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Eve & Adam (German Edition)

Eve & Adam (German Edition)

Titel: Eve & Adam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Applegate , Michael Grant
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geboren. Diese Erkenntnis erschüttert mich. Ich bin eben erst zur Welt gekommen. Aber mein Gehirn sagt mir, dass man eigentlich ganz anders geboren wird. Es spricht von Müttern, aus deren Schoß runzlige und schreiende Babys kommen.
    Für mich gilt das nicht. Ich bin bereits erwachsen, kein schwaches, hilfloses Baby. Ich bin groß und stark und ich liebe Evening.
    »Es hat dich schon immer gegeben«, sagt eine Stimme.
    Eine Frau tritt in mein Blickfeld. Sie ist groß und schön, eine glamouröse Erscheinung.
    »Es gibt kein Immer«, erwidere ich. »Nichts ist ewig.«
    »Das Nichts ist ewig«, sagt sie. Sie prüft mich.
    »Nein. Solange es etwas gibt, ist das Nichts unmöglich. Das Nichts kann gar nicht ewig sein. Es macht dem Etwas Platz. Das Nichts, das dem Urknall vorausging, wurde ausgelöscht. Aus nichts wurde etwas.«
    Die Frau nickt. »Schön, du hast die Daten gut verarbeitet. Dein Gehirn ist voll funktionsfähig. Du klingst zwar wie ein frischgebackener Collegestudent, der sein erstes Philosophieseminar viel zu ernst nimmt, aber das ist gut. Es wird Evening gefallen.«
    »Trotzdem würde mich interessieren, wie ich entstanden bin«, sage ich.
    »Betrachte es als Geheimnis«, sagt die Frau. »Wie den Urknall. Im einen Augenblick existiert nichts, im nächsten bereits ein ganzes Universum.«
    »Evening hat mich geschaffen.«
    »Ja, das stimmt. Und du wirst sie jetzt suchen. Und hierherbringen. Dir wird sie folgen.«
    »Wo ist sie?«
    Die Frau verstummt eine Zeit lang. Ich frage mich schon, ob sie mich überhaupt gehört hat. Dann merke ich, dass sie nachdenkt. Sie runzelt die Stirn, kneift die Augen ein wenig zusammen.
    Ihre Miene entspricht den Bildern, die ich für Nachdenken gespeichert habe.
    »Ich habe da so eine Vermutung«, sagt sie schließlich.
    »Und wenn sie nicht mitkommen will?«
    »Keine Sorge, sie wird mitkommen wollen. Es ist schließlich das Schicksal aller Schöpfer, dass sie sich in ihre Schöpfungen verlieben.«

31
    EVE
    Die Dämmerung bricht grau und halbherzig an und es ist saukalt – ein typischer Morgen in San Francisco. Der Nebel hängt nicht mehr so tief wie gestern Abend und es sieht aus, als könnte er sich später noch auflösen.
    Solo kann jeden Moment aufwachen. Und dann wird er mich nach dem USB -Stick fragen und wir werden einen Ort suchen, von wo aus wir die Daten ins Internet stellen können.
    Die Ereignisse, die dadurch ausgelöst werden, sind schrecklich. Schon in meiner Vorstellung. Ich sehe die gepflegten Hände meiner Mutter in blitzenden Handschellen. Ich sehe FBI -Agenten scharenweise bei Spiker einfallen, nach Passwörtern fragen und Computer beschlagnahmen, damit sie von Spezialisten geknackt werden und ihre Geheimnisse preisgeben können.
    Ich sehe meine Mutter im Gefängnis. In einem orangefarbenen Overall.
    Sie hasst die Farbe Orange.
    Ich sehe sie vor Gericht. Natürlich wird sie die besten Anwälte haben. Aber ihre eigene Tochter wird die entscheidenden Beweise zu ihrer Überführung liefern. Dann muss sie zumindest eine Art Kompromiss eingehen. Sie wird die Firma verlieren.
    Die schrecklichen Experimente werden aufhören.
    Aber auch die Arbeit auf Ebene eins. Projekte, die Millionen Menschen helfen und zigtausend Leben retten können. Je nachdem, wie ich mich entscheide, lebt oder stirbt ein Kind in Afrika.
    Diese Gedanken überfordern mich. Ich muss mich auf das konzentrieren, worauf es jetzt ankommt. Ich wurde manipuliert, als Versuchskaninchen missbraucht. Ich bin ein Mod, wie Solo sagen würde. Ein genetisches Experiment.
    Für dasselbe Experiment wurden furchtbare Verbrechen begangen und albtraumhafte Monster geschaffen.
    Ich schließe die Augen und sehe die Monster in ihren Behältern.
    Ich blinzle sie weg und gehe zu den Bildern meines Vaters, die in einem Stapel schräg an der Wand lehnen.
    Einige davon sind wirklich gut. Stillleben, Landschaften, ein paar flüchtig skizzierte Gesichter. Überwiegend Kohlezeichnungen, auch ein paar Aquarelle. Ich finde mich als Baby mit Pausbacken und einem einzigen Zahn.
    Beim letzten Bild erstarrt meine Hand. Es zeigt meine Mutter. Es ist die Ölkreide-Zeichnung, die mein Vater nie vollendet hat.
    Er hat sie immer wieder überarbeitet. Ich sehe förmlich, wie er mit dem Blick und dem Lächeln gekämpft hat.
    Lächeln war nie ihre Stärke.
    Doch aus ihren Augen spricht etwas Verletzliches, der Mund hat etwas Sanftes. Der Urheber dieser Zeichnung hat meine Mutter ohne Vorbehalte geliebt.
    Ich erinnere mich an die

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