Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
sagte, dass alles in Ordnung kommen würde. Dann begriff er, dass alles vollkommen aus den Fugen geraten war.
    »Haben Sie noch Fragen?«, fragte die KI sanft.
    Er kniff seine Augen fest zu, denn er wollte nicht weinen. »Warum hat er uns nicht alle getötet?«, krächzte er. »Warum hat er mich überhaupt am Leben gelassen? Warum hat er nicht alles an diesem beschissenen Ort in die Luft gejagt, damit es ein für alle Mal vorbei ist?«

    Die KI sagte: »Nach unseren Berechnungen sind ihm die Raketen ausgegangen.«
    Drem lachte und lachte. Dann weinte er, bis die Schläuche in seinem Arm ihn wieder in Schlaf versetzten.
    Kurz darauf begann seine Rehabilitation. Sie war qualvoll. Doch genau das half Drem, die Tage zu überstehen. Er nahm all den unfassbaren Schmerz und die Trauer, die sich in ihm versteckten, und wandelte sie in körperliches Leiden um. Wenn er bis an seine Grenzen und beinahe darüber hinausging, hatte er das Gefühl, etwas erreicht zu haben – als ob er sich in einem Kampf befand, den er nicht einmal verstand. Außerdem musste er zugeben, dass er es mochte, bis an seine Grenzen zu gehen, weil die Schmerzen ihm bewusst machten, dass er noch lebte.
    Er konnte sich nicht gut bewegen. Es war sehr wahrscheinlich, dass sein Zustand sich wieder verschlimmerte – weshalb man ihm bisher kein eigenes Quartier zugewiesen hatte. Die meisten Abende verbrachte er in oder in der Nähe seines Krankenhauszimmers. Manchmal sah er sich HoloVids an. Wenn er Ablenkung brauchte, die ihn noch mehr fesselte, beschäftigte er sich mit den Emulationsprogrammen, die die Militärkolonie anbot.
    »Normalerweise unterliegen die meisten dieser Programme der Geheimhaltung«, erzählte ihm die KI eines Abends. In ihrer Stimme lag ein kaum hörbarer, synthetischer Unterton von Stolz. »Aber Sie sind ein Sani Sabik, ein Überlebender und ein Ehrengast. Ihr Wohlbefinden sticht die Bürokratie aus.«
    »Das ist schön zu hören, obwohl ich nicht weiß, wie ehrenwert ich bin«, sagte Drem. Er versuchte, nicht darüber nachzudenken, dass er damit gewisse Zweifel an der Hoffnung seines Gastgebers zum Ausdruck brachte, er, Drem, könne eines Tages die Daten gewinnbringend einsetzen.
    »Oh, man ist auf Sie aufmerksam geworden. Einige hochrangige
Militärfunktionäre wollen Sie sogar kennenlernen und Ihnen ihre jeweiligen Stationen zeigen«, erzählte die KI ihm. Das war nicht das erste Mal, dass er davon hörte, obwohl die KI das Thema sonst etwas beiläufiger anging. Drem nahm an, dass sie der Meinung war, sie könne mit ihm jetzt etwas offener umgehen.
    »Ich dachte, dass die Blutjäger sich unter normalen Umständen nicht mit dem Rest der Sani Sabik abgeben«, sagte er. Das war zwar keine Frage, verlangte aber dennoch eine Antwort.
    »Ihr Fall hat beachtliches Interesse hervorgerufen, besonders unter den Vertretern unserer Fraktion«, sagte die KI. Drem interpretierte das als diplomatischen Weg, ihm zu sagen, dass die Lamettaträger alles vertuschen wollten. Außerdem sollte er dadurch wohl davon abgehalten werden, in der Öffentlichkeit unbequeme Fragen zu stellen – zum Beispiel, warum die Streitkräfte es zugelassen hatten, dass die ganze Kolonie einem Kapselpiloten zum Opfer gefallen war.
    Er mochte die KI. Sie war ein verbindlicher Begleiter, höflich und kompetent. Gleichzeitig war sie auch ein guter Zuhörer. Ihre Stimme, die so sorgfältig betont artikulierte, war wie das leise Ticken einer Uhr.
    »Wie denken Sie darüber? Geehrt zu werden für Ihre Lage?«, fragte sie ihn. Er zuckte mit den Schultern. Die KI versuchte immer wieder, aus ihm herauszubekommen, welche Wirkung der Angriff auf ihn gehabt hatte. Doch bisher war er allen Versuchen psychologischer Hilfestellung geschickt ausgewichen.
    »Erzähl mir von den Kapselpiloten«, sagte er stattdessen. »Ich weiß, was sie sind, aber erzähl mir mehr über sie.«
    »Was wollen Sie wissen?«, fragte die KI. Sie schien abrupte Themenwechsel nie übelzunehmen. Drem war sich nicht sicher, ob Emotionen Teil ihrer Programmierung waren.
    »Ich möchte wissen, wie sie leben, wie sie sich verhalten.
Wie sie jagen. Sie sind diese mystischen Wesen, zornige Götter der Himmel, aber sie müssen doch irgendwo in der Welt Bindungen haben.«
    »So gut wie keine. Auf den Stationen sind sie mehr oder weniger isoliert. Außerhalb dieser sicheren Umgebung finden die meisten Interaktionen mit Nicht-Kapselpiloten durch das Agentensystem statt.«
    Das erklärte, wie Agenten funktionierten. Sie

Weitere Kostenlose Bücher