Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt
leise ich konnte auf den Müll und das zerbrochene Glas.
Ich lief durch die Räume, leuchtete mit der Taschenlampe in die Ecken, um sicher zu sein, dass ich nichts übersah. Ich lief an Betten vorbei und Tischen und Stühlen, langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit. Ich schaute gerade in eines der Ausstellungsbadezimmer, da hörte ich es: ein schwaches Husten. Es kam von rechts, einige Räume weiter. »Hier«, rief eine schwache Stimme. »Eve? Ich bin hier.«
Ich hielt mir die Hand vor den Mund, zu aufgewühlt, um zu antworten. Stattdessen rannte ich durch die Zimmer, mein Herz war so leicht. Caleb lebte. Er war hier. Er hatte überlebt.
Im Näherkommen entdeckte ich drei Kerzen auf dem Boden. Auf dem Bett war der Umriss eines Mannes sichtbar. Ich ging auf ihn zu, doch als ich das Schlafzimmer erreichte, war er nicht allein. Es waren mehrere – insgesamt drei. Einer saß in einem Sessel in der Ecke, seine Haut war gespenstisch bleich. Ein anderer stand im Eingang des Zimmers und versperrte den Durchgang. Sein Gesicht war voller Narben und er trug verdreckte Hosen und dieselben Stiefel, die Missy in Califia beschrieben hatte. Die anderen beiden waren in Uniform, das Wappen des Neuen Amerika prangte auf ihren Hemdärmeln.
»Hallo, Eve«, sagte der Mann auf dem Bett. »Wir haben auf dich gewartet.« Er setzte sich langsam auf und musterte mich, sein Gesicht wurde zur Hälfte durch Schatten verdeckt. Mir stellten sich die feinen Haare im Nacken auf. Ich kannte ihn. Ich kannte diesen Mann.
Seine Augen sahen unter dichten schwarzen Wimpern hervor. Er war jung – nicht älter als siebzehn –, doch sein Gesicht wirkte reifer als an jenem Tag, als wir am Fuße des Berges auf ihn getroffen waren. An diesem Tag hatte ich zwei Soldaten erschossen. Ihn hatte ich laufen lassen, nachdem er die Wunde an Calebs Bein genäht hatte. Ich hatte ihn freigelassen, um ihn nun hier, an diesem seltsamen Ort, wiederzutreffen.
Der Soldat mit dem Narbengesicht verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe mich gefragt, wie lange es dauern würde, bis du die Nachricht erhältst.« Er sah zu den anderen. »Bei den Streunern spricht sich ja alles schnell herum, oder?«
Ich dachte sofort an Arden. Heddy und sie waren möglicherweise an der Tür und versuchten, in das Gebäude zu kommen. Sie waren mir hierher gefolgt, weil ich in meiner Dummheit darauf beharrt hatte. Ich hatte Arden schon einmal in eine gefährliche Situation gebracht. Es durfte nicht noch einmal geschehen. Ich musste sie warnen.
Als der junge Soldat den anderen zunickte, kamen sie auf mich zu. Die Taschenlampe lag schwer in meiner Hand. Ich dachte nicht nach. Als der Bleiche mich packte, holte ich aus und verpasste ihm einen Schlag auf den Wangenknochen. Er taumelte zurück, in den anderen hinein, was mir gerade genug Zeit gab, um zu entwischen. Ich rannte durch das Labyrinth, sprang über Stühle und Tische und zerbrochene Lampen. Ich konnte hören, wie sie immer näher kamen; als ich den Eingang erreichte, klangen ihre Schritte schon ganz nah.
Arden wollte gerade durch die zerbrochene Glastür klettern. Heddy begann zu bellen und wurde immer wilder, je näher wir kamen. Hinter mir hallten Schritte auf dem Betonboden. Heddy bellte noch lauter. Ich rannte immer weiter auf die Öffnung in der Tür zu. Ich sah nicht zurück, als ich mich dagegenwarf und das einzige Wort schrie, das ich herausbrachte.
»Lauf!«
ACHT
Glas schnitt mir in den nackten Arm. Einen kurzen Moment lang war die Welt völlig still. Mein Körper war halb durch die eingeschlagene Tür hindurch. Vor mir lag der verlassene Parkplatz, durch die Ritzen im Asphalt wuchs Unkraut. Heddy knurrte. Verzweifelt packte Arden mich unter den Armen und wollte mich herausziehen. Plötzlich fühlte ich eine Hand um meinen Knöchel; bei dem Versuch des Soldaten, mich in das Möbelhaus zurückzuziehen, bohrten sich Fingernägel in meine Haut.
Heddy schoss durch die Tür neben mir und schlug die Zähne in sein Bein. »Er hat mich«, schrie der junge Soldat den anderen zu. Heddy knurrte, das tiefe grollende Geräusch war weithin zu hören, als sie den Kopf hin und her warf und ihn durch die Hosen hindurch in die Wade biss. Sie riss ihn um und er ließ endlich von mir ab. Als ich mich umdrehte, sah ich ihn zu Boden stürzen, seine Augen waren vor Schmerz zusammengekniffen. »Knallt den Köter ab!«, brüllte er.
Arden zerrte immer weiter, mein Blut durchnässte ihren Ärmel, schließlich war ich
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