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Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war

Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war

Titel: Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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gelang. Es dauerte ein paar Monate. Ich wartete darauf, dass Leif wieder freikam, damit wir zusammen einen Plan schmieden konnten. Wir beobachteten die Tagesabläufe der Wächter und fanden ein Schlupfloch. Eines Nachts verschwanden wir – nur wir drei.«
    »Ihr drei?«
    Caleb sah auf unsere Hände, die einander hielten, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht, der Anblick schien ihn zu freuen. »Wir nahmen den kleinen Jungen mit, dessen Mutter erschossen worden war. Silas.« Calebs Finger verflochten sich mit meinen und drückten sie fest, während wir weiter dem Pfad folgten.
    »Und dann seid ihr hierhergekommen«, fuhr ich fort und sah ihm weiter in die Augen, als wir die Lichtung hinter dem Höhlencamp erreichten.
    »Das war vor fünf Jahren. Das Camp war schon von einer kleinen Gruppe Jungen errichtet worden und wurde von dem Mann geleitet, dessen Stimme ich in jenen Nächten gehört hatte. Moss. Er rief den Pfad ins Leben. Überall im Westen gibt es sichere Verstecke, die zu Höhlensiedlungen wie dieser führen. Leif, Silas und ich waren zwei Monate lang unterwegs, bis wir hier ankamen, und haben in Häusern der Rebellen geschlafen. Es leben immer noch Menschen außerhalb der Stadt. Sie glauben nicht an das, was der König behauptet, und sie helfen Jungen und Mädchen bei der Flucht.«
    Als er an einem Holzklotz auf dem Abhang zog, kam eine verborgene Tür zum Vorschein. Drinnen war das Camp still und dunkel. Das Geräusch unserer bloßen Füße, die im Gleichschritt über den Boden liefen, gab mir ein Gefühl von Sicherheit.
    »Das hat die Lehrerin also gemeint. Califia – diesen Ort, wo Arden und ich hingehen werden. Auf dem Wasser.« Als ich das sagte, ließ ich Caleb nicht aus den Augen, denn ich erwartete, dass er zusammenfahren oder eine Grimasse schneiden würde – irgendetwas, das mir seine Gefühle über mein Vorhaben, das Camp zu verlassen, enthüllen würde –, aber er verzog keine Miene. Jetzt, da Arden wieder laufen konnte, wenn auch nur durch unser kleines Zimmer, könnten wir in ein, zwei Wochen aufbrechen. Ob ich es schaffen würde zu gehen? Das Höhlencamp einfach so zu verlassen und wie geplant nach Westen zu gehen? Obwohl Caleb direkt neben mir stand, vermisste ich ihn bereits.
    »Ja, das ist noch einer der sicheren Häfen für Waisen und Streuner – der größte«, lautete sein einziger Kommentar.
    »Und Moss?«, fragte ich. »Wo ist er jetzt?«
    Caleb führte mich durch den schwach beleuchteten Tunnel. »Es gab Gerüchte, dass er sich in der Stadt aufhält, aber man weiß nichts Genaues. Meistens hält er seinen Aufenthaltsort geheim, außerdem ist er so viel auf dem Pfad unterwegs, dass man nie weiß, wo er gerade ist. Er versendet immer noch Botschaften, aber wir haben ihn seit einem Jahr nicht mehr gesehen.«
    Hätte ich doch bloß von den Funkbotschaften und dem Pfad gewusst, bevor ich die Schule verließ! Und zwar bevor ich aus unserem Zimmer ging und Ruby und Pip in diesen schmalen Betten zurückließ, wo sie ein letztes Mal unbeschwert schliefen. Vielleicht würde ich eine Möglichkeit finden, ihnen aus Califia eine Nachricht zukommen zu lassen. Eine Möglichkeit, sie zu erreichen.
    Als wir den Eingang meines Zimmers erreichten, spürte ich, wie Calebs Hand meine langsam losließ. Ich roch den süßlichen Geruch nach Schweiß und Rauch auf seiner Haut und bemerkte die Sommersprossen auf seiner Nase und Stirn, wo die Haut sonnengebräunt war. Keiner von uns sagte ein Wort. Stattdessen strich ich mit meiner Hand über seine, beschrieb mit meinen Fingern Kreise auf seinen Knöcheln und Nägeln, zum ersten Mal machte es mir nichts aus, dass sie vor Schmutz starrten. Er legte sein Kinn auf meinen Scheitel und als ich Luft holte, war mir bewusst, dass meine Nase und seine Brust nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.
    »Du hast dich heute wirklich tapfer geschlagen«, meinte Caleb nach einer ganzen Weile. Er drückte meine Hand zum Abschied.
    »Danke, dass du mir Schwimmen beigebracht hast.« Ich machte Anstalten, in mein Zimmer zu gehen, aber ich konnte nicht anders. Ich drehte mich wieder um. Er stand immer noch dort im Türrahmen.
    Ich hatte zugehört, was Lehrerin Agnes gesagt hatte. Ich hatte etwas über die »Illusion von Nähe« und »Die Gefahren von Jungen und Männern« gelernt und über »Die Sanfte Manipulation« gelesen. Doch darunter gab es irgendwo in mir ein tieferes Wissen. Es besetzte einen Platz, den weder Angst noch eine sorgfältige Ausbildung

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