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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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ziehenden Wolken, die heute den Himmel verdecken, sieht es noch armseliger, noch einsamer aus. Der schief gewachsene struppige Tannenbaum davor scheint sich wie in Angst vor dem kommenden Winter zu krümmen. „Ich muss mit Céline darüber reden. Vielleicht hat Evelyn ja doch irgendwelche Andeutungen gemacht.“
    „Wir sollten bei der Lottogesellschaft nachfragen. Vielleicht gibt es einen Weg, um an Namen zu kommen, offiziell geht das nicht, das ist mir schon klar“, redet Jana weiter.
    Ich sehe ein gelbes Auto näher kommen. Die Postbotin. Gute Gelegenheit. „Die Postbotin. Oje, sie bleibt nicht bei der Nachbarin stehen. Ich melde mich.“ Kann sein, dass Jana am anderen Ende etwas ratlos ist, aber wenn ich nicht schnell genug starte, dann muss ich sie wohl im ganzen Ort suchen. Ist ja nicht so groß, wäre aber trotzdem mühsam. Ich bringe meinen Honda in Fahrt, das Postauto fährt um eine Ecke, dann um noch eine Ecke. Es ist beinahe finster. Wem bringt sie jetzt noch Post? Was hat sie sonst vor? Ich verlangsame und will mehr Abstand halten. Vielleicht besser, wenn sie nicht merkt, dass ihr jemand folgt. Mira, brems deine Fantasie ein. Warum sollte ausgerechnet die Postbotin Evelyn auf dem Gewissen haben? Jetzt geht es einen steilen Weg bergauf. So eine Postbotin auf dem Land, die trifft auf viele Menschen. Einsame Menschen. Menschen, die, anders als Evelyn, etwas zu vererben haben. Verrenn dich nicht, Mira. Jedenfalls: So eine Postbotin wird ins Haus gelassen. Ihr vertraut man. Sie kann eine Menge auskundschaften. Gab es hier in der Gegend nicht vor Kurzem eine Einbruchserie? Die beiden Polizeibeamten haben davon erzählt. Noch einmal ums Eck. Jetzt ist die Straße nicht mehr asphaltiert. Ein Feldweg. Wo will sie hin? Hier oben sind keine Häuser mehr. Und was, wenn sie einen versteckten Platz braucht, um sich mit jemand zu treffen? Einem heimlichen Geliebten? Dann drehe ich einfach um. – Und wenn sie dich entdeckt? Peinlich, das wäre peinlich. Es ist so dunkel, dass ich eigentlich die Scheinwerfer einschalten müsste. Einsam ist es hier, kaum ein Licht zu sehen. Sie wird auch ohne Scheinwerferlicht bald merken, dass da jemand hinter ihr drein schnüffelt. Dreh um, Mira. Aber ich halte und steige aus. Gehe rasch den Weg entlang, sehe ihr Auto nicht mehr, der Feldweg hat eine Biegung gemacht. Obstbäume, die zu einem Haus viel weiter unten gehören dürften, kein Zaun. Auf der anderen Seite ein abgeerntetes Feld. Seltsam ist es schon, was sie um diese Uhrzeit hier will. Ich hetze um die Biegung. Da. Sie hat das Auto abgestellt. Sie sieht sich um. Ich drücke mich an einen Busch und schreie beinahe auf. Dornen. Viele Dornen. Ruhig, Mira. Sie nimmt ein großes Paket aus dem Kofferraum. Was will sie in dieser Einöde damit? Das ist wohl kein klassischer Zustellversuch. Scheint, als hätte mir wieder einmal der Zufall geholfen. Oder meine feine Nase. Ich schleiche ihr in einigem Abstand nach. Herzklopfen. Da geht ein kleiner Weg vom Feldweg ab. Es ist so dunkel, hat sie den genommen? Geradeaus sehe ich niemanden mehr. Ich blinzle, komme am Postauto vorbei, spähe hinein. Was soll ich hier finden? Der Seitenweg ist fast vollständig verwachsen. Ganz weit unten gehen in einem Haus die Lichter an. Durch Büsche und Bäume lässt sich erahnen, dass dort die letzte Gasse mit Häusern ist. Ich mache noch drei Schritte. Lausche. Starre nach vorn. Widerliches Gebüsch. Ich wische mir einen Zweig aus dem Gesicht. Hoffentlich gibt es hier keine Zecken. – Jetzt, Ende September? Plötzlich ein Stoß. Von hinten drückt mir jemand ein Ding in den Rücken. Ein Rohr. Eine Waffe. Sie hat mich überlistet. Sie hat gemerkt, dass ich sie verfolge. „Was tun Sie hier? Keine Bewegung.“ Die Stimme der Postlerin, eindeutig. Ich hebe langsam die Arme. Kein weiteres Wort. Nur der Druck im Rücken wird schwächer. Soll ich es wagen? Was habe ich sonst für eine Chance? Es ist Wahnsinn. Sie hat schon einmal getötet. Ich muss den richtigen Zeitpunkt erwischen. Vielleicht ist sie kurz abgelenkt. Gibt es da noch wen? Wie soll ich das sehen? Sie steht hinter mir. Ich werde mich fallen lassen und gleichzeitig nach ihren Beinen greifen. Ja. Ich versuche meinen Körper nicht anzuspannen. Es muss aus dem Nichts geschehen. Dass mir so etwas passiert. Jetzt. Jetzt gleich. Der Druck im Rücken ist weg. Ich falle, ich drehe mich, ich fasse nach ihren Beinen, sie hat irgendetwas gesagt. Was? Ist doch egal, es ist die Waffe, auf die ich mich

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