Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
doch das Ungeheuer erhebt sich und lässt mich nicht sprechen. Was Roman nur dazu ermutigt fortzufahren.
»Also, würdest du sagen, dass wir gleich stark sind oder nicht? Dass es bei unseresgleichen zwischen Männern und Frauen keinen wirklichen physischen Unterschied in Sachen Kraft und Schnelligkeit gibt?« Ich zucke die Achseln, darüber habe ich nie wirklich nachgedacht, so oder so, und ich habe auch eigentlich wenig Lust, jetzt damit anzufangen.
»Also, eingedenk dessen würde ich dir gern etwas demonstrieren, das du bestimmt sehr interessant findest. Und ich versichere dir, ich versuche nicht, dich auszutricksen, das hier ist kein Spiel und niemandem passiert etwas. Ich meine es ganz ernst damit, dir das zu geben , was du dir am allermeisten wünschst, und das hier ist die beste Methode, die mir einfällt, festzustellen, was das ist. Ich werd’s sogar als Erster versuchen, damit du siehst, dass ich nichts Gezinktes im Ärmel habe - sozusagen.«
Er steht vor mir, den Arm seitlich parallel zu dem Betonboden ausgestreckt. »Also los, leg zwei Finger auf meinen Arm und drück ihn ein bisschen nach unten, während ich Widerstand leiste und nach oben drücke. Da ist nichts Komisches dabei, ich verspreche es. Du wirst schon sehen.«
Mein Blick begegnet dem seinen, und ich sehe die Herausforderung in seinen Augen. Mir ist klar, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als darauf einzugehen, denn er allein hält den Schlüssel in der Hand. Ich muss mitspielen, nach seinen Regeln, auf seine Weise.
Wie gebannt starre ich seinen Arm an, der vor mir in der Luft schwebt, gebräunt, stark, er bettelt darum, berührt zu werden. Und obwohl ich weiß, dass ich das nicht kann,
dass ich es nicht beherrschen kann, beiße ich trotzdem die Zähne zusammen und versuche es. Drücke die Finger dagegen, und die Kälte seiner Haut dringt durch den seidigen Stoff seines Ärmels und lässt die dunkle Flamme in meinem Innern Funken sprühend auflodern.
Romans Stimme ist ein schweres Wispern in meinem Ohr. »Fühlst du das?«
Ich sehe ihn an, und mir ist nichts anderes mehr bewusst als der unablässige Puls, der jetzt in mir vibriert, während sich mein Körper mit Hitze füllt. Hitze, die nach nichts mehr verlangt als nach seiner kühlen, süßen Erlösung.
»Okay, und jetzt möchte ich, dass du mir eine Frage stellst, eine einfache Ja-oder-Nein-Frage, eine, deren Antwort du schon kennst. Und dann lass mir einen Moment Zeit, mich auf die Antwort zu konzentrieren und sie sowohl geistig als auch verbal auszudrücken, während du meinen Arm mit zwei Fingern nach unten drückst.«
Ich schaue rasch zwischen meiner Uhr und ihm hin und her, während mein Knie wie wild auf und ab zuckt. Mir ist klar, dass ich nicht mehr viel Zeit habe.
Doch er nickt nur mit erhobenem Arm und sieht mich aufmunternd an. »Die Wahrheit stärkt, Lügen schwächen - jetzt hast du die Chance, diese Theorie an mir zu testen, damit wir sie dann an dir testen können. Das ist die einzige Möglichkeit nachzuweisen, was du wirklich willst, Ever. Also los, stell mir eine Frage, alles, was du willst. Ich fahre sogar meinen Schutzschild runter, damit du meine Gedanken lesen kannst und siehst, dass ich nicht mogele.«
Er sieht mich an, und die Last seins Blickes lässt meinen Puls schneller gehen und mein Herz wie rasend hämmern, bis ich nicht mehr … Ich kann nicht …
»Stell mir eine Frage, Ever.« Eindringlich sieht er mich
an. »Frag mich alles, was du willst. Je schneller wir mit mir fertig sind, desto eher können wir mit dir anfangen und feststellen, wonach du dich am meisten sehnst.«
Ich stehe neben ihm und gebe mir verzweifelt Mühe, mich zu fangen, meine Mitte zu finden, doch es nützt nichts; ich kann das nicht, ich kann dieses Spiel nicht länger spielen.
»Wär’s dir lieber, wenn wir einfach weitermachen?«, fragt er, und sein Blick wandert gemächlich über mich hinweg. »Hättest du es lieber, wenn wir stattdessen dich testen würden?«
Er wartet, lässt mir einen Moment Zeit, mich zu sammeln, tief durchzuatmen und ein stummes Gebet an Hekate zu sprechen, sie um die Kraft zu bitten, das hier durchzustehen, das zu bekommen, weshalb ich hier bin. Doch als ich abermals Roman ansehe, wird mir klar, dass Hekate mich verlassen hat. Ich bin ganz allein.
»Das Gegengift ist doch das, was du dir am allermeisten wünschst, oder?«, will er wissen und wendet sich mir zu, steht so dicht vor mir, dass ich seinen Atem auf meiner Wange fühlen kann; seine
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