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Eve & Adam (German Edition)

Eve & Adam (German Edition)

Titel: Eve & Adam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Applegate , Michael Grant
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zittern.
    Ist Solo tot?
    »Tommy, Tommy, Tommy«, sagt meine Mutter herablassend, »Ihnen muss doch klar sein, dass sie damit nicht durchkommen.«
    »Bisher bin ich damit sehr gut durchgekommen, Sie Schlampe.« Was er da gerade gesagt hat, scheint ihn selbst zu erschrecken.
    Die Temperatur im Zimmer fällt um zehn Grad. Niemand wagt zu atmen.
    »Ihnen zu vertrauen, war ein Fehler«, sagt meine Mutter bedauernd.
    Tommy schnaubt unwirsch. »Ich habe den Fehler gemacht zu glauben, Sie seien eine Wissenschaftlerin.«
    »Gregor Mendel und Victor Frankenstein sind nicht dasselbe«, gibt Mom zurück.
    Was Tommy mit einem höhnischen Lachen quittiert. »Typisch, gleich Frankenstein ins Spiel zu bringen. Der Vergleich ist so schwach wie Ihr Engagement für die Wissenschaft.«
    »Wissenschaft hat mit Bildung zu tun, Dr. Holyfield«, sagt meine Mutter. »Was Sie tun, zielt auf etwas anderes ab. Ihnen geht es nur um Geld und Macht.«
    »Jetzt kommt wieder die alte Leier mit dem Gott spielen , stimmt’s?« Beim Reden gestikuliert er mit der Pistole. Offenbar sammelt er Mut. Er lässt sich auf das Gespräch ein, weil er noch zögert zu schießen.
    Bitte, bitte nicht.
    Er darf Mom nicht erschießen. Niemand darf ihr wehtun.
    Ich liebe sie doch.
    Und sie mich vielleicht auch.
    Wahnsinn, wie cool sie ist. Kein Wunder, dass Tommy es nicht schafft, den Abzug zu drücken. Meine Mutter ist unantastbar. Sie ist unnahbar und vollkommen – und trotzdem schön. Wie eine Skulptur meines Vaters.
    Meine Mutter hört ihm aufmerksam zu und nickt. Dann geht sie langsam, aber bestimmt um den Tisch.
    Ich sehe sie jetzt ganz. Die Wette gegen mich selbst habe ich gewonnen: Sie trägt Schuhe von Prada.
    Sie tritt vor Tommy. Die beiden sind ungefähr gleich groß, aber irgendwie schafft meine Mutter es auszusehen, als sei sie dreißig Zentimeter größer als er.
    Tommy fuchtelt zwar mit der Pistole herum, aber er kann nicht auf sie schießen. Und es kostet ihn sichtlich Überwindung, nicht vor ihr zurückzuweichen.
    »Das ist doch vollkommen lächerlich«, sagt sie. »Sie wollen wissen, wie es ist, Gott zu spielen? Ich habe es getan und kann es Ihnen sagen. Ich hatte eine Tochter, die im Sterben lag. Und ich hatte das Heilmittel. Ich brauchte nur mit den Fingern zu schnippen – oder vielmehr ein Virus mit veränderter DNA zu spritzen – und sie würde überleben. Mein Mann und ich …« Ihre Stimme bebt leicht, aber außer mir hat es wahrscheinlich niemand mitbekommen.
    »Wir überlegten hin und her, ob wir das durften«, erzählt sie weiter. »Ob wir Gott spielen und ihr Leben mit einem Serum retten durften, das noch nicht klinisch getestet war. Ein Serum, das noch nicht getestet werden konnte, weil ich bei seiner Entwicklung gegen einige Regeln verstoßen hatte.«
    »Ich bin ja so beeindruckt …«, setzt Tommy an.
    »Halten Sie den Mund!«, schnappt meine Mutter. Und Tommy gehorcht.
    Ich blicke auf den Feuerlöscher und auf die Kunstwerke meines Vaters. Den fast bis zur Decke reichenden Mammutbaum.
    Über uns schwebt eine Skulptur, die höchstwahrscheinlich ein Falke sein soll. Man kann ihn an der dramatischen Darstellung von Geschwindigkeit und Raublust erkennen. Der Schnabel ist vier Meter vom Boden entfernt.
    Und nur einen Meter vom Schnabel weg hängt der Blitz aus schimmerndem Stahl und Plexiglas.
    Seine Spitze zeigt drohend auf den Kopf meiner Mutter. Aber sollte sie sich auch nur ein wenig zur Seite bewegen, würde er auf Tommys Kopf zeigen.
    »Also spritzte ich ihr das Heilmittel«, fährt meine Mutter fort. »Und meine Partner« – ihre Stimme trieft nun vor Spott – »sagten, okay, dann wollen wir das auch mit unserem Sohn machen. Der vollkommen gesund war, wohlgemerkt. Sie wollten mich in der Öffentlichkeit fertigmachen, wenn ich dem nicht zugestimmt hätte. Also habe ich nachgegeben. Sie glaubten, sie hätten mich in der Hand.« Sie lächelt angespannt. »Das hatten sie wohl auch. Jedenfalls habe ich mich erpressen lassen. Was nicht besonders göttlich ist, oder?«
    »Die beiden waren Wissenschaftler mit Leib und Seele«, platzt der Computerfreak heraus.
    »Sie waren genial«, stimmt meine Mutter ihm zu. »Und als sie mit einem grünen Schwein ankamen, ließ ich es durchgehen, weil sie vor bahnbrechenden Entdeckungen standen. Aber mit der Zeit begann ich mich zu fragen, ob sie vielleicht doch nicht so genial waren, wie sie glaubten.« Meine Mutter hält kurz inne. »Als sie mir dann diese schreckliche Missgeburt von einem

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