Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
herauszuhalten.
    Shandra erwiderte den Blick und sagte leise: »Dreißigtausend. «
    Ralea schloss die Augen. Kopfschmerzen begannen, in ihrem Gehirn zu bohren, und wollten unbedingt heraus. »Wie bitte?«, fragte sie.
    »Das sind die Todeszahlen Ihrer Schichten diese Woche. Ich weiß, dass es sich nicht so anfühlt, aber Sie schreiben sie zu Hunderten in Ihren Berichten ab.«
    »Bitte gehen Sie jetzt«, forderte Ralea ihre Besucherin unvermittelt auf.
    »Viel Glück«, sagte Shandra. »Wir sind immer hier.«
    Ralea hörte, wie sich die Schritte der unliebsamen Besucherin entfernten. Die Tür öffnete und schloss sich. Ralea hielt ihre Augen geschlossen und versuchte, an nichts zu denken. Übelkeit überkam sie.
    Als sie schließlich einen Blick riskierte, bemerkte sie, dass die Lichter im Flur ausgeschaltet waren. Sie seufzte und setzte sich wieder an die Berichte. Dann zögerte sie und hielt den Atem an. In dem eingefrorenen, kristallklaren Moment der Erkenntnis fiel ihr ein, dass die Lichter im Agentensektor niemals ausgeschaltet wurden. Dann bemerkte sie, dass die Dunkelheit an der Tür sich bewegte.

    Mit zitternden Händen zog sie die Schublade auf. Dabei verschüttete sie die Hälfte des Mindflood. Dann erreichte die lebendige und zischende Schwärze sie.

3. Kapitel
    Alles war verschwommen, undeutlich und viel zu hell. Durch den Nebel in seinem mit Spinnweben vollgestopften Kopf versuchte Drem, seine Gedanken in Schwung zu bringen.
    Die Welt um ihn herum war weiß. Das schien ihm ein gutes Zeichen zu sein. Wenn sie schwarz gewesen wäre, hätte er sich immer noch in dem Wrack befunden. War er in einem Wrack gewesen? Er schob den Gedanken für spätere Analysen beiseite. Weiß war die Farbe der Erholung. Er erinnerte sich, dass es auch die Farbe des Todes war – zumindest in einigen Religionen –, aber für die Sani Sabik hatte es keine so weitreichende Bedeutung. Kastanienbraun oder Rostbraun hätte Ärger bedeutet.
    Er vermutete, dass man ihn – zumindest geringfügig – unter Drogen gesetzt hatte. Auch das war gut.
    Sobald er seinen Blick scharfstellen konnte, sah er als Erstes ein goldenes Fläschchen an der Wand. Kurz erfreute er sich an dem Gedanken, dass er sich wieder in der vertrauten Küche befand. Bis auf den Geruch. Es gab hier keinen Geruch.
    Als er ein wenig den Kopf herumdrehte, durchfuhr ihn prompt der schwache Widerhall von Schmerzen. Sein linker Arm war voller Schläuche! Dahinter, in ewig weiter Entfernung, sah er ein helles Fenster. Wo er sich auch befinden mochte – draußen war es Tag.

    Er schloss die Augen, schlief aber nicht. Seine Gedanken waren jetzt in Bewegung geraten. Winzige Erinnerungsfragmente tropften herein. Er war sich nicht sicher, ob er sie untersuchen oder lieber noch eine Weile von sich schieben sollte.
    Eine Stimme zu seiner Rechten sagte: »Wie ich sehe, sind Sie wach.«
    Er öffnete seine Augen wieder und drehte langsam seinen Kopf. Die Schmerzen waren jetzt deutlicher zu spüren.
    Rechts von ihm wurde von einem VidCast ein dreidimensionaler Kopf erzeugt. Der Kopf hatte ein Gesicht. Das Gesicht zeigte ein sanftes Lächeln und hatte angenehme Umgangsformen.
    »Ah, Scheiße«, krächzte Drem. Sein Mund war trocken wie Sägespäne.
    KI-Einheiten gab es in allen Lebensbereichen von New Eden. Normalerweise konnte man sie nicht sehen, und sie waren einem auch nicht bewusst. Es gab nur einen Ort, an dem man ihnen in Form von humanoiden Replikanten regelmäßig ausgesetzt wurde – in Krankenhäusern. Dort arbeiteten sie an Stelle der überarbeiteten und fehleranfälligen menschlichen Ärzte.
    Drem betrachtete das Gesicht. Es war ohne Zweifel das eines Menschen, hatte aber keine charakteristischen Merkmale. Wahrscheinlich war es so konzipiert worden, dass man sich nur an seine vagen und freundlichen Umrisse erinnerte. Das Gesicht schaute zurück. Allerdings hatte er das Gefühl, dass es durch ihn hindurchsah, oder etwas anschaute, das er nicht sehen konnte.
    Er musste fragen, und sei es nur, um sich von anderen Dingen abzulenken. »Ich habe mich das schon immer gefragt … Wie kannst du mich analysieren, wenn du doch nur ein Hologramm bist? Gibt es irgendwo eine verborgene Kamera?« Die Fragen kamen in einem heiseren, phlegmatischen Ton heraus, der Drem bestürzte. Die KI zeigte allerdings keine Regung.
    »Sie sind mit verschiedenen Maschinen verbunden, die alle
Vitalfunktionen messen«, antwortete sie. »Und ja, das Zimmer ist mit Visualisierungsgeräten ausgestattet.

Weitere Kostenlose Bücher