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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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Bibliothek zu betreten und etwas Erholung von den sensorischen Belastungen zu finden. Wie hatten die Menschen des einundzwanzigsten Jahrhunderts das nur ausgehalten?
    Nur wenige hundert Meter von seinem Ziel entfernt sah er sich jedoch plötzlich einer riesigen kuppelartigen Konstruktion aus Stoffbahnen, Stahl und Glas gegenüber. Einen Moment lang glaubte er, den Verstand verloren zu haben. Wie hatte sich das Vordach des OZI ins einundzwanzigste Jahrhundert materialisieren können? Doch dann wurde ihm klar, dass das Vordach des OZI, Qualle genannt, ein Relikt aus dem Dark Winter sein musste. Er ging in das Areal hinein, mitten unter die Qualle, und schaute sich rasch um.
    Die Qualle erstreckte sich über einen belebten offenen Hof. Die Stimmung war hier ganz anders als die zurückhaltende Atmosphäre des OZI. Die umliegenden Gebäude beherbergten ein Filmmuseum, Kinos, Restaurants, ein Spielzeuggeschäft und einen Elektronikladen, der offenbar Klanggeräte anbot, denn er hieß «Sony».
    Aber es war schon fast 14.30   Uhr. Es war Zeit, Eliana zu treffen.
     
    Der Pförtner an der Zugangskontrolle in der Vorhalle der Bibliothek sah Finn kurz an und winkte ihn sofort weg. «Tut mir leid, aber so geht’s nicht weiter. Nicht damit!» Er zeigte auf Finns Daypack. «Der gehört dahin.» Er deutete auf eine Reihe von Schließfächern.
    Finn wollte sich nicht von seiner Ausrüstung trennen. «Kein Rucksack?»
    Der Pförtner warf ihm einen vernichtenden Blick zu. «Ist das hier ’ne Bibliothek oder ’n Campingplatz?»
    Während Finn noch über die Frage nachdachte, kniff der Mann die Augen zusammen und musterte ihn. «Moment mal! Ich kenn Sie von irgendwoher.»
    Der Mann war glatt rasiert, um die fünfzig, mit klaren blauen Augen und grau meliertem Haar. Finn schüttelte den Kopf. «Aber ich fürchte, ich kenne
Sie
nicht.»
    «Na egal, bitte verstauen Sie das Ding in einem Schließfach.»
    Finn tat es und kam wieder zur Zugangskontrolle. Er wollte gerade durch das mechanische Tor gehen, das aus drehbaren waagerechten Armen bestand, als der Pförtner ihn erneut stoppte. «Ihr Bibliotheksausweis?»
    «Wie bitte?»
    «Ohne Bibliotheksausweis dürfen Sie hier nicht rein.»
    Er schickte Finn zur Anmeldung auf der anderen Seite des Eingangsbereiches. Eine Weile stand er in der Warteschlange, bekam ein Anmeldeformular, doch sobald er sich von dem Schalter abgewendet hatte, fiel ihm ein, dass er ja gar kein Schreibgerät hatte. Also stellte er sich wieder hinten an, bat um ein Schreibgerät und erhielt einen Kugelschreiber von einer Frau, die ihn ergeben anlächelte – vermutlich ertrug sie von morgens bis abends konfuse Studenten. Er füllte das Formular an einem Stehtisch aus, war recht zufrieden mit seinen Schreibkünsten, stellte sich erneut hinten an, erfuhr diesmal, das er seinen Personalausweis vorlegen musste, ging zurück zu den Schließfächern, um seinen Personalausweis aus dem Rucksack zu holen, lief zurück zur Anmeldung, stellte sich noch einmal hinten an und wartete dann geduldig auf seinen Bibliotheksausweis. Mittlerweile beschlich Finn die Befürchtung, dass er Eliana verpassen würde – es war schon kurz nach drei! Vielleicht war sie schon wieder weg. Er hastete zurück zu den Schließfächern, verstaute seinen Personalausweis im Rucksack und stand endlich wieder vor dem Pförtner. «Wo ist bitte der Kartenlesesaal?», fragte er.
    «Zweites Obergeschoss. Wenn Sie oben sind, links. Ganz hinten sehen Sie dann eine Treppe mit einem riesigen blauen Globus am Ende.»
    «Einem Globus?»
    «Die Erde, junge Mann. Ein Riesending. Ungefähr anderthalb Meter Durchmesser. Können Sie gar nicht übersehen.» Er beugte sich vor. «Sind Sie sicher, dass wir uns nicht schon mal begegnet sind?»
    «Ganz sicher», sagte Finn.
    Der Pförtner zuckte die Achseln und ließ Finn vorbei.
     
    Oben angekommen, erkannte Finn auf Anhieb den weitläufigen lichtdurchfluteten Raum. Er hatte als Kulisse für einige Szenen in einem melancholischen Schwarz-Weiß-Zelluloid gedient, der von Engeln handelte, die den Himmel über Berlin bewohnten.
    Wie viele Leser es hier gab! Einen Moment lang war er ganz neidisch. Was könnte seine eigene Europäische Bibliothek doch für ein herrlicher Ort sein, wenn so viele Menschen dorthinkommen und deren Ressourcen nutzen würden!
    Als Finn sich der Treppe mit dem gigantischen blauen Globus näherte, atmete er flacher. Ihm war leicht schwindelig, und seine Hände fühlten sich ganz klamm an. Er hatte

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