Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war
berühren konnten. Es war die Art, wie Caleb damals im Wald völlig falsch gesungen hatte, wie er einfach den Kopf zurückgeworfen und losgesungen hatte und seine Stimme von den Bäumen zurückgeworfen wurde. Es war das Essen, das jeden Morgen und jeden Abend für uns bereitstand, die unbeholfen zusammengelegten Handtücher und Hemden, das Badewasser, das er ungefragt für Arden heranschleppte.
Ich wusste, vielleicht mit größerer Sicherheit als irgendetwas anderes, dass er ein guter Mann war.
»Gute Nacht, Eve«, sagte er. Beinahe schüchtern senkte er den Blick, dann verschwand er im Dunkeln.
SIEBZEHN
»Ich wette, Aaron schwimmt am schnellsten«, sagte Benny und drückte meine Hand. »Er ist wie ein Fisch.«
Wir standen auf einem Felsvorsprung etwas nördlich des Höhlencamps und suchten den See nach Anzeichen der neuen Jäger ab. Ardens Fieber war überstanden, ihre Wangen hatten wieder Farbe. Sie war noch immer schwach auf den Beinen, aber sie hatte unbedingt mitkommen wollen und ich war froh, dass sie da war, neben mir.
Arden ließ Silas’ kleine Hand los. »Du hast Schweißpfoten«, erklärte sie ihm und wischte sich die Hand an ihren ausgefransten Jeansshorts ab. »Du fühlst dich wie eine Nacktschnecke an.« Sie wischte sie immer wieder ab, dabei zog sie angewidert die Nase kraus. »Was?«, wollte sie wissen. »Was ist daran so lustig?«
»Dir muss es wirklich besser gehen«, lachte ich. Sie hatte das Bett vor weniger als einer Stunde verlassen und ihre Geduld war schon wieder erschöpft. Ich nahm das als gutes Zeichen.
Während ich die übrigen Jungen in der Höhle unterrichtete, hatten Caleb und Leif draußen den ganzen Tag nach Soldaten Ausschau gehalten. Nachdem sie die Gegend für sicher erklärt hatten, brachten sie die neuen Jäger auf die andere Seite des Sees, wo diese ihre schwierige Prüfung antraten. Die neuen Jäger mussten sechzehn Kilometer am felsigen Ufer rennen und sich schließlich in die kühlen Tiefen des Wassers stürzen. Nun würden sie jeden Augenblick um die Biegung geschwommen kommen, wo der Wald aufhörte, und dann den Strand hinaufsprinten. Dort warteten vier Speere mit weißen Steinklingen auf sie, die im letzten Sonnenlicht knochenweiß schimmerten.
Ich sah zu dem Platz am Ufer, wo die Bäume über dem Wasser hingen, an dieser Stelle hatte mir Caleb Schwimmen beigebracht. Gestern Nacht hatte ich geträumt, wir wären wieder im See und würden Hand in Hand auf dem Wasser treiben. Während ich Arden das Höhlencamp zeigte und die Wörter verbesserte, die Benny auf die Erde schrieb, geisterte er mir den ganzen Tag durch den Kopf. Sein Lächeln, seine Finger, die meinen Rücken berührten, mein Sweatshirt, das nach seiner Haut roch …
Kyler, ein groß gewachsener Junge mit orangefarbenen Locken, rannte zum Rand der Klippe. »Da sind sie! Ich kann sie sehen!«, rief er. Er hielt ein kaputtes Fernglas fest, während Benny und Silas an ihm hochsprangen, weil sie es haben wollten, um besser sehen zu können. An der Stelle, wo sich Wasser und Himmel berührten, war ein Fleck, der sich bewegte.
Kurz danach kamen die Jungen hinter den Bäumen hervor, ihre Körper tauchten im Wasser auf und ab wie große springende Fische. Michael war der erste, sein Afro war sogar von dem Felsvorsprung aus zu erkennen.
»Sie sind superschnell!«, stellte Silas fest. Seine Gesichtsbemalung war verschmiert und hinterließ goldene Streifen auf seinen Händen. »Schaut euch an, wie schnell Aaron ist!«
»Los, los, los!«, jubelte Benny. Die Jungen hinter uns hasteten zum Rand der Klippe, die in der untergehenden Sonne rosafarben schimmerte. Ein paar der Zwölfjährigen schlugen im Einklang Stöcke gegeneinander, das Klong! Klong! Klong! wurde lauter und lauter.
Als die Jungen sich dem Ufer näherten, bog ein ramponiertes Kanu hinter ihnen um die Bäume, darin paddelten Leif und Caleb jeweils auf einer Seite. Die Ältesten des Camps folgten in vier weiteren Booten. Ihre Gesichter waren schwarz bemalt, auf den Wangen und Nasenrücken hatten sie Streifen. Als ich Caleb sah, dessen Arme gegen die Strömung ankämpften, durchflutete mich Freude.
Von all den Dingen, die Lehrerin Agnes falsch gedeutet hatte, war mir damals nur eine Sache unsinnig erschienen. »Glück ist die Vorfreude auf künftiges Glück«, hatte sie erklärt, während sie ein Exemplar von Große Erwartungen in der Hand hielt. Ich musste an den Tag denken, als Ruby ein Kätzchen im Gebüsch fand und wir abwechselnd das weiche Fell
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