer Form. Ißt du gern Brokkoli? Bißfest, mit Salz und Butter?«
    »Sieh mal nach, ob ich noch genug Rotwein habe.«
    »Du hast jede Menge. Ich wußte ja gar nicht, daß du im Keller noch ein zusätzliches Lager hast.«
    »Das ist für den Fall, daß ich meine Haushaltshilfe verliere. Man weiß ja nie. Die Gemeinde will unbedingt sparen, in diesem Jahr sollen es zwanzig Millionen sein.« Er zog heftig an seiner Zigarette, um zu signalisieren, daß er keine Kommentare

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