Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Titel: Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Avery Williams
Vom Netzwerk:
dir jetzt nicht sagen, dass du nicht traurig sein sollst«, erkläre ich. »Und wenn du nicht nach Hause gehen magst, komm zu mir. Ich bin mir sicher, meine Eltern haben nichts dagegen.«
    Er drückt meine Hand. Ein paar Minuten sitzen wir schweigend so da und gehen schließlich zum Biologieunterricht. Wir sind zu spät dran. Ich glaube nicht, dass es dem Lehrer auffällt, er dreht sich nicht einmal von der Tafel um, als wir den Raum betreten. Doch jemand anders bemerkt es, und während der gesamten Stunde spüre ich Nicoles tödliche Blicke auf meinem Hinterkopf. Ganz offensichtlich mag sie Noah, und ich frage mich: Mag er sie auch? Sie ist hübsch. Dann schüttele ich den Kopf. Wieso sollte es mir wichtig sein, wen Noah mag?
    Zu Beginn der Mittagspause gehe ich direkt zu dem Geheimzimmer. Nicole ist seltsamerweise nicht da. Ich bin mir nicht sicher, ob es etwas damit zu tun hat, dass Noah und ich gemeinsam zum Unterricht gekommen sind, aber ich vermute es.
    Es sind nur noch wenige Tage bis Halloween, und unsere Kostüme sind das Hauptgesprächsthema. Chantal möchte als Engel gehen, was wir anderen alle langweilig finden. »Komm schon«, fleht Leyla, »sei wenigstens ein Zombie engel.«
    Chantal sieht entsetzt aus. »Auf keinen Fall. Zombies sind widerlich.« Sie zupft einen eingebildeten Fussel von ihrem zartrosa Pullover.
    Die anderen brechen vor Lachen fast zusammen.
    Madison und Piper werden sich als Pfadfinderinnen verkleiden.
    »Tote Pfadfinderin? Axtmörder-Pfadfinderin?«, fragt Leyla voller Hoffnung, aber sie schütteln die Köpfe. »Seid ihr langweilig! Halloween soll doch gruselig sein. Was ist mit dir, Kailey?«
    »Hausarrest, schon vergessen?«, erinnere ich sie.
    »Oh, stimmt. Schade.« Leyla verzieht das Gesicht. »Es wäre wirklich toll, wenn du heute zu Dawsons Party kommen könntest.«
    »Ja, ohne dich wird es nicht dasselbe sein«, ergänzt Piper.
    Kaileys Freundinnen fahren heute alle nach Haight-Ashbury in die Innenstadt von San Francisco, um sich Kostüme auszusuchen, und Leyla verspricht, auch nach einem für mich zu schauen.
    »Vielleicht Rotkäppchen? Obwohl … die wird ja halb von dem Wolf gefressen, oder?«
    Ich lache, aber aus irgendeinem Grund mache ich mir Sorgen um die Mädchen. Sie haben keine Ahnung, dass es in San Francisco ganz reale Monster gibt. Ich stelle mir Cyrus’ platinblondes Haar und sein engelsgleiches Gesicht vor. Das furchterregendste an uns Wiedergeborenen ist, dass wir aussehen wie jeder andere auch.

    Am Nachmittag gehe ich bei dem Antiquitätenladen vorbei. Der Besitzer will eigentlich keine Sechzehnjährige einstellen, doch nachdem ich ein viktorianisches Eastlake-Sofa, einen Stickley-Stuhl von der Jahrhundertwende und ein original Edison-Grammophon richtig benannt habe, bekomme ich den Job, und er fragt mich, ob ich sofort anfangen könne. Bei zehn Dollar die Stunde wird es lange dauern, bis ich genügend Geld für meine Flucht zusammenhabe, doch es ist immerhin ein Anfang.
    Nach der Arbeit esse ich mit den Morgans zu Abend, wobei wir uns über den Tag unterhalten. Ich habe immer noch offiziell Hausarrest, aber ich weiß, dass sie stolz auf mich sind, weil ich einen Job gefunden habe. Ich erzähle ihnen von den Kunden vom Nachmittag – der reichen Dame, die ein Gemälde von einem Hund gebracht hat, die eifrigen jungen Hausbesitzer, die nach den passenden Türknäufen für ihr altes Haus suchen, der Mann, der antike Lampen sammelt, egal, ob sie funktionieren oder nicht.
    »Wenigstens schätzt jemand alte Dinge.« Mr. Morgan seufzt theatralisch. »Ich als Antiquität darf das sagen.«
    »Ihr seid doch nicht alt«, protestiere ich. Schließlich weiß ich, wovon ich rede.
    »Das sehe ich anders«, wendet Bryan ein. »Die beiden sind zertifizierte Experten in Sachen One-Hit-Wonder der Achtziger.«
    »He!«, empört sich Mrs. Morgan zum Spaß. »Wir waren damals sehr cool. Ich hatte immerhin eine Band.«
    Bryan stöhnt. »Ja, du hast Cover von Duran Duran gesungen.«
    »Was ist falsch an Duran Duran?« Mr. Morgan runzelt die Stirn.
    Bryan und ich schütten uns aus vor Lachen. »Wir brauchen dringend Fotobeweise«, erklärt er und geht zum Bücherregal.
    Er kommt mit einem großen, in Leder gebundenen Fotoalbum zurück und schlägt es auf der Seite auf, wo ein Foto von Mrs. Morgan und ihrer Band klebt. Sie trägt eine Lederjacke, deren Ärmel bis zu den Ellbogen hochgeschoben sind, mit riesigen Schulterpolstern, ihre Haare sind stufig geschnitten und

Weitere Kostenlose Bücher