Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
Vom Netzwerk:
diesem Zustand zurücklassen!« Ardens Stimme wurde von Schluchzern gewürgt. »Seht ihr nicht, dass sie leidet?«
    Ich zerrte an meinen Fesseln und hätte Arden gern in den Arm genommen, um sie zu trösten. Ihre Haare und ihr Hemd waren nass von ihren Tränen. Doch die Männer beachteten sie nicht weiter, sondern richteten den Blick auf die Rampe, die zur Route 80 zurückführte. Arden warf sich gegen ihre Rückenlehnen und schrie. »Das könnt ihr nicht tun, ihr könnt sie nicht so zurücklassen«, schrie sie. »Tötet sie, bitte, bitte, tötet sie«, wiederholte sie immer und immer wieder, bis sie völlig außer Atem war. Erschöpft lehnte sie den Kopf gegen den Sitz. »Was ist euer Problem? Macht ihrem Elend doch einfach ein Ende.«
    Der junge Soldat legte dem Fahrer die Hand auf den Arm und gab ihm ein Zeichen anzuhalten. Heddys schmerzerfülltes Jaulen war weithin zu hören. Sie leckte sich die Seite, als wolle sie so die Blutung stoppen.
    Der junge Soldat stieg aus und ging über den Parkplatz auf sie zu. Ohne ein Zucken hob er die Pistole. Ich drehte mich weg. Ich hörte den Schuss, sah Ardens verquollenes Gesicht, dann rührte sich nichts mehr und alles war still.
    Als wir davonfuhren, vergrub Arden ihr Gesicht an meinem Hals, ihr Körper wurde von stummen Schluchzern geschüttelt. »Es ist gut, Arden«, flüsterte ich ihr ins Ohr, meinen Kopf an ihren geschmiegt. Doch die Tränen flossen nur noch schneller, ihr Weinen klang unendlich trostlos, während der Jeep gen Osten fuhr, in die aufgehende Sonne hinein.

NEUN
    Fünf Stunden später hielt der Jeep vor einer über zehn Meter hohen Steinmauer, an der Efeu emporrankte. Meine Haut war klebrig von getrocknetem Schweiß und von der Sonne verbrannt, meine Hände und Füße von den Fesseln taub. Ich blinzelte hellwach und alarmiert ins grelle Licht. Monate auf der Flucht, so oft waren wir fast gescheitert und entkommen – nichts davon zählte. Ich war trotzdem hier gelandet. In der Stadt aus Sand.
    »Arden – wach auf«, flüsterte ich und stupste sie in die Seite. Sie war während der Fahrt ein paar Stunden eingeschlafen, ihr Schluchzen war der Erschöpfung gewichen. Ihr Gesicht war rot und zeigte Tränenspuren, ihre Augen waren dick verquollen.
    »Hier ist Stark«, sprach der junge Soldat auf dem Beifahrersitz in ein Handfunkgerät. »Neun-fünf-zwei-eins-acht-null. Wir haben sie.« Ich zuckte zusammen. Wie großspurig er sich gab, jetzt, da er mich mit gefesselten Händen hinten auf der Ladefläche des Jeeps sitzen hatte. Er hatte während der mehrstündigen Fahrt auf dem Beifahrersitz gesessen, dem Fahrer jede Abzweigung angekündigt und, sobald es summte, Funkmeldungen entgegengenommen. Die beiden anderen sahen bei allem, was sie taten, zuerst zu ihm, als warteten sie auf seine Erlaubnis. Nach etwa einer Stunde Fahrt hatten Arden und ich es geschafft, unsere Plastikfesseln zu lockern, und hatten versucht, vom fahrenden Wagen zu springen, doch der Soldat auf dem Rücksitz hatte uns bemerkt und unsere Handgelenke an den Überrollbügel des Jeeps gebunden.
    Man hörte ein Rauschen. »Wir öffnen jetzt das Tor. Sie können hereinfahren«, antwortete eine Stimme durch das Handfunkgerät.
    Ich zerrte am Seil, das durch meine Handfesseln gezogen war. »Sie ist kleiner, als ich sie mir vorgestellt habe«, flüsterte Arden und sah an der Mauer hoch. Ihr Shirt war von der Schulter gerutscht und entblößte den oberen Teil der wulstigen rosa Narbe. »Das ganze Geschwätz über ihre Pracht. Alles Quatsch.«
    Während der ganzen zwölf Jahre, die ich in der Schule verbracht hatte, hatten es die Lehrerinnen und auch die ganzen Radioansprachen, die sie in der Aula laufen ließen, immer wieder betont – die Stadt aus Sand war ein außergewöhnlicher Ort, das Zentrum des Neuen Amerika, eine Stadt mitten in der Wüste, die der König wiedererschaffen hatte. Pip und ich hatten über unsere Zukunft innerhalb der Stadtmauern gesprochen, über die riesigen luxuriösen Wohnungen mit Ausblick auf elegante Springbrunnen, über den Zug, der auf einer Trasse über der Straße fuhr, die Läden voller schöner Kleider und kostbarem Schmuck aus der Zeit vor der Epidemie. Wir träumten von Achterbahnen und Erlebnisparks, dem Zoo und dem hoch aufragenden Palast voller Restaurants und Geschäfte. Das hier hatte nichts von der großen Metropole, die wir uns vorgestellt hatten. Die Mauer war nicht höher als die der Schule und dahinter waren keine glitzernden Hochhäuser zu sehen.
    Das

Weitere Kostenlose Bücher