Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
wieder und wieder. Ralea hatte das Gefühl, eine Diashow der Evolution zu betrachten.
    Jeder hier, so vermutete Ralea, war ein Spezialist darin, sich von Grund auf zu verändern. Sie hatten die Neuerfindung verinnerlicht. Wenn sie möglich war, wurde sie hier durchgeführt – und das mit mehr Akzeptanz und Lebhaftigkeit als anderswo. Menschliche Kreationen gingen auf allen Seiten an ihr vorbei.
    Sie hatte einen Termin beim Aufrechten Mann, aber bis dahin war noch Zeit. Sie begann, herumzugehen und soziale Kontakte zu knüpfen. Dabei ging sie vorsichtig und überlegt vor. An diesem Ort gab es auf jeden Fall eine Liebe für das Phantastische, auch wenn den meisten die genaue Definition dafür nicht bekannt war. Einige verehrten die entfernte Zukunft. Einige der ausgefalleneren Modifikationen waren der
Beweis dafür. Andere schienen an einer veränderten Version der greifbaren Zukunft zu hängen, in der die sozialen Gebräuche sie nicht mehr zu Außenseitern machten. Ralea hatte allerdings den Verdacht, dass sie dann neue Wege fanden, sich so zu verändern, damit sie sich wieder von den anderen abhoben. Sie hatte das Gefühl, dass ihr einziger Lebensinhalt darin bestand, Idealen nachzujagen, die es einfach nicht gab.
    So sehr Ralea es auch versuchte, das einzige Thema, über das niemand so recht sprechen wollte, war merkwürdigerweise der Aufrechte Mann. Man verehrte ihn ganz offensichtlich, aber es handelte sich um eine beunruhigte Ehrfurcht. Die Gründe dafür wollte niemand darlegen. Sie akzeptierte das und lauschte, während die anderen stattdessen über ihre eigenen Modifikationen sprachen.
    Die Bandbreite menschlicher Zurschaustellung war erstaunlich. Es gab Menschen, deren Körper als Leinwände für zeitlupenartige Stücke dienten. Ihre Haut zeigte farbige Perspektiven mit beweglichen Schauspielern im Vordergrund. Die einfacheren Versionen, die meistens einen kleinen Teil des Körpers bedeckten und fast immer Raumschiffe beinhalteten, trugen Tätowierungen, die sich ruckartig wie Einzelstandbilder bewegten. Sie erinnerten Ralea an Neonblinklichter in schäbigen Bars. Die komplizierteren Tätowierungen bedeckten mehr Haut, und ihre Bewegungen wurden allmählich geschmeidiger. Auch die Themen änderten sich drastisch. Sie gingen weg vom Weltraum und stattdessen hin zur Pflanzen- und Tierwelt. Es schien, als ob unverändertes, natürliches Leben einen nostalgischen Wert hatte. Für jemand, der so tief in der Welt der Modifikationen versunken war, mochte das sogar zutreffen. Ralea liebte die Vorstellung, dass ihr unveränderter Körper den Leuten um sie herum möglicherweise exotisch erschien.
    Andere Modifikationen gingen viel tiefer. Implantate beulten die Haut aus oder wanden sich darunter. Eins bestand aus
einer geraden Reihe kleiner Metallspitzen, die rhythmisch aus dem Unterarmfleisch ihres Besitzers heraustraten. Kurz darauf erkannte Ralea, dass es sich um die ersten Takte einer Rebellenhymne der Minmatar handelte. Andere Modifikationen erweiterten und verlängerten Fühler, die recht bedrohlich aussahen, oft sehr scharf waren und sich teilweise sogar langsam auf der Haut ihrer Träger drehten.
    Es gab Hautveränderungen, die die Haut schuppig oder silbern machten. Einige Male wurde sie von einer vielfarbigen, öligen Patina überzogen. Dann wiederum hatte man sie rau und rissig gemacht oder ihr sogar zottelige Haare eingepflanzt. Die Leute mit rauer, haariger Haut hatten oftmals auch scharfe Zähne.
    Die sogenannten Austauscher brachten Ralea vollkommen aus der Fassung. Teile ihrer Körper – Haut, Haare, Muskelteile und so weiter – waren vollkommen entfernt worden. Einige warteten noch auf den Austausch, sodass die Überreste – offene Wunden und klaffende Löcher – entweder mit durchsichtigem Material versiegelt waren oder sich in glasähnlichen Schläuchen befanden. Dadurch bekam man einen verstörenden Einblick in ihr Innerstes. Sie schüttelte einem dieser Männer die Hand und konnte nicht anders, als sich die Muskeln seiner hautlosen Hand anzuschauen, die sich zusammenzogen und entspannten. Das war wie eine Unterrichtsstunde in Anatomie. Die Vorstellung, dass sie selbst auch so aussehen könnte – und sei es nur für ein paar Sekunden auf dem Operationstisch – , ließ sie erschauern.
    Andere hatten einzigartige Austauschobjekte kreiert, die oft seltsam anmuteten und wie nichtmenschliche Entwürfe wirkten. Einer der Modder hatte seine Schulterblätter durch etwas ersetzt, das wie

Weitere Kostenlose Bücher