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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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Angst   … aber es war eine erwartungsvolle, schwerelose Angst.
    Schon als er die Treppe hinaufging, die Augen auf den Globus gerichtet, nahm er den Duft wahr: Elianas Parfüm! Everlasting! Ja! Sie war hier! Er hatte jetzt die oberste Stufe erreicht. Auf einem Schild stand «Kartenlesesaal». Er ging durch eine Glastür.
    Und   …
    … da war sie.
    Sie saß allein an einem Tisch mitten im Raum, über ein Heft gebeugt, in dem sie schrieb, ihr Haar leuchtete golden in dem Licht, das von oben fiel. Der Raum, auf drei Seiten von einer Balustrade umgeben, schien frei zu schweben, als triebe er auf offenem Meer. Auf dieser Balustrade standen Globen: so viele Erden in so vielen Größen, Erden aus Glas, Holz, Messing und Zink; Leuchtgloben, Reliefgloben und Hightech-Tag-Nacht-Globen. Was für ein bezaubernder Anblick: Eliana saß im Zentrum dieses Universums, und all diese Erden umkreisten sie, ihre Sonne.
    Mit einem Mal hatte Finn das Gefühl, als drehte sich alles um ihn herum. Er hielt den Atem an, wagte nicht weiter zu atmen, zu sprechen, sich zu bewegen, er würde sonst umkippen, vom Rand der Erde stürzen, auf der er gerade noch stand.
    Doch dann blickte sie auf. Und der Ausdruck in ihrem Gesicht, als sich Neugier erst in Erkennen dann in Erstaunen und schließlich in ein unglaublich strahlendes Lächeln verwandelte, weckte in ihm den Gedanken, dass er gar nichts dagegen hätte, kopfüber von der Erde zu stürzen, solange er neben ihr landen würde.
    Und in dem Moment begriff Finn, dass der altertümliche Ausdruck nicht umsonst lautete: «sich Hals über Kopf verlieben».
     
    «Warum hast du nicht angerufen?»
    Die Leute im Bibliothekscafé blickten kurz auf, fühlten sich angesprochen, widmeten sich dann aber wieder ihren Snacks, Getränken, Gesprächen.
    Finn fühlte sich immer noch wie benebelt. Sie hatte ihn durchs ganze Bibliotheksgeschoss gezogen, durch die Tür, und jetzt bugsierte sie ihn zu einem Platz an einem leeren Tisch. Sie hielt noch immer seine Hand. «Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?»
    Finn konnte sein Glück nicht fassen. Er war tatsächlich von der Erde gestürzt und bei ihr gelandet. Sie war etwas aufgebracht, ja, aber sie lächelte, sie strahlte. Ihre Augen, diese leuchtenden schwarzen Augen, lächelten ihn an.
    «Raus mit der Sprache!», sagte sie fordernd.
    «Ich war zu Hause. Ich konnte nicht anrufen», erwiderte er, was natürlich die reine Wahrheit war, auch wenn es noch so lahm klang.
    «Wieso denn nicht?»
    «Wir leben in anderen Welten», sagte er, und auch das war die Wahrheit. «Es hatte keinen Sinn. Außerdem warst du erst fünfzehn.»
    Sie atmete tief ein, und ihre Nasenflügel bebten. Er fand, dass er noch nie Nasenflügel so schön hatte beben sehen.
    «Ich war da. Ich war auf Fire Island, weißt du?», sagte sie.
    «Ja.» Natürlich wusste er das.
    «Was soll das heißen, ja? Du kannst doch unmöglich   –»
    «Ich meine, ja, ja, Eliana, erzähl weiter.»
    «Es war schön, Fire Island. Ich war in New Jersey für vier Monate, und   …» Sie lächelte ihn an.
    Er stützte das Kinn in die Hände. Er wollte ihr ewig zuhören.
    «Und dann   …», sagte sie, stemmte die Ellbogen auf den Tisch und stützte ebenfalls das Kinn in die Hände.
    So sahen sie sich eine ganze Weile lang an. Äonen vergingen. Die Jurazeit ging in die Kreidezeit über, und noch immer betrachteten sie einander staunend.
    «Ich will deine Telefonnummer», sagte Eliana schließlich. «Ich möchte deine Festnetznummer, deine Handynummer, die Nummer von deinen Eltern, deine E-Mail -Adresse, deine Adresse in Europa, die Adressen von deinen Onkeln und Tanten – wo auch immer und wer auch immer die sind. Bist du eigentlich bei Facebook?»
    «Facebook?»
    «Willst du was trinken?» Sie stand auf. «Ich nehme einen Caffè Latte. Und du?»
    «Ich auch.»
    «Ich lad dich ein.» Sie ging zur Theke und kam fünf Minuten später mit zwei Kaffee zurück. «So. Was machst du eigentlich hier?» Sie setzte sich wieder.
    Finn wusste nicht, ob sie Berlin meinte oder die Bibliothek.
    «Bist du einfach auf der Durchreise? Studierst du hier?», fragte sie und trank einen Schluck von ihrem Kaffee.
    «Ja. Ja», sagte Finn. Beide Ja klangen nach einer vernünftigen Erklärung. Er kostete den Kaffee. Er war lauwarm.
    «Für wie lange?»
    «Nur für einen Tag.»
    «Du bist von New York hergeflogen, um   –»
    «Nein. Nein.» Was jetzt? «Ich war in   … München.» Wie war er denn darauf gekommen? Er musste sich was

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