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Eve & Adam (German Edition)

Eve & Adam (German Edition)

Titel: Eve & Adam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Applegate , Michael Grant
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endlosen Streitigkeiten der beiden, an das eisige Schweigen zwischen ihnen. Kann es sein, dass sie sich trotz all der Dramen doch geliebt haben? Hat er etwas in ihr gesehen, was ich nicht sehe?
    Ich ziehe meine eigene Zeichnung aus der Jeans. Die Faltstellen sind verschmiert. Ich vergleiche das Bild mit dem Porträt meiner Mutter, studiere Striche und verwischte Flächen und bearbeite es in Gedanken mit einem Stift.
    »Was machst du da?«
    Aislin tritt neben mich. Sie ist immer noch übel zugerichtet, aber trotzdem auf ihre Art schön. Um sich vor der Kälte zu schützen, hat sie die Arme um den Oberkörper geschlungen. Sie legt den Kopf auf meine Schulter.
    »Lass uns rausgehen«, schlage ich flüsternd vor. »Ich will Solo nicht wecken.«
    Sie grinst. »Nein?«
    Draußen weht ein frischer Wind, der nach Fisch riecht. Ich sehe auf das Wasser hinunter. Ein Seelöwe blickt hoffnungsvoll zu uns herauf. Bestimmt erwartet er ein Frühstück. Keine Ahnung, ob die Seelöwen in der Bucht überhaupt noch Fische fressen. Wahrscheinlich warten sie bloß noch auf Reste von Burgern oder Enchiladas.
    »Ich habe nichts für dich«, sage ich und zeige ihm meine leeren Hände.
    Der Seelöwe taucht mit einer geschmeidigen Bewegung unter und verschwindet.
    »Du solltest noch schlafen«, sage ich zu Aislin.
    »Hm-hm, nur dass ich Dinge, die ich tun sollte, äußerst ungern mache.«
    Ich lächle. »Das habe ich gemerkt.«
    »Ganz im Gegensatz zu dir.«
    »Wirklich?« Ich bin mir da plötzlich selbst nicht mehr so sicher.
    »Die Bilder auf deinem Laptop waren ziemlich schrecklich«, sagt Aislin. Es klingt fragend, sie fühlt mir auf den Zahn.
    »Ja, wie aus einem Horrorfilm.«
    »Was wirst du jetzt tun?«
    Ich seufze laut. »Weiß ich noch nicht. Deiner Meinung nach tue ich ja immer das Richtige. Aber was ist das Richtige?«
    Aislin lacht. »Das fragst du ausgerechnet mich?«
    Ich sehe sie an. »Was du tust, ist vielleicht nicht immer gut, aber du bist ein guter Mensch. Tief im Herzen bist du das.«
    Sie drückt mir die Hand, glaubt mir aber nicht.
    »Also sag, Aislin, was soll ich tun?«
    Sie seufzt ebenfalls, ein Echo meines Seufzers. »Es ist verdammt schwer, sich gegen die eigene Familie zu stellen.«
    »Meine Mutter hat nichts anderes verdient. Wenn sie wirklich dafür verantwortlich ist.«
    Aislin lacht bitter. »Weißt du noch, als mein Dad diese Freundin hatte, Lainey, und meine Mom ihn vor die Tür setzte? Nach einer Weile durfte er wieder bei uns einziehen. Meine Mom hat ein Alkoholproblem, aber er liebt sie trotzdem. Und mich werfen sie nicht raus, obwohl ich eine Menge Mist baue.«
    »Sie wissen doch nicht mal, wo du jetzt bist«, erwidere ich. »Deine Eltern sind wirklich ein ganz schlechtes Beispiel.«
    Das klingt hart. Eine gedankenlose Äußerung, die ich bereits bereue.
    »Natürlich wissen sie, wo ich bin«, sagt Aislin ruhig. »Oder zumindest, wo ich war. Ich habe ihnen getextet, dass ich bei dir in der Klinik schlafe. Es ist ja wohl nicht meine Schuld, dass wir von dort fliehen mussten.«
    Ich sollte das Thema abbrechen. Aber ich bin müde und durcheinander – alles super Ausreden. »Ach, entschuldige bitte, dass meine Probleme mich davon abgehalten haben, dir weiterhin den Arsch zu retten.«
    Damit töte ich unsere Freundschaft. Dabei wollte ich mich nie wie eine dumme, reiche Tussi aufführen.
    Ich hasse mich dafür und würde mir am liebsten die Zunge herausreißen. Doch das würde jetzt auch nichts mehr bringen.
    Es folgt ein langes Schweigen. Aislin gibt mir Zeit, meine Worte zurückzunehmen. Aber ich tue es nicht. Warum, weiß ich selbst nicht. Nur, dass ich das Gefühl habe, ihren Zorn zu verdienen.
    Aislin geht zurück ins Gebäude.
    Ich bleibe stehen, umklammere das Geländer und finde es schrecklich unfair, dass ich mich selbst hassen muss, obwohl meine Mutter all meinen Hass verdient hätte.
    Die Tür geht wieder auf und Aislin kommt mit ihrer Handtasche herausgestürmt. Sie eilt an mir vorbei.
    Ich bringe kein Wort heraus, stehe so dermaßen neben mir.
    Es ist mir alles viel zu viel. Am liebsten würde ich auf der Stelle losheulen. Mir fehlt die Kraft, mit noch einer Krise fertig zu werden.
    Ich höre, wie sich ihre Schritte entfernen. Dann ist sie weg.
    Selbstmitleid übermannt mich. Begreift sie denn nicht, wie sehr ich sie jetzt brauche? Weiß sie nicht, was ich durchgemacht habe? Ich wurde fast getötet. Musste erfahren, dass meine Mutter eine Kriminelle ist. Und bin vor einem Verrückten geflohen,

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