Everlasting
ich mich mit Sonnencreme einrieb. «Ist auch gut gegen Mallorca-Akne», sagte sie und klatschte sich eine ordentliche Portion auf jede freie Hautstelle.
«Mallorca-Akne?»
«Nennt man das in Amerika nicht so?»
«Ich weiß es nicht genau», sagte ich.
«Sonnenallergie. Die juckt, und man kriegt Ausschlag und Bläschen.»
Ich wünschte, ich hätte Angelika beruhigen können, dass meine Haut – wie die Haut von fast jedem in meiner Welt, sogar die der Forester – von Schädigungen durch ultraviolette Strahlen geschützt war. Aber das ging natürlich nicht, also drückte ich einen Klecks geleeartige Lotion aus der Plastiktube, die sie mir gab, und cremte mich übertrieben sorgfältig damit ein. Leider fing meine Haut sofort an zu jucken.
Mir gefielen die traditionellen Ostseestrandkörbe mit gestreiften Markisen am Dach, kleinen Klapptischen und Fußstützen. Sie waren praktisch und hielten den Wind ab. Vielleicht sollte ich mir so einen für das Haus auf Fire Island anfertigen lassen.
Es gab in der Tat vieles am Strand zu bestaunen, aber das Highlight meines Nachmittags war der junge Mann mit langem, geflochtenem, blondem Haar, der sich mit schweren Schritten durch das Menschengewimmel schleppte, als würde er gleich einen Hitzschlag bekommen. Er trug Sandalen und Pumphosen im türkischen Stil, und er zog einen Karren hinter sich her. Seine Stimme war schwach, und ich musste die Ohren spitzen, damit ich überhaupt verstand, was er verkaufte. «Energiebällchen», hauchte er müde, als er an uns vorbeikam. «Bio-Energiebällchen jemand?» Eliana, Angelika und ich mussten sehr lachen.
Alle warteten gespannt auf die Enthüllung von Roberts Tisch. Nach dem Abendessen führte uns Robert über die Wiese hinter dem Haus zum Geräteschuppen. Als er feierlich die Tür öffnete, roch ich sofort den harzigen Sägemehlgeruch. Er erinnerte mich an Sternwood Forest und die Forester, an meinen Vater und Mannu. Ich hatte den Geruch immer sehr gemocht.
Robert schaltete das Licht ein. Und da stand er: der Tisch. Anscheinend hatte ich aufgekeucht, denn alle starrten mich an.
Der Tisch war aus Kiefernholz, aber ansonsten eine haargenaue Kopie des Walnussholztisches im Wohnzimmer meines Elternhauses auf Fire Island. Die Ähnlichkeit war frappierend. Als Robert uns auch noch die Geheimschubladezeigte, die sich unter der Tischplatte hervorziehen ließ, war meine Verblüffung nicht mehr zu übertreffen.
«Ist dieses Design heutzutage in Deutschland weit verbreitet?», fragte ich stotternd.
Sie lachten.
«Finn», sagte Eliana, die sich bemühte, ernst zu bleiben, «sei vorsichtig, was du sagst. Sonst ist Robert beleidigt.»
«Das Design habe ich mir selbst ausgedacht», sagte Robert stolz. «Und nein, ich bin nicht beleidigt.»
Den Tisch hätte ich ja noch als reinen Zufall abtun können, aber dann kam der Samstag und bescherte mir Schlag auf Schlag eine ganze Reihe von weiteren «Zufällen».
Der Tag war kühl und bewölkt. Eliana fuhr mit ihrem Vater und Robert nach Rostock, angeblich, um Lisa abzuholen, aber da Eliana mich nicht mitkommen lassen wollte, vermutete ich, dass sie mir ein Geburtstagsgeschenk kaufen wollte. Angelika und ich fuhren derweil nach Zingst.
Zingst war ein belebter Badeort mit Touristencafés und Hotels, Ferienhäusern, Geschäften und einer trubeligen Promenade. Angelika lief einer Freundin aus Berlin über den Weg. Ich musste schmunzeln, weil die Frauen wie Zwillingsschwestern aussahen: braungebrannt, große Sonnenbrillen, schwarze Sandaletten, schwarze Sommerkleider, schwarze Strickjacken. Während Angelika mit ihrer Freundin plauderte, bemerkte ich einige Schmuckläden mit großen Angeboten an Ostsee-Bernstein. Normalerweise hätte mich das kaum interessiert, doch mein Blick fiel auf eine Auslage mit Bernsteinringen, von denen einer sehr dem Ring in dem schwarzen Onyx-Kästchen ähnelte.
«Magst du Bernstein?», fragte Angelika, die wieder neben mich getreten war.
«Es gibt da einen alten Bernsteinring, der seit Generationen im Besitz meiner Familie ist, und der Stein sieht genauso aus wie der da», sagte ich und zeigte auf einen Ring aus sehr klarem, sehr goldenem Bernstein. «Nur dass in unserem eine Biene eingeschlossen ist. Unser Stein sitzt in einem Kreis aus kleineren Steinen, genau wie der da, aber es sind nicht verschiedenfarbige Bernsteinstücke wie hier, sondern schwarze Obsidiane.»
«Klingt interessant. Aber der Stein, den du dir da ansiehst, ist aus falschem Bernstein»,
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