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Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig

Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig

Titel: Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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Höhlen
treten. Schließlich finde ich meine Stimme wieder. » Und? Stimmt das?«, frage ich, während ich mir überlege, warum das zuvor noch nie jemand erwähnt hat. Und ob es darum ging, als sie ihm an jenem Tag heimlich etwas zugeflüstert hat.
    Damen fährt sich mit einer Hand über die Stirn und sieht sich um. »Nein. Ausgeschlossen. Völlig unmöglich. Sie hat es erfunden«, sagt er, obwohl er eindeutig verstörter ist, als er sich anmerken lässt. »Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich zermartere mir das Hirn, seit sie mich zum ersten Mal darauf angesprochen hat, aber ich kann mich einfach nicht erinnern. Es ist ihr Wort gegen meine Erinnerung, und man kann es einfach nicht sicher sagen. Normalerweise sind es die Augen, die es verraten, da sie ja die Fenster zur Seele sind und so, aber ihre sind so beschädigt, dass sie völlig unkenntlich sind. Sie kommt mir nicht im Mindesten vertraut vor.« Er schüttelt den Kopf, wirft Lotos einen finsteren Blick zu und wendet sich dann wieder mir zu. »Ever, du darfst nicht vergessen, dass es über sechshundert Jahre her ist, seit ich diese Leute zuletzt gesehen habe. Und ich habe es lediglich deshalb nicht früher erwähnt, weil ich dir nicht unnötig Kummer bereiten wollte, vor allem da es keine Möglichkeit gibt, das eine oder das andere zu beweisen. Außerdem liegt mir nur etwas an dir – an uns – hier in der Gegenwart und weiter in der Zukunft. Die Vergangenheit beschäftigt mich nicht mehr. Abgesehen von Drina und Roman habe ich keine Ahnung, was aus den anderen Waisen wurde. Ich habe keine Ahnung, wo sie geblieben sind …«
    »Aber Roman wusste es«, unterbreche ich ihn und muss daran denken, was mir Haven über das erzählt hat, was sie von Roman wusste, und von den Aufzeichnungen in seinen Tagebüchern.

    Damen und Drina mögen ja weitergezogen sein, aber Roman blieb da und hielt den Kontakt. Schließlich hat er herausgefunden, wie man das Elixier wieder erschaffen konnte, als die Wirkung nachzulassen begann. Irgendwann, etwa hundertfünfzig Jahre später, als die Unsterblichen allmählich schlimme Anzeichen des Alterns zu zeigen begannen, spürte er sie alle auf und ließ sie erneut trinken. Das hat er dann alle anderthalb Jahrhunderte wiederholt, bis heute. Und jetzt, da er weg ist, gibt es keinen mehr, der sich um sie kümmert. Ganz zu schweigen davon, dass man nicht wissen kann, wie viele er von sich aus verwandelt hat. Wenn die Anzahl unerkannter Seelen, die wir soeben aus dem Schattenland erlöst haben, irgendein Hinweis war, dann kann man wohl davon ausgehen, dass es noch viele, viele mehr gibt.
    Ich mustere Lotos und frage mich, wie lange es her ist, seit sie zuletzt von dem Elixier getrunken hat. Ich habe noch nie jemanden so Alten gesehen wie sie, erst recht keinen Unsterblichen. Alle Unsterblichen, die ich kenne, sind jung, schön und sprühen vor Gesundheit und Vitalität. Sie sind körperlich in jeder Hinsicht perfekt, während sie das glatte Gegenteil ist – alt und verwittert, mit einer papierdünnen Haut und einem so gebrechlichen Körper, dass es den Anschein hat, als könnte der leiseste Windhauch sie umwerfen und zu einer Million winzigen Splittern zerbrechen.
    Damen und ich sind so in Gedanken versunken, dass wir beide völlig verblüfft sind, als Lotos einen Satz macht und nach unseren Händen greift. Ihre uralten Augen strahlen hell, während ihr Geist sich mit unserem verbindet und einen Ansturm von Bildern erzeugt, die ich nie erwartet hätte – Bilder, die mich alles infrage stellen lassen.

SECHSUNDZWANZIG
    L otos verflicht ihre Finger mit unseren, wobei sich die ihren trocken, kühl und erstaunlich kräftig anfühlen. Dabei projiziert ihr Geist eine Reihe von Porträts wie einzelne sepiafarbene Fotos, die eines nach dem anderen ablaufen und wie Filmbilder ineinander übergehen. Sie zeigen die Waisen, alle nebeneinander aufgereiht, so wie sie damals aussahen. Damen und Drina am einen Ende, Lotos und Roman am anderen, und der Rest dazwischen. Lange bevor sie Lotos wurde, war sie ein dunkelhaariges, helläugiges Mädchen namens Pia, das kurz nachdem sie das Elixier getrunken hatte, mit allen anderen aus dem Waisenhaus flüchtete, nur um dann von einer Familie mit bescheidenen Mitteln aufgenommen zu werden, die um ein an der Pest gestorbenes Kind trauerte und sich nach Ersatz sehnte.
    Zuerst lebte sie ganz normal weiter, ohne zu wissen, was aus ihr geworden war. Sie wurde erwachsen und heiratete, doch schon bald begriff sie, dass

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