Everlasting

dünner und dünner, wie eine ellenlange Spaghetti-Nudel.
Schwupp!
– saugte es ihn in das winzige Loch.
    Und dann war er in einem Tunnel, der weder ein Oben noch ein Unten hatte. Und keine Tiefe. Ein heftiges Schaudern durchschüttelte seinen Körper   … und dann stürzte er ab. Er versuchte, sich an etwas festzuhalten, an irgendwas, am Stuhl, am Hocker, an Rouge (war sie überhaupt da?), aber um ihn herum war nur leerer Raum. Tiefer, tiefer, tiefer fiel er, er würde sterben, das wusste er. Doch dann wurde er jäh herumgerissen und flog wundersamerweise nach oben, schwebte in einem schwerelosen, samtweichen Leerraum aufwärts. Es war, als triebe er in einer Riesenflasche Indigotinte, wie sie seine Mutter früher gehabt hatte. Wie schön. Hier könnte er frohen Herzens sterben.
    Aber dann ein gleißendes Licht. Blitzende Messer durchschnitten den Raum um ihn herum, eine Explosion flirrender Farben. Überall. Und jetzt rückten die Wände näher,von rechts, von links, die Decke senkte sich, der Boden hob sich. Er würde zerquetscht werden, ganz bestimmt!
    Doch dann öffnete er die Augen.
     
    Finn sah eine silberne Wand. Nein. Sie war –
    Ihm war schlecht. Er schloss die Augen.
    Dann öffnete er sie wieder.
    Sie war weiß. Die Wand war weiß.
    Ja. Finn blickte auf eine weiße Wand, auf der in der Mitte von oben nach unten ein schwarzer Streifen verlief. Rechts und links von dem Streifen sah er auf halber Höhe   … Vertiefungen? Seine Augen stellten sich scharf. Ach so. Es war eine Tür, genauer gesagt, zwei weiße Schiebetürflügel. Der Streifen war die Stelle, wo sie sich trafen. Rechts und links davon waren   … Griffe. Er starrte lange darauf   …
    Er saß noch immer, aber jetzt vornübergebeugt, die Ellbogen im Schoß, den Kopf in den Händen. Da war ein leises rhythmisches Klicken dicht an den Ohren. Was war das? Er konzentrierte sich darauf, bis er verstand, dass es vom Sekundenzeiger der antiken Armbanduhr kam, die man ihm gegeben hatte.
    Er schaute an sich herunter. Er trug noch immer die Jeans und die schwarzen Sneaker. Der Boden war grau. Und feucht. Und   … voller Schmutzflecken. Da war eine runde perforierte Scheibe. Ein Gully?
    Wo war er denn eigentlich?
    Und was war das für ein penetranter Geruch? Der Gestank erinnerte ihn an   … Quallen. Ja, an tote Quallen, die an den Strand von Fire Island gespült worden waren und in der heißen Sonne verwesten.
    Er hob den Kopf und setzte sich auf. Ihm war immernoch etwas schwindelig. Erleichtert entdeckte er Rouge rechts neben sich. Sie saß leicht erhöht und sah ihn aufmerksam an. Hinter ihr schien ein Spiegel zu hängen. Waren sie noch im OZI? Oder waren sie schon in dem Spiel? Durfte er sprechen?
    Er schaute nach links. Wieder drehte sich alles. Neben ihm, ungefähr in Hüfthöhe, war eine Stange, vielleicht aus Aluminium. Er hielt sich an ihr fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Etwa einen halben Meter entfernt hing ein Schild an der Wand. Darauf stand in Großbuchstaben CITY TOILETTE.
    Das musste ein Scherz sein.
    Er blickte unter sich. Er saß auf etwas, das tatsächlich eine Toilette sein konnte. Eine sehr primitive. Sie war weiß. Und aus irgendeinem Kunststoff. Sie war –
    Es klopfte. Jemand klopfte an die Tür.
    «Hallo? Ist da einer drin?», hörte er eine Frau rufen – und sie sprach Deutsch! Auf der anderen Seite der Tür war jemand, der Deutsch sprach!
    Jetzt hämmerte die Frau gegen die Tür. «Ham Sie sich selbst im Klo runterjespült oder watt?»
    Zumindest klang es so ähnlich wie Deutsch.
    Finn sah Rouge an. Sie stand jetzt, und er sah, dass sie auf einem Waschbecken gesessen hatte. «Wir müssen hier raus, Finn», sagte sie.
    «Sind wir im Spiel?»
    «Scheint so.» Sie zeigte auf eine übergroße quadratische Taste mit zwei blauen Pfeilen drauf.
    Er las: TÜR AUF.
    «Wollen wir die drücken?», fragte sie.
    «Okay.» Er rappelte sich hoch und drückte vorsichtig darauf.
    Die Türen bewegten sich automatisch.
    «Na endlich!», rief die Stimme von draußen, und dann: «Watt denn –? Zwei?»
    Die Frau sah aus wie einer der Roboter, der den Rubik versorgte, Hildburg, die Haushälterin-BER-M V-Rub 3.   Diese Frau war klein, vollbusig und untersetzt. Und sehr orange. Sie trug einen knalligen orangefarbenen Overall mit weißen Reflektorstreifen an den Ärmeln und quer über der Brust. Ihre Stiefel waren aus schwarzem Gummi. Neben ihr stand eine Kiste, die Finn an die hölzerne Werkzeugkiste seiner Mutter erinnerte,