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Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer

Titel: Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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die Schulter hänge und mich auf den Weg zum Strand mache. Das ist der einzige Ort, der mir einfällt, der nicht
nur die Abgeschiedenheit bietet, die ich suche, sondern auch das Wasser für das rituelle Bad, das ich brauche.
    Und in null Komma nichts stehe ich am Rand der Klippe, die Zehen um den Fels gekrallt, während ich auf den Ozean hinausstarre. Er ist so dunkel, dass er mit dem Himmel verschmilzt. Eine ganz ähnliche Nacht geht mir durch den Sinn, erst vor einem Monat, als ich mit Damen hierhergekommen bin und mir so sicher war, dass ich nicht tiefer würde sinken können, als meine beste Freundin zu einer Unsterblichen zu machen. Und keine blasse Ahnung hatte, dass ich im Begriff war, sogar noch weiter zu gehen.
    Ängstlich bestrebt, endlich zu beginnen, taste ich mich den Pfad hinunter, suche mir vorsichtig einen Weg um vorspringende Steine und scharfe Biegungen herum. Das Herz hämmert hart in meiner Brust, während mein Körper feucht vor Schweiß wird. Ich bin mir dieses Gefühls bewusst, das in mir emporsteigt, und ich weiß, ich muss anfangen, ehe es wieder die Oberhand gewinnt. Meine Füße graben sich tief in den Sand, als ich auf die Höhle zuhalte und mich darauf verlasse, dass sie leer sein wird, so, wie wir sie zurückgelassen haben. Ich weiß, dass es genauso ist, wie Damen gesagt hat: Die Menschen sehen nur selten das, was vor ihnen ist. Und das hier sehen sie ganz sicher nie.
    Ich lasse meine Tasche zu Boden fallen und greife nach einer langen Kerze und einer kleinen Streichholzschachtel. Das Ratschen und Zischen, mit dem das Streichholz über die Schachtel fährt, ist die einzige Begleitmusik zum sanften Anrollen der Wellen. Ich stecke die brennende Kerze in den Sand und mache mich daran, meine restlichen Werkzeuge auf einer Decke anzuordnen, lasse mir einen Augenblick Zeit, alles ordentlich zurechtzulegen, ehe ich meine Kleider abwerfe und hinausgehe.

    Mit fest um den Körper geschlungenen Armen wappne ich mich gegen den Wind, der gegen meine Haut stachelt. Fest entschlossen, nicht auf die herausragenden Rippen zu achten, die gegen meine Finger drücken, oder darauf, wie meine Hüftknochen vorstehen, sage ich mir, dass das jetzt alles vorbei ist, die Heilung ist nahe. Niemand, nicht einmal das Ungeheuer, kann mich am Genesen hindern.
    Ich eile auf die Gischt zu und presse die Zähne gegen ihren eisigen Biss fest aufeinander, während ich unter einer Reihe von Wellen hindurchtauche, die Augen vor dem brennenden Salz geschlossen. Das Brüllen füllt meine Ohren. Sobald der Ansturm der Brandung vorüber ist und das Meer sich beruhigt hat, drehe ich mich auf den Rücken. Mein Haar ist rings um mich herum ausgebreitet, mein Körper ist schwerelos, aller Bürden ledig. Ich ziehe die Knie an die Brust und schaue zu einem Himmel hinauf, der so vollständig dunkel ist, so gewaltig und geheimnisvoll, dass ich es nicht zu erfassen vermag. Unwillkürlich umklammere ich das Amulett, das Damen mir um den Hals gelegt hat, und beschwöre die Ansammlung der Kristalle, zu helfen und zu schützen, das Ungeheuer lange genug fernzuhalten, um zu tun, was getan werden muss. Lege mein Schicksal in Hekates Hände und verlasse mich darauf, dass, genau wie das Yin und das Yang, jedes Dunkel sein Licht hat.
    Wieder und wieder tauche ich unter, bis ich gereinigt und erneuert und bereit bin anzufangen. Dann wate ich ans Ufer; mein Körper ist tropfnass und von Gänsehaut bedeckt, die ich kaum zur Kenntnis nehme. Die Kälte ist jetzt von der warmen Gewissheit gemildert worden, von der absoluten Sicherheit, dass ich nur Sekunden davon entfernt bin, das Ungeheuer zur Strecke zu bringen und mich zu retten.

    Die Höhlenwände flackern im Kerzenlicht, das eine Abfolge heller und dunkler Schatten erzeugt. Nachdem ich mein Athame gereinigt habe, indem ich es dreimal durch die Flamme führe, knie ich in der Mitte des magischen Kreises nieder, den ich gezogen habe. Weihrauch in der einen und das Athame in der anderen Hand, führe ich ein Ritual durch, das dem davor ganz ähnlich ist, nur füge ich diesmal hinzu:
    Ich rufe Hekate an, Königin der Unterwelt, der Magie
und des Mondes finsterster Nacht
Bitte mach zunichte diesen Bann, löse diese Fessel
und lösche der dunklen Flamme Macht
O große Schirmherrin der Hexen
Geliebte Mutter, Maid und Greisin
Dies ist mein Streben, mein Wille, meine Macht!
So sei es denn getan!
Ehrfürchtig schnappe ich nach Luft, als Windgeheul durch den Raum hallt und Donnerapplaus über mir

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