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Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Titel: Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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Hände und Füße wurden kalt. Ich lag da und zwang mich dazu, nichts zu sagen, zwang mich, die Geheimnisse für mich zu behalten, die zu wahren ich versprochen hatte. Aber ich wusste noch etwas anderes – vielleicht ebenso sicher, und der Gedanke raubte mir den Atem.
    Das hatte er nicht verdient.

SIEBEN
    Mein Vater kam nicht zum Frühstück. Ich wartete, während der Sekundenzeiger seine langsame Runde ums Ziffernblatt drehte, einmal und noch einmal. Zwei Minuten verstrichen. Der König kam immer um neun, nicht eine Sekunde später. Und doch stand dort der leere Teller, lag dort das unberührte Besteck.
    »Eine Minute noch«, sagte Tante Rosie mit einem Kopfnicken in Richtung seines Stuhls. Wassertropfen rannen an der Außenseite seines Glases herab und sammelten sich auf dem Tisch zu einer Pfütze. Ich schob mein Rührei auf dem Teller herum, während ich versuchte, Clara und Charles nicht anzusehen. Ich hatte in der vergangenen Nacht kein Auge zugetan. Nun, da ich hier saß, hatte ich das Gefühl, von Geistern umgeben zu sein. Die Belagerung würde morgen beginnen, hatte Moss gesagt. Sobald die Verstärkung aus den Kolonien eintraf, würden sie den Palast binnen einer Woche einnehmen können. Dieser Plan – unser Plan – erschien nun so viel komplizierter. Ganz egal, auf wessen Seite ich stand, ganz egal, welche Versprechen gegeben worden waren: Wie konnte ich sie alle hier zurücklassen?
    Clara spielte mit ihrem strohblonden geflochtenen Zopf. »Du weißt nicht, wo er ist?«, fragte sie und unsere Blicke trafen sich. Wir hatten seit dem Empfang nicht mehr miteinander gesprochen, wo sie Charles und mir gratuliert hatte, als hätte sie nicht miterlebt, was am Morgen geschehen war. Sie versuchte immer wieder, meinen Blick einzufangen, und ich wusste, dass sie unbedingt mit mir sprechen wollte. Vergangenen Abend hatte ich einen Bogen um ihr Zimmer gemacht, aus Angst, sie könnte mich hören und erneut nach dem Messer und dem kleinen Beutel fragen, die ich in meiner Tasche verborgen hatte. Sie lagen auf dem Bücherregal bereit, damit ich sie mitnehmen konnte, wenn ich heute Abend den Palast verließ.
    Charles drehte seine Gabel in seiner Hand und rieb mit dem Daumen über das Silber. Ich beobachtete diese einfache Geste, während ich tief einatmete, um die Übelkeit zu unterdrücken. Es hatte begonnen. Mein Vater war bereits krank. Das war der einzige Grund, weswegen er nicht hier war. Moss hatte gewollt, dass die Vergiftung so lange wie möglich unentdeckt blieb. Er hatte gehofft, dass die Krankheit die Ärzte verwirren würde, sodass die Rebellen, während die Ärzte einen Test nach dem anderen durchführten, ungehindert auf die Stadt vorrücken konnten.
    »Ich sehe mal nach ihm«, sagte ich und ließ den Blick über den Tisch schweifen. »Ihr könnt ohne uns anfangen.«
    Clara sah zu, wie ich den Raum verließ. Ich wagte nicht, sie anzusehen. Stattdessen hielt ich die Augen auf die Tür, dann in den Flur vor mir gerichtet, auf die Stelle, an der dieser in die Suite meines Vaters mündete. Ich klopfte an das Holz und ließ meine Hand einen Moment dort liegen, denn ich war noch nicht bereit hineinzugehen. Ich hörte das entfernte Murmeln von Stimmen. Dann erklangen Schritte, als jemand sich der Tür näherte.
    Der Arzt öffnete die Tür gerade weit genug, dass ich sein Gesicht sehen konnte, nicht aber den Raum hinter ihm. Seine Brille war die Nase hinabgerutscht, seine Haut schweißnass. »Ja, Prinzessin Genevieve?«
    »Kann ich reinkommen?« Ich trat einen Schritt auf ihn zu, doch er machte keine Anstalten, mich einzulassen. Er hob einen Finger und verschwand für einen Moment, wobei er die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Weiteres Gemurmel ertönte. Ich hörte meinen Vater husten. Dann ging die Tür wieder auf.
    Die Suite sah noch genauso aus wie am Vortag, jede Oberfläche war glänzend poliert und die großen Fensterscheiben gaben den Blick auf die glitzernde Stadt zu unseren Füßen frei. Doch ein bitterer Geruch hatte sich über alles gelegt. Der Geruch nach Fäulnis und Schweiß traf mich mit voller Wucht, sodass mir die Galle aufstieg. Ich schluckte und hielt mir die Hand vor die Nase.
    Der Arzt stand auf der Türschwelle zum Schlafzimmer meines Vaters, wo er darauf wartete, dass ich eintrat. Ich hob mein Schultertuch vors Gesicht, als ich den dämmerigen Raum betrat. Die Vorhänge waren nur einen Spaltbreit aufgezogen. Ein schmaler Lichtstrahl fiel auf den Boden und das Fußende des Bettes.

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