Eve & Adam (German Edition)

. Aber darum geht es jetzt nicht.
    Das ist nicht der Grund, warum ich Tommys Blick erwidere und flehe: »Bitte, Dr. Holyfield, Sie müssen mir sagen, was meine Eltern gemacht haben.«
    »Du hast dich zwar in meinen Computer eingehackt, aber viel gelernt hast du nicht.«
    »Wir müssen uns beeilen!«, ruft Dr. Chen. »Ich habe Familie in der Provinz Guangdong!«
    Tommy beugt sich vor, sein Blick ist hart. »Du dummer kleiner Hosenscheißer. Deine Eltern waren Götter für mich. Terra Spiker hat ihnen mit einer Anzeige gedroht und sie aus dem Unternehmen gedrängt. Sonst hättest du jetzt Milliarden, Junge, Milliarden!«
    »Warum hat sie Ihnen gedroht?«, frage ich, obwohl ich die Antwort bereits zu kennen glaube.
    »Denkst du, Adam ist der erste Mensch, den wir machen? Bevor etwas vollkommen ist, müssen Experimente durchgeführt werden. Die Plisskens haben einen kleinen Jungen erschaffen. Golem nannten wir ihn. Er starb an einem winzigen Fehler in seinem Erbgut.«
    »Sein Schließmuskel war auf der Stirn«, erklärt Dr. Anapura.
    »Er hat nicht gelitten«, versichert mir Dr. Gold. »Er wurde praktisch tot geboren.«
    »Nein«, flüstere ich.
    »Es ist nicht so einfach, Gott zu sein«, sagt Tommy und seine Miene verdunkelt sich. Vielleicht eine Erinnerung. Oder Bedauern. »Man kriegt es nicht immer richtig hin. Aber die Plisskens hatten bereits das Logan-Serum entwickelt, ein Mittel, mit dem du dich schnell wieder erholst, wenn ich …«
    Er schlägt mir die Faust ins Gesicht.
    Die anderen schnappen hörbar nach Luft.
    »Die kleine Evening hatte einen Herzfehler«, fährt Tommy in eisigem Ton fort. »Eine Operation wäre sehr gefährlich gewesen. Und die Plisskens hatten das Heilmittel, ein nützliches Nebenprodukt ihrer Forschungsarbeit. Terra schloss einen Handel mit ihnen: ihr Schweigen gegen das Mittel. Aber eines Tages sollten die Plisskens die Firma verlassen. Terra befahl ihnen, ihre Experimente einzustellen.«
    »Sie behaupten also, meine Eltern wären Monster gewesen?« Was ich fühle, zeige ich nicht. Das kann ich nicht und das will ich nicht, auf keinen Fall.
    Aber die einzelnen Puzzlestücke fügen sich langsam zu einem Bild. Einem Bild, das mir alles andere als gefällt.
    Tommy lügt nicht, um mich zu ärgern. Die anderen nicken zu seinen Worten. Sie kennen die Geschichte. Nur ich tappe im Dunkeln.
    Ich bin der Depp.
    »Alles, was du hier unten siehst, ist ihr Werk – und meins. Oh ja, ich weiß genau, was in deinem kleinen Köpfchen vorgeht, Solo. Ich weiß, wie konventionell du denkst. Gott sei Dank sind deine Eltern schon tot, sie würden sonst vor Schande tot umfallen!«
    Meine Eltern waren Monster. Und Terra Spiker?
    »Seht doch, gleich weint er«, spottet Tommy. »Schafft ihn in den Tank! Es wäre doch gelacht, wenn wir ihn nicht etwas gefügiger machen könnten.«
    »Und die Spiker?«, fragt Dr. Gold.
    »Mit der beschäftigen wir uns gleich«, sagt Tommy.
    Ich wehre mich kaum, als ich gefesselt werde. Schlimmer noch, ich habe innerlich bereits aufgegeben.
    Das war noch nie so. Selbst wenn ich beim Boxen gehörig einstecken muss, gehe ich nicht zu Boden, gebe ich mich nicht geschlagen. Aber jetzt habe ich das Gefühl, komplett am Ende zu sein. Und dass ich es verdient habe, in den Tank gesteckt zu werden. Ich war ein Idiot. Ich habe alles vermasselt.
    Ich bin der Sohn von Monstern und hätte Terra Spiker fast in den Abgrund gerissen. Selbst jetzt, während ich weggeschleppt werde, kann ich es noch nicht recht begreifen. Dass sie offenbar doch nicht der schlimmste Mensch der Welt ist.

42
    EVE
    Den Rest der Fahrt über herrscht eine unangenehme Stimmung.
    Ich, die Schöpferin, sitze für mich allein, während meine Schöpfung Adam schüchtern mit Aislin spricht und Aislin ihm genauso schüchtern antwortet.
    Ich, die ich sonst immer so schlau bin, komme mir ziemlich dumm vor.
    Ich denke an meine Mutter, die bald in einem Gefängnis sitzen wird. Ich denke an den rachsüchtigen Jungen, der dafür verantwortlich ist, und dass Adam Solo in jeder Hinsicht überlegen ist.
    Und ich wünschte, Solo wäre hier bei mir.
    Der Bus lässt uns einen Kilometer vor Spiker Biopharm raus. Wir marschieren die steile, kurvige Straße entlang und weichen hin und wieder zur Seite, um nicht von einem BMW überfahren zu werden.
    Aislin und Adam gehen nebeneinander. Es scheint ganz natürlich, dass ich ein paar Schritte vorausgehe.
    Ein Porsche kommt mit halsbrecherischer Geschwindigkeit um die Kurve gerast und fährt