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Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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gesenktem Kopf neben ihr. Sie sagte in sanftem Ton zu ihm, er solle sich setzen. Er setzte sich.
    »Ich habe etwas für dich«, sagte sie.
    Daraufhin hob er den Kopf und warf ihr einen stumpfen Blick zu, der an ihren Augen vorbeizielte und auf ihren Schultern und der Wand dahinter ruhte. Sie wusste nicht, ob der Blick gedankenlos war oder auf schlechten Erfahrungen beruhte.
    Sie zeigte auf die Tüten. Obwohl er leicht in Richtung ihrer Hand nickte, als ob er hineinsehen wollte, rührte er sich nicht.
    »Das sind Medikamente und Essen. Ich dachte, ihr könntet das vielleicht brauchen«, sagte sie. Als er sich immer noch nicht rührte, fragte sie: »Weint dein Bruder viel?«
    Da sah er ihr direkt in die Augen. Offenbar war er unsicher, ob sie das ernst meinte. »Schwester«, sagte er. »Das ist meine Schwester.«
    »Nun, einiges hiervon wird dafür sorgen, dass deine Schwester
nicht mehr weint. Dann können sich alle in der Wohnung ein bisschen ausruhen. Ich glaube, das könnte euch allen guttun.«
    Er reagierte nicht, und sie setzte ihre Geheimwaffe ein. »Ich möchte etwas zurückhaben.« Sie konnte beinahe sehen, wie ein kleines Licht in seinen Augen erlosch. Es brach ihr das Herz. Dieser Junge war nicht missbraucht worden, dessen war sie sich fast sicher, aber er wusste bereits viel zu früh, dass nichts umsonst war.
    Sie beugte sich zu ihm und sagte vertraulich: »Ich möchte, dass du dir das Schiff für mich ansiehst und die Vorräte in den angrenzenden Sektoren zählst. Es gibt riesige Haufen Nahrung, Medikamente und andere notwendige Dinge, und ich traue nicht allen Arbeitern zu, dass sie sie richtig zählen. Du musst vielleicht ein wenig Mathe machen, aber nichts, das du nicht könntest. Ich glaube nicht, dass sie dir erlauben, etwas aus den Regalen zu nehmen, aber du kannst bestimmt nah genug hingehen, um zu zählen.«
    Das Licht kehrte zurück. Er sah ihr in die Augen und nickte eifrig. Das war Arbeit. Der Junge verstand Arbeit.
    »Die Medikamente und die Nahrung werden in meiner Wohnung sein und darauf warten, dass du deine Aufgabe erfolgreich abschließt.« Sie würde ihm nichts im Voraus geben. Das waren schlechte Vorzeichen für jeden Job. Für beide Seiten. »Wenn du fertig bist, klopf an meine Tür. Du kannst mir den Bericht im Flur geben, und ich gebe dir, was du verdient hast.«
    Er nickte schnell.
    »Dann geh!«
    Er rannte davon. Sie hätte schwören können, dass ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht lag.
    Er brauchte den ganzen Abend und den nächsten Tag. Aber am späten Nachmittag, als sie zu ihrer Wohnung zurückging, war er bereits da.
    »Du bist schon fertig?«, fragte sie in nur halb gespielter
Überraschung. In jedem Sektor befanden sich viele Warenstapel. Sie alle zu zählen, wäre schon für viele Erwachsene, die sie kannte, eine Herausforderung gewesen.
    Er nickte. »Ich hatte nichts zum Aufschreiben, aber ich hoffe, das ist in Ordnung. Ich habe mir die Zahlen einfach gemerkt.«
    Er sagte das mit so viel Unschuld und Eifer, dass sie einen Stich schlechtes Gewissen verspürte. Sie hätte ihm natürlich irgendein Datenpad geben müssen.
    Er schien ihre Gedanken zu lesen und sagte: »Es war gar nicht so schwer. Ich musste den ersten Sektor ein paar Mal zählen, aber dann habe ich ein System gefunden und danach war es leicht. Wollen Sie die Zahlen?«
    »Natürlich. Soll ich die Vorräte holen und wir setzen uns wieder auf die Treppe?«
    »Nein, äh … können wir dazu in Ihre Wohnung gehen? Ich verspreche, ich bleibe auch nicht lange.«
    Die Bitte überraschte sie, aber sie stimmte schnell zu. Sie gingen zu ihrem Quartier. Der Junge setzte sich in den Flur neben die Tüte mit den Medikamenten und der Nahrung, die sie ihm versprochen hatte.
    »Ich habe ein Wohnzimmer. Dort gibt es Sitzplätze«, sagte sie in leicht spöttischem Ton zu ihm. Er grinste sie breit an.
    »Schon gut, Miss. Danke. Ich sitze lieber hier.«
    »Na gut.« Sie setzte sich neben ihn. Die Wand in ihrem Rücken war kalt. »Aber bevor wir anfangen, möchte ich deinen Namen wissen.«
    Daraufhin sah er ein wenig ängstlich aus. Sie fügte schnell hinzu: »Ich kann ja schließlich nicht Daten von anonymen Quellen annehmen, oder?«
    Das schien ihn wieder zu besänftigen. »Felarn. Oder einfach Fel.«
    »Was hast du lieber?«
    »Fel, bitte.«

    »Also gut, Fel.« Sie klatschte in die Hände. »Dann lass mal deine Zahlen hören.«
    Fel legte den Kopf in den Nacken und sah an der leeren Wand hoch. Er begann, die Anzahl der

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