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Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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waren, konnte ich noch ihr wütendes Getuschel hören, Clara brummte etwas über meine Dreistigkeit.
    Beatrice zog das erste Kleid aus der Schachtel. »Dieses Mädchen will seit Jahren mit Charles zusammen sein. Ihre Zofe erzählt, dass sie mit der Hochzeit nicht klarkommt und Szenen macht und was weiß ich nicht alles.«
    Nachdem Beatrice die schweren Holztüren geschlossen hatte, zog ich mich bis auf die Unterwäsche aus, die Klimaanlage verursachte mir eine Gänsehaut. Ich stieg in das erste Kleid, Beatrice zog den Reißverschluss hoch und drehte mich, damit ich mich im Spiegel an der gegenüberliegenden Wand betrachten konnte. Die Vorderseite hatte einen tiefen V-Ausschnitt, ein durchsichtiger Stoff mit weißer Perlenstickerei umschloss meine Arme und meinen Oberkörper. Als ich am feinen Kragen zog, hätte ich ihn fast zerrissen. »Ich kriege keine Luft«, brummte ich.
    »Da sind noch mehr, meine Liebe«, sagte Beatrice. Sie öffnete den Reißverschluss und nahm das nächste Kleid aus seiner Schachtel. Es war ein bauschiges Gebilde mit einer langen Schleppe, die über drei Meter hinter mir herschleifte. Ich lief am Spiegel vorüber und hasste es, wie das Kleid die blasse Haut meiner Schultern entblößte.
    »Welchen Unterschied macht es überhaupt?«, fragte ich traurig, als Beatrice es wieder wegpackte. »Es ist egal, welches.« Trotzdem wurde noch eines herausgeholt. Und noch eines angezogen. Meine Gedanken drifteten aus dem Zimmer, aus dem Palast und weg von den Kleidern und dem unablässigen Geräusch von Reißverschlüssen, die auf- und zugezogen wurden. Caleb hatte mittlerweile bestimmt einen Stopp auf dem Pfad erreicht. Bald würde er wieder Kontakt mit Moss aufnehmen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er Menschen innerhalb der Mauer erzählen konnte, was passiert war.
    Beatrice knöpfte ein anderes Kleid zu. Es war eng, das Oberteil quetschte meine Brust ein und nahm mir die Luft. »Es tut mir leid, Beatrice«, flüsterte ich. »Kann ich bitte eine Pause machen?«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, seufzte Beatrice und öffnete das Kleid wieder. »Natürlich können Sie eine Pause einlegen.« Sie knöpfte es zur Hälfte auf und erlöste mich, dann gab sie mir das schlichte Trägerkleid, das ich auf dem Weg nach unten getragen hatte. Ich stahl mich zum Tisch und ließ mich auf Claras freien Platz fallen. »Ich bitte die Küche um etwas Eiswasser«, sagte Beatrice und verschwand durch die Tür.
    Die Morgensonne strömte durch das Fenster, sie fühlte sich heiß auf meiner Haut an. Ich stellte mir den Hochzeitsumzug vor, wie ich in dem auf Hochglanz polierten Wagen durch die Stadt fahren würde, die jubelnde Menge, die die Hände über die Absperrungen strecken und gegen gläserne Überführungen klopfen würde. In einer Woche wäre ich Charles Harris’ Frau. Ich würde von meiner Suite in seine ziehen. Ich würde jede Nacht neben ihm liegen, er würde im Dunkeln die Hände nach mir ausstrecken, seine Lippen würden nach meinen suchen.
    Ich starrte auf die Zeitung, halb in den Raum, halb sonst wohin, als mir die dicken Buchstaben ins Auge stachen – PRINZESSINNEN-TEE. Fast dieselben Worte, die Curtis von sich gegeben hatte, standen nun direkt vor mir auf einer der Rückseiten der Zeitung.
    Die Seiten mit den Werbeannoncen waren der einzige Ort, an dem die Bürger einander Nachrichten schicken konnten. Dort handelten oder verkauften sie mit Zustimmung des Königs Dinge, die sie angefertigt, in die Stadt gebracht oder dort erworben hatten. Ich fuhr mit den Fingern über die fett gedruckte Schrift und wusste sofort, was es war. Der Pfad benutzte oft kodierte Nachrichten zur Kommunikation. Ich erinnerte mich an das, was Caleb im Gefängnis gesagt hatte, als er sich vorgebeugt und mir etwas ins Ohr geflüstert hatte. Du bist nicht die Einzige, die in der Zeitung steht. Ich dachte an Curtis’ Gesicht im Speisesaal. Er hatte zur Seite geblickt, während er mit mir sprach, seine Stimme war angespannt gewesen. Es war merkwürdig, dass er nur diese beiden Worte gesagt hatte und weiter nichts. Jetzt ergab alles einen Sinn.
    Ich sah auf die klein gedruckte Beschreibung des Tees – vier Schachteln waren in einem alten Lagerhaus in den Außenbezirken gefunden worden. Die Werbung nannte das Jahr, das Datum, an dem sie gekauft worden waren, die Marke und die Stadt, aus der sie stammten, und den gewünschten Preis. Perfekt, um die königliche Hochzeit zu feiern, lauteten die letzten Zeilen. Genießen

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