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Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Titel: Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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ausgestoßen worden waren, gehört hatte. Lass es ein Ende haben.

ACHT
    Der Tag neigte sich dem Ende zu. Über uns erstreckte sich der Himmel, ein blassorangefarbenes Zeltdach mit nur einer kaum zu erahnenden vorbeiziehenden Wolke. Ich drückte den schmalen Henkel der Porzellantasse zwischen meinen Fingern. Clara hatte gewollt, dass ich mitkam. Nachdem ich sie den ganzen Tag gemieden hatte, hatte sie mich schließlich in der Galerie des Palastes gefunden und auf einem Spaziergang auf der Hauptstraße bestanden. Ich konnte mich nicht überwinden, etwas zu sagen, weder als wir an den alten Gärten des Venetian vorbeigingen, noch als wir eines der Hotels passierten, die inzwischen in Apartmenthäuser umgewandelt worden waren. Sie wartete, ihre Schritte im Gleichklang mit meinen, aber wir mussten erst das Dachrestaurant am Ende der Straße erreichen, bevor eine von uns den Mut aufbrachte zu sprechen.
    »Sag es mir einfach«, flüsterte Clara. Sie legte ihre Hand auf meine und ließ sie dort liegen. »Hast du irgendwas damit zu tun, was deinem Vater zugestoßen ist? Es heißt, sein Zustand verschlechtere sich.«
    Ich betrachtete ihren blutroten Nagellack, den Daumennagel, der an der Seite eingerissen war. Die Tische um uns herum waren leer, aber es waren immer noch rund fünfzig Leute auf dem Dach, die nach dem Mittagessen noch eine Pause einlegten. Ein älterer Mann mit krausem grauem Haar saß einige Meter entfernt und warf gelegentlich einen Blick zu uns herüber, bevor er sich wieder in seine Zeitung vertiefte.
    »Ich war gestern ziemlich durch den Wind.« Ich zuckte mit den Schultern. »Du hättest nicht sehen dürfen, was du gesehen hast.«
    Sie lehnte sich vor, beide Ellbogen auf den Tisch gestützt, und schlug die Hände vors Gesicht. »Ich weiß nicht, was ich noch tun muss, damit du mir vertraust. Ich habe jedes deiner Geheimnisse für mich behalten.«
    Ich beobachtete die beiden Soldaten hinter ihr. Sie waren uns hierher gefolgt und saßen nun an einem Tisch in einer Ecke des Restaurants, wo sie die winzigen dreieckigen Sandwiches mit einem Bissen verschlangen. »Das ist es nicht«, sagte ich. »Ich kann es einfach nicht.«
    Die Kellnerin, eine ältere Frau mit einer verkratzten Brille, blieb an unserem Tisch stehen, um unsere Tassen aufzufüllen. Wir schwiegen, während sie sich über uns beugte. Hin und wieder blickten die Leute von ihren Tellern auf und drehten sich zu uns um, um zu sehen, was wir so trieben. Für den Nachmittagstee waren wir so eindeutig zu vornehm angezogen, dass es beinahe komisch wirkte: Clara trug eine Robe, die in der Taille ausgestellt war, und dazu reich verzierte Rubinohrringe, die ihr fast bis auf die Schulter reichten. Dank Alinas Hartnäckigkeit hatte ich den Kopf voller Locken, von denen ein Teil in meinem Nacken zusammengesteckt war. Das Oberteil meines marineblauen Kleides war hauchdünn und die netzartigen Ärmel saßen hauteng und boten nur wenig Schutz vor der abendlichen Kühle. Clara sah mich nicht an, sondern wartete, bis die Frau sich wieder über das Dach entfernte.
    Sie wandte den restlichen Tischen den Rücken zu und starrte hinaus auf die Stadt, darauf bedacht, dass niemand ihr Gesicht sah. »Du wirst uns verlassen, nicht wahr.« Das war eine Feststellung, keine Frage. Sie rang sichtbar um Fassung.
    »Ich kann das jetzt nicht …«, setzte ich an, aber meine Stimme verlor sich, als ich sie beobachtete. Sie biss auf einen ihrer Nägel und verdrehte ihn, als wolle sie ihn ausreißen.
    »Ich hab solche Angst.« Sie sagte es so leise, dass ich sie kaum hörte.
    In mir zerbrach etwas. Sie würden alle umkommen, wenn ich sie hier zurückließ. Moss würde der Einzige im Palast sein, der das würde verhindern können, doch ich fragte mich, ob er das wirklich tun würde. Ich brachte es nicht noch einmal über mich, ständig zurücksehen und mich fragen zu müssen, ob ich nicht irgendetwas hätte tun können, um sie zu retten. Ich senkte den Kopf und hielt unauffällig die Hand vors Gesicht, um es vor den Blicken der anderen abzuschirmen. »Wir sollten hier nicht darüber reden«, sagte ich.
    Es war so viel einfacher abzuhauen, nicht wahr? Ich sah meinen Vater in mir, die schweigsame, feige Seite an ihm, die ihn dazu gebracht hatte, die Briefe meiner Mutter nicht zu beantworten und uns eingeschlossen in diesem Haus zurückzulassen, wo wir dem Tod entgegensahen. Er würde immer ein Teil von mir sein, ob er lebte oder starb.
    »Ich werde dich vielleicht nicht mitnehmen

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