Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
hinten fallen, sodass der Lieutenant in die Schranktüren in seinem Rücken krachte. Ich hörte das dumpfe Poltern des Aufpralls, dann schnappte der Lieutenant lautstark nach Luft.
Moss rannte auf mich zu. Obwohl seine Hände immer noch mit den Kabelbindern gefesselt waren, gelang es ihm, einen der Soldaten von den Füßen zu reißen. Ich wich zurück und stach mit dem Messer nach dem anderen Soldaten. Als dieser sich zusammenkrümmte, während sich das Blut in seiner Handfläche sammelte, eilten wir zur Tür.
Der Flur vor der Suite war leer. Ich durchtrennte Moss’ Fesseln mit dem Messer und er schüttelte seine Hände aus, um die Blutzufuhr wieder in Gang zu bringen. Wir liefen auf das andere Ende des Flurs zu, zum Treppenhaus, das sich gleich um die Ecke befand. »Dort sind zwei Soldaten postiert«, sagte ich. »Möglicherweise auch mehr.«
Ich konnte sehen, wie er kurz zögerte, bevor wir stattdessen zu den Aufzügen rannten. Die Tür zur Suite ging auf und der Lieutenant erschien am anderen Ende des Flurs. Ich sah seine Waffe, Moss nicht. Moss beugte sich gerade vor, um auf den Aufzugknopf zu drücken; er blickte stur geradeaus und machte keine Anstalten, sich umzudrehen. Die Kugel traf ihn in den Rücken und bohrte sich durch die weiche Stelle zwischen seinen Schulterblättern. Er taumelte vorwärts, dann brach er zusammen. Er versuchte, sich auf den Beinen zu halten, indem er sich an die Wand lehnte.
Gerade als der Lieutenant den Arm ein weiteres Mal hob, öffneten sich die Aufzugtüren. Ich packte Moss unter den Achseln und zerrte ihn in die Kabine, wobei ich unter seinem Gewicht beinahe zusammenbrach. Als ich wieder aufsah, stand Charles neben dem Lieutenant. Seine Faust schloss sich um das Hemd des Lieutenants und zog dessen Hand nach hinten weg. Der Schuss löste sich, doch die Kugel traf nur die Wand neben uns und bohrte sich tief in das Metall. Das Letze, was ich sah, war Charles’ verzerrtes Gesicht, als er mit dem Lieutenant um dessen Waffe rang.
VIERZEHN
Ich hatte Angst davor, Moss umzudrehen, denn ich befürchtete, dass jede Bewegung seine Verletzung nur noch verschlimmern würde. Die Wunde in seinem Rücken blutete kaum. Stattdessen wich sämtliche Farbe aus seinen Lippen und sein Brustkorb hob sich wie bei einem langen, anhaltenden Atemzug. Ich öffnete die obersten Knöpfe an seinem Hemd und nahm ihm die Krawatte ab, damit er leichter atmen konnte. Sein Mund ging auf und zu, wieder und wieder, aber mit jedem Mal langsamer, wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Es fühlte sich surreal an; es war, als betrachtete ich eine seltsame Szene, ohne daran teilzuhaben. Ich versuchte, ihm Luft in die Lungen zu pusten, wie ich es in der Schule gesehen hatte, als eines der jüngeren Mädchen einen Anfall gehabt hatte. Nichts half. Die Kugel hatte ihn mitten in den Rücken getroffen und irgendetwas in ihm zerstört.
Als wir den Fuß des Turmes erreichten, war Moss bereits tot. Ich wusste, ich musste verschwinden, aber ich konnte meine Finger einfach nicht von seinem Handgelenk lösen. Als ob sein Pulsschlag wieder einsetzen würde, wenn ich es nur lange genug festhielt. Ich fühlte die kühle Feuchte seiner Handflächen. Ich sah, wie seine Augen offen blieben und seine Glieder ganz starr und reglos waren. Als ich schließlich aus dem Aufzug trat, wartete ich, bis die Türen hinter mir zugingen und seinen Leichnam hinter sich einschlossen.
Mit gesenktem Blick ging ich an der Reihe von Soldaten vorbei, die am Eingang standen. Die Bediensteten drückten sich immer noch vor den Glastüren herum, um zuzusehen, wie die letzten Gefangenen hingerichtet wurden. Ich zog den Pullover über meine Hände, um das Blut daran zu verbergen. Mir blieben höchstens ein paar Minuten, bevor sie alle alarmiert waren und der Lieutenant am Fuße des Turmes eintreffen würde, um die Hauptstraße abzusuchen.
Ich folgte der langen Auffahrt in Richtung Süden, bis ich zur Straße kam. Mir ging immer wieder durch den Kopf, was wohl passiert wäre, wenn wir die Suite meines Vaters nach rechts und nicht nach links verlassen hätten, wenn ich als Erste bei den Aufzügen gewesen wäre. Was bedeutete Moss’ Tod für den Pfad, wie würden die – »Eve – warte!«, schrie eine vertraute Stimme. »Ich rufe dich schon die ganze Zeit. Warum hast du dich nicht umgedreht?« Ich zuckte zusammen, als sich Claras Hand um mein Handgelenk schloss.
Ihr Gesicht war tränenüberströmt und ihre Nasenspitze leuchtete rötlich. »Du gehst, oder?«,
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