Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
fragte sie. Sie warf einen Blick hinter uns, auf die Menge, die sich in die Außenbezirke zerstreute. Der Himmel über uns war von einem erdrückenden Grau; krachender Donner rollte herein.
»Ich muss gehen«, antwortete ich. »Sie sind hinter mir her.« Erst jetzt erkannte ich, dass ich weinte, und wischte mir über die Wangen. Ich drückte ihre Hand und fühlte ihre Wärme in meiner, dann wandte ich mich ab und ging die Straße in Richtung Süden entlang.
Ich verlor mich im unsteten Strom der Menschenmenge. Ich erhaschte einen Blick auf die Springbrunnen vor dem Bellagio, auf zwei ältere Frauen vor mir, die sich an den Händen hielten, auf einen Mann, der seine Mütze an seine Brust über sein Herz drückte.
Gerade als ich den Turm des Cosmopolitan hinter mir gelassen hatte, holte Clara mich ein. Ihre beschleunigte Atmung beruhigte sich, als wir in Gleichschritt fielen. »Ich komme mit dir«, sagte sie.
Ich warf einen Blick über die Schulter, aber es waren keine Soldaten zu sehen. Ein Donnerschlag ließ den Himmel erbeben und aus den Wolken fielen die ersten schweren Tropfen auf uns herab. Die Leute vor uns hielten sich die Jacken über den Kopf, um sich vor dem aufkommenden Regen zu schützen. Ich strich mein Haar nach vorne ins Gesicht, um mich vor einem Soldaten zu verbergen, der östlich von uns, gleich hinter den Absperrungen stand. »Jetzt, da die Belagerung beendet ist, wird dir nichts passieren. Du brauchst nicht mitzukommen, du –«
»Ich will hier nicht länger leben«, sagte sie. »Nicht so.« Sie warf einen Blick zurück zum Palast, wo das hölzerne Podest immer noch zu sehen war. Zwei weitere Leichen wurden gerade von den Seilen geschnitten.
»Du kannst nicht mitkommen«, widersprach ich. »Sie wissen, was ich getan habe. Wenn sie dich bei mir finden, werden sie dich auch töten.« Ich beschleunigte meine Schritte und wandte mich nach rechts, um die Hauptstraße zu überqueren, wo sich die Menge langsam verlief. Der Tunnel konnte höchstens noch drei Kilometer entfernt sein. Ich würde die Stadt innerhalb einer Stunde verlassen können, selbst wenn ich mich durch die Außenbezirke schleichen musste, um die ungeschützten Straßenabschnitte zu vermeiden.
»Was wäre denn die Alternative?«, fragte Clara. Sie hielt Schritt, ohne mich auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Hier bleiben? Auf den nächsten Angriff warten? Warten, bis sie mir mitteilen, dass sie dich gefunden haben? Du kannst nicht alleine gehen, Eve.« Der letzte Teil ihres Satzes schien eine Frage zu beinhalten, als wolle sie sagen: Warum sollte ich das zulassen?
Ich blieb stehen und umarmte Clara. Ich vergrub mein Gesicht an ihrem Nacken und hielt mich für einen Moment an ihr fest, bevor ich sie wieder losließ.
»Der Tunnel ist im Süden«, flüsterte ich, während ich sie durch eine schmale Gasse voller verbarrikadierter alter Geschäfte führte, deren Wände mit Graffiti beschmiert waren. WIR SIND EINE FREIE STADT stand dort in roter Farbe. Ohne Moss war es unmöglich abzuschätzen, ob der Tunnel sicher war oder ob die verbliebenen Rebellen ihn zur Flucht nutzen würden. Aber was hatten wir für eine Wahl?
Ich hielt mir die Hand vors Gesicht und versuchte, durch den Mund zu atmen, um den Gestank abzumildern, der von der Straße ausging. Eine Leiche lag mit dem Rücken zu uns in der Asche einer ausgebrannten Ruine. Eine dünne Plastikjacke war mit dem Skelett verschmolzen.
Wir liefen weiter, angetrieben vom Motorengeräusch eines Jeeps, dessen Reifen Staub und Sand aufwirbelten, als er auf der Straße hinter uns vorbeischoss. Es begann zu regnen. Einige Bewohner der Außenbezirke suchten in Eingängen und unter den schmalen Überhängen der Gebäude Schutz. Eine Gruppe von Menschen stob auseinander und brachte sich auf einem Parkplatz in Sicherheit, indem sie sich in die ausgeschlachteten Fahrzeugwracks setzten und dort darauf warteten, dass der Sturm vorüberzog.
Ich hielt den Kopf gesenkt und presste die Tasche dicht an meinen Körper. Erst als ich mich umdrehte, um einem weiteren Jeep hinterherzusehen, der in den Außenbezirken verschwand, bemerkte ich das Krankenhaus, keine hundert Meter von uns entfernt.
»Was ist?«, fragte Clara. Sie lief mit unverminderter Geschwindigkeit weiter und ließ mich am Straßenrand stehen. Mit einer Hand schirmte sie ihre Augen ab, um sie vor dem Regen zu schützen.
Ich konnte den Blick nicht abwenden. Jetzt, da die Belagerung beendet war, würden die Mädchen aus der Stadt
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