Everlasting
schiefgehen konnte.»
«Gut, dass es nur ein Spiel war.»
Siebzehn Jahre später wurde allerdings aus dem Planspiel Wirklichkeit – das erzählte ich ihr natürlich nicht. Auch nicht, dass die Jahre 2018 bis 2095 im Nachhineinnach diesem Planspiel benannt wurden. «Jedenfalls, Gruppenzusammenhalt kann manchmal alles entscheidend sein. Es gibt Situationen, da ist das Überleben der Gemeinschaft eben wichtiger als das des Einzelnen.»
«Das klingt nicht gerade amerikanisch, oder? Eher asiatisch. Buddhistisch. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass alle bereit wären, das ‹ich› abzuschaffen. Auch nicht für das Wohl der Gemeinschaft.»
«Aber angenommen, das Überleben der ganzen Welt wäre von einem starken Wir-Gefühl abhängig?», sagte ich.
«Wie willst du alle Sprechenden aller Sprachen auf der Welt dazu bringen, die Pronomen der Ersten Person Singular aufzugeben?»
«Es muss ja nicht jede Sprache sein. Ich habe nur vom Englischen gesprochen. Und wenn es in Englisch erst einmal angenommen wird, dann machen es vielleicht die anderen Sprachen nach. Keine Ahnung – es könnte Jahre dauern, Jahrzehnte, Jahrhunderte. Sprache passt sich recht schnell an ihre Umwelt an. Sie verändert sich ständig. Es ist nicht besonders schwierig, Wörter loszuwerden.»
«Aber das ‹ich›?» Das gehört doch zum menschlichen Wesen. Außerdem gäbe es bestimmt irgendwo noch Leute, die das ‹ich› weiter benutzen würden. Ich kann mir kein Glaubenssystem vorstellen, das nicht irgendwo auf der Welt auch Rebellen hervorbringt.»
«Möglich», gab ich zu. «Vielleicht Leute, die sich in die Wälder verkriechen, die dort unter sich bleiben wollen.»
«Und von Nüssen und Beeren und den Pronomen der Ersten Person Singular leben.»
Ich stupste sie in die Seite. «Du machst dich über mich lustig.»
«Jawohl!», sagte sie. «Kein ‹ich› mehr zu benutzen, ist so künstlich. Es klingt gestelzt.»
«Aber nur, wenn du die Sprache so gelernt hast. Wenn nicht, fehlt es dir auch nicht.»
«Nein? Sprich doch mal so.»
«Mal angenommen, du bist mit dem Zug unterwegs, auf dem Weg nach Fischland-Darß, an die Ostsee, für ein verlängertes Wochenende. Und du möchtest gern hören, wie dein Begleiter die Erste Person Singular umgeht.»
«Okay. Ja. Na los. Mach schon. Ich hör zu.»
«Und ihr zwei unterhaltet euch ein Weilchen», sagte ich.
«Jahaaaa.»
«Und dann wirst du allmählich ungeduldig.»
«Ich
bin
schon ungeduldig», lachte sie.
«Weil du darauf wartest, dass dir diese Person endlich vorführt, wie sie die Erste Person Singular vermeiden kann.»
«Bla, bla, bla. Ich warte. Ich warte», sagte Eliana.
«Und du merkst nicht mal, dass der Begleiter die ganze Zeit mit dir geredet hat, ohne sie auch nur ein einziges Mal zu verwenden.»
«Huch!» Elianas Augen wurden schmal. «Hast du sie wirklich nicht benutzt?»
«Kein einziges Mal. Du aber. Vier Mal.»
«Na und? Außerdem denke ich, es –»
«Schon wieder ein ‹ich›!», unterbrach ich sie.
Sie lachte. «Außerdem gibt es», sie gab sich jetzt große Mühe, kein ‹ich› zu benutzen, «ganz sicher Situationen, in denen du es benutzen
musst
. Wo es dir fehlen würde.»
«Zum Beispiel?»
«Zum Beispiel, wenn es um die Liebe geht. Wie willst du sonst ausdrücken, dass du jemanden liebst? ‹Ich liebedich› ist nun mal ‹Ich liebe dich›. Wie kannst du ohne ‹ich› Intimität zwischen Menschen ausdrücken? Die Menschen würden das ‹ich› vermissen, selbst wenn sie nicht wüssten, dass es existiert. Oder sie würden es neu erfinden, weil sie es brauchten.»
«Du denkst, ohne ‹ich› ist es unmöglich, Liebe auszudrücken?»
Sie nickte. «Ja.»
«Tja, man könnte doch sagen –» Hm. Das musste ich mir überlegen. Es war tatsächlich eine schwierige Aufgabe. «Man könnte beispielsweise sagen: ‹Dieser Mann liebt dich, wie noch kein Mann je eine Frau geliebt hat.› Oder wie wäre es mit: ‹Dieser Mann liebt dich, wie er noch nie eine andere geliebt hat.›»
Eliana betrachtete mich einen Moment lang nachdenklich. Aber dann schüttelte sie den Kopf. «Na ja, das war schon nicht schlecht, aber so richtig gut auch wieder nicht. Es ist so unpersönlich.»
Wir schmiegten uns wieder aneinander.
Ich schloss die Augen, spürte, wie ich wegzudösen drohte. «Weißt du, vielleicht vermissen sie es ja nicht», sagte ich. «Vielleicht gibt es gar keine Liebe, da, wo die Menschen die Erste Person Singular nicht kennen.»
«Erinnere mich
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