Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
schamlos und hoffnungslos seine Gegenwart.
Und das ist etwas, was Damen niemals wissen darf. Niemand darf es wissen. Es ist nicht nur der Beweis für seine frühere Warnung hinsichtlich der Kehrseite der Magie, als er darauf beharrt hat, dass Zauberei etwas ist, womit man nicht spielt und dass Amateure, die zu schnell zu tief in diese Materie vordringen, sich oft gewaltig übernehmen - das könnte auch das Ende seiner Geduld mit mir bedeuten.
Es könnte der Tropfen sein, der das Fass endgültig zum Überlaufen bringt.
Entschlossen atme ich tief durch, sinke noch tiefer in die Wanne und genieße es, wie das Wasser um mein Kinn plätschert, während ich all die heilenden Energien in mich aufnehme, die die Steine und Kräuter erzeugen sollen. Ich weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich mich von dieser heillosen Obsession befreie und alles in die rechte Bahn lenke. Und als das Wasser allmählich abkühlt, schrubbe ich jeden Quadratzentimeter Haut und hoffe, diese neue, besudelte Version von mir abzuwaschen, um die alte wiederherzustellen.
Dann steige ich aus der Wanne direkt in meinen weißen Seidenmorgenmantel mit der Kapuze. Ziehe den Gürtel fest, während ich wieder in den Schrank gehe und nach meinem Athame greife. Nach dem, an dem Romy und Rayne herumkritisiert haben. Es sei zu scharf, haben sie gesagt, seine Bestimmung sei es, Energie zu zerschneiden und nicht Materie, und dass ich es ganz falsch manifestiert hätte. Sie haben mich gedrängt, es zu verbrennen, es zu einem Metallstummel zu schmelzen und den dann ihnen auszuhändigen, damit sie das Verbannungsritual vollenden könnten. So ein komplexes Unterfangen haben sie einer fehlgeleiteten Novizin wie mir nicht zugetraut.
Und obwohl ich zugestimmt habe, ihn vor ihren Augen zu verbrennen, die Klinge wieder und wieder in einer Art magischer Weihe durch die Flamme geführt habe, habe ich den Rest ihres Plans mit einem Achselzucken abgetan. Ich war überzeugt, dass sie nur die Chance nutzen wollten, mich als noch größeren Trottel hinzustellen. Ich meine, wenn das eigentliche Problem darin bestand, dass ich einen Zauber am Abend des Dunkelmondes gewirkt habe, wie sie behaupten, was könnte da ein simples Messer schon für einen Unterschied machen?
Aber diesmal mache ich noch ein paar zusätzliche Steine an den Griff, nur um sicherzugehen. Ich verziere ihn mit einer Apatschenträne als Schutzstein und Glücksbringer - nach Meinung der Zwillinge brauche ich beides in rauen Mengen -, einem Blutstein für Mut, Kraft und Sieg - immer eine gute Kombination - und einem Türkis für das Heilen und Stärken der Chakren. Denn anscheinend war mein Kehlchakra, das Zentrum des Urteilsvermögens, schon immer ein Problem für mich. Dann streue ich eine Hand voll Salz auf die Klinge, ehe ich sie durch die Flammen von drei
weißen Kerzen führe. Dabei beschwöre ich die Elemente Feuer, Luft, Wasser und Erde, alles Dunkel zu verwerfen und nur Licht zuzulassen, alles Böse hinauszudrängen und das Gute herbeizurufen. Dreimal wiederhole ich den Sprechgesang, bevor ich die höchste aller magischen Mächte anrufe, dafür zu sorgen, dass es geschieht. Diesmal bin ich sicher, dass ich die richtigen magischen Mächte anrufe - dass ich die Göttin heraufbeschwöre anstatt Hekate, die dreiköpfige Königin der Unterwelt.
Ich reinige den Raum, indem ich ihn dreimal umschreite und dabei den Weihrauch mit der einen und den Athame mit der anderen Hand hochhalte. Dann ziehe ich den magischen Kreis, während ich mir ein weißes Licht vor Augen rufe, das durch mich hindurchströmt. Am Kopf anfängt und sich durch meinen Körper arbeitet, meinen Arm hinunter, durch das Athame hinaus und in den Fußboden. Das Licht wirbelt und biegt und kreist, lässt dünne Fäden gleißenden weißen Lichts sich miteinander verschlingen und immer höher wachsen, bis sie sich ganz und gar vereinen. Bis ich in einen silbrigen Kokon gehüllt bin, ein komplexes Geflecht aus dem allerhellsten, strahlendsten Licht, der mich ganz und gar umschließt.
Ich knie mich in meiner sauberen, geweihten Sphäre auf den Boden und strecke die linke Hand vor mir aus, während ich mit dem Messer die Lebenslinie hinabfahre. Dann ziehe ich scharf die Luft ein, als ich die Spitze tief in mein Fleisch stoße und Blut hervorquillt. Ich schließe die Augen und manifestiere rasch Roman, der im Schneidersitz vor mir sitzt und mich mit dem unwiderstehlichen, tiefgründigen Blick seiner blauen Augen und seinem breiten,
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